Das Leben der Masthühner
Sie leiden in der Dunkelheit
"Masthühner" – mit dieser Bezeichnung sind Hühner gemeint, die Menschen so züchten, dass sie innerhalb einer möglichst geringen Zeitspanne viel Gewicht zuzulegen. Sie leiden ihr ganzes Leben lang.
Mit ihrer Masthuhn-Haltung richtet sich die Industrie noch heute nach einer Entwicklung, die amerikanische Agrarwissenschaftler*innen sich in den 1930er und 1940er-Jahren ausgedacht haben – sie züchteten die erste Masthuhn-Linie. Seit dieser Zeit wächst die Nachfrage nach Hühnerfleisch immer weiter. Daher werden die Tiere immer weiter "optimiert". An der Lebensqualität der Tiere hat sich bis heute allerdings keineswegs etwas verbessert.
Immer mehr Hühnerfleisch bedeutet immer mehr Tierleid
Weil die Nachfrage immer mehr wuchs, züchteten die Betriebe immer mehr Tiere, die auf immer engerem Raum zusammenleben müssen. Die Vögel sehen Ihr Leben lang kein Tageslicht und erleiden in ihren Gefängnissen oft Todesqualen.
Mit der wachsenden Nachfrage wurde der Ruf nach einer Hühnerart, die möglichst schnell schwer wird, immer größer – weil das Fleisch der Brust schon immer besonders beliebt war, musste sie besonders ausgeprägt sein.
Die Zuchtbetriebe stellten am laufenden Band noch schneller wachsende Hühner vor – Heute wiegt ein Masthuhn schon nach 30 Tagen so viel wie vor 50 Jahren nach 120 Tagen. Heute wachsen Hühner viermal so schnell, wie 1973 – und auch damals handelte es sich schon lange nicht mehr um natürliches Wachstum.
Die gesundheitlichen Schwierigkeiten, unter denen die Tiere leiden, nehmen durch diese Extremzuchten natürlich immer weiter zu.
Wusstet Ihr, dass etwa 90 Prozent aller Hühner, die Menschen weltweit züchten und halten, für die Fleischgewinnung sterben? Heute leben rund dreimal mehr Hühner auf der Erde als Menschen – ganze 20 Milliarden – über eine Milliarde davon in der Europäischen Union und 150 Millionen in Deutschland. Der größte Teil dieser Tiere gehört den sogenannten "schnell wachsenden Rassen" an.
Die Zahlen gab Animal Equality gerade aktuell heraus1 und hat unter anderem beim Europäischen Parlament Beschwerde gegen alle 27 EU-Mitgliedstaaten eingereicht, weil die Qualzucht auf schnelles Wachstum auch gegen EU-Tierschutzvorschriften verstößt.
Gegen das Tierschutzgesetz
Laut unserem Tierschutzgesetz dürfte Qualzucht, wie die der Masthühner, gar nicht stattfinden. In (§ 11b Abs. 2 (c)) steht:
"Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten …, dass als Folge der Zucht oder Veränderung … bei den Nachkommen … die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt ."
Die Hühner werden schnell krank
Animal Equality spricht auch aktuell wieder verheerende Zustände in deutschen Zucht-, Schlacht- und Lebensmittel-Unternehmen an. Die Hühner leben in dunklen, trostlosen Fabrikhallen. Tageslicht, Sitzstangen oder Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es für sie nicht. Weil es innerhalb der EU keine für die zahlreichen Hühner ausreichende Mengen eiweißreiche Futterpflanzen gibt, füttern die Mastbetriebe sehr oft Eiweißfutter zu, dem sie gentechnisch veränderte Lebensmittel beimischen. Damit die Tiere so schnell wie möglich schwer werden, müssen sie eine möglichst eiweißhaltige Kost erhalten.
Nicht nur durch die einseitige und ungesunde Fütterung sind die Hühner in den Mastställen häufig stark anfällig für Krankheiten. Weil sie so schnell wachsen, können ihre Beine und inneren Organe der schweren Muskelmasse schon nach kurzer Zeit nicht mehr standhalten. Sie leiden unter Skelett-Problemen, Muskelschwäche und Deformationen der Beine.
Verbesserte Haltungsbedingungen könnten zwar die äußeren Umstände verbessern, nicht jedoch die gesundheitliche Problematik lösen.
Masthuhn mit deformierten Beinen und dünnem Gefieder. Bild: Animal Equality
Auf die menschlichen Wünsche optimiert
Menschen haben diese Tiere auf ihre Wünsche – so billig und so schnell wie möglich an möglichst viel Fleisch zu kommen – angepasst. Für die Hühner bedeutet das ein Leben in der Dunkelheit – mit Schmerzen und ohne jemals grüne Wiesen oder Laub unter den Krallen zu erleben.
Trauriger Fakt: Gerade Vögeln wie Hühnern bringen wir Menschen häufig noch weniger Empathie entgegen, als Schweinen, Rindern und Pferden, während unsere Hunde und Katzen bei uns im Bett schlafen dürfen. Lest mein Interview mit Andrea vom Hamburger Stadttauben e. V., um mehr über dieses Thema zu erfahren.
Dabei sind besonders Hühner sehr gesellig – und sie fühlen Schmerzen, genau wie wir. Dass viele das auch heute noch anders sehen, kommt der Geflügelindustrie laut Animal Equality sehr gelegen. Wir Verbraucher*innen schenken diesen wunderbaren Lebewesen viel zu wenig Aufmerksamkeit und verhindern damit, dass sich für sie etwas zum Besseren ändert.
Die Werbung führt uns in die Irre
Wirklich schützen können wir Lebewesen nur, wenn wir sie gar nicht erst für die Gewinnung von Fleisch, Eiern, Milch und andere Produkte tierischer Herkunft züchten, halten und töten. Nur so können wir die Grausamkeiten auf Dauer stoppen. Würden wir Menschen statt Hühnerfleisch Bohnen, Linsen & Co. einfach direkt essen, müsste niemand mehr Hühner züchten. Denn die Werbung führt uns in die Irre: wir brauchen keine Lebensmittel tierischer Herkunft, um gesund zu leben.
Leider ist es noch ein langer Weg bis dahin und Tierrechts-Organisationen wie Animal Equality fragen sich daher schon lange zu Recht:
"Wie kann es sein, dass Tierschutzrichtlinien zulassen, dass die Tiere so sehr leiden müssen?
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigte vor nicht allzu langer Zeit zwar, dass das schnelle Wachstum das Wohlergehen der Masthühner einschränkt. Sie merkte an, dass die Masthaltung, so wörtlich "unbestritten zu Tierschutzproblemen geführt hat". Getan hat sich leider bis dato dennoch nichts. Die Betriebe züchten, füttern und halten ihre Hühner wie bisher.
Nimmt die Qualzucht kein Ende?
Deutschland hat seit ein paar Tagen mit der Fachtierärztin für Tierschutz Ariane Kari eine Tierschutzbeauftragte. Ob sich die Lage der Tiere dadurch verbessern wird, müssen wir abwarten. Immerhin handelt es sich um eine Weiterentwicklung: Eine Stelle wie ihre gab es bislang auf Bundesebene noch nicht.
Die harten Fakten lauten heute: Allein Deutschland produziert über eine Million Tonnen Hühnerfleisch pro Jahr. Ob es den Hühnern gut geht, spielt dabei bis jetzt nicht wirklich eine Rolle. Hier ein Zitat von der Statista-Webseite2 lauten wie folgt:
"Etwa 1,5 Millionen Tonnen Geflügelfleisch hat die deutsche Geflügelbranche zuletzt hergestellt. Der Großteil der Produktion konzentrierte sich dabei auf die Schlachtung von Jungmasthühnern. Rund 1,07 Millionen Tonnen Hühnerfleisch wurden hierzulande erzeugt. Bundesweit gab es zuletzt etwa 188 Geflügelschlachtereien. Führende Unternehmen waren dabei die PHW-Gruppe und die Rothkötter-Gruppe. Die bekannteste Marke der PHW-Gruppe."
Tierrechtsaktivist*innen von Organisationen wie Animal Equality berichten immer wieder darüber, wie schrecklich die Zustände in den Betrieben sind. Die Hühner leben ihr ganzes Leben in Hallen – dicht gedrängt an ihre Leidensgenossinnen.
Wann seid Ihr zuletzt einem Huhn begegnet? Ich erst vor ein paar Tagen auf dem Tierschutzhof Butenland und ich muss Euch sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass in diesen Hallen meistens mehr als 20 Tiere auf einem Quadratmeter leben! Das ist gerade mal die Fläche eines Schuhkartons für ein Huhn und die Tiere bewegen sich ja. Sie bekommen Panik, schlagen mit den Flügeln, schnappen nach Luft und bekommen nur die Federn ihrer Nachbarinnen zwischen die Krallen oder in den Schnabel.
Die Hühner stehen in ihren Exkrementen
Ein Masthuhn ruft verzweifelt. Bild: Animal Equality
Während eines Lebenszyklus in einer Geflügelhalle wechseln die Betriebe die Einstreu nicht. Ihr könnt Euch vorstellen, was das bedeutet: Die Hühner stehen tagein tagaus in ihren Ausscheidungen. Bis sie genügend Kraftfutter zu sich genommen haben und geschlachtet werden.
Mit meinem Artikel gebe ich ziemlich genau den Wortlaut der letzten Animal Equality Pressemeldungen und Newsletter wieder. Ich möchte nichts weglassen oder Euch vorenthalten. Ich habe mir, bevor ich das hier verfasst habe, noch die Recherche inklusive Bild- und Videomaterial angeschaut und ich muss sagen, dass es mich jedes Mal wieder aufs Neue sprachlos macht.
Stellt Euch mal vor: Die Hühner leben an eng in eine Halle gedrängt. Unter den Krallen der Dreck der gesamten Gruppe. Die Luft riecht schwer nach Ammoniak und der Staub der Ausscheidungen reizt die Augen und die Haut. Er gelangt direkt in offene Wunden. Krankheiten breiten sich aus.
Warum fügen wir den Tieren so viel Leid zu?
Alle paar Meter liegt ein totes oder verletztes Huhn zwischen den Füßen der anderen Tiere. Etwa fünf Prozent dieser jungen Hühner sterben unter diesen unwürdigen Bedingungen vorzeitig – bevor sie geschlachtet werden sollen. Herzinfarkte gehören dann zu den häufigsten Todesursachen. Oft haben die Hühner bereits zuvor multiple Verletzungen erlitten. Sie werden aus den Hallen entfernt, wenn der Boden für die nächste Hühnergruppe gereinigt wird. Der Zyklus beginnt von Neuem.
Man möchte es sich nicht ausmalen. Niemand will es wahrhaben. Doch warum hören wir nicht auf, diesen Lebewesen so viel Leid zuzufügen? Wir haben es doch in der Hand.
Setzt Euch für das Ende der Qualzucht und Massentierhaltung ein
Wenn Ihr etwas tun möchtet und Euch wünscht, dass in Zukunft weniger Hühner und andere Tiere leiden, teilt Informationen wie die in diesem Artikel und verzichtet selbst auf den Konsum tierischer Produkte wie Fleisch, Eier, Milchprodukte, Leder, Seide und Wolle.
Helfen könnt Ihr auch, indem Ihr die Europäische Masthuhn-Initiative3 unterstützt – auch Animal Equality setzt sich hier unter anderem mit für die Verpflichtung in den Lieferketten keine stark überzüchteten Hühner zu halten und den extremen Platzmangel endlich ernstzunehmen.
Hoffen wir, dass uns unsere neue Tierschutzbeauftragte Ariane Kari bei unserem Anliegen unterstützt und den Tieren in der Nutztierhaltung helfen kann. Als Fachtierärztin für Tierschutz hat sie auf jeden Fall schon so einiges gesehen und weiß, wovon sie spricht.
Zu ihren Aufgaben zählt ab sofort unter anderem die Beratung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft unter Cem Özdemir. Zudem wird sie Öffentlichkeitsarbeit betreiben und als direkte Ansprechpartnerin für Tierrechtsorganisationen und Bürger*innen bereitstehen.
Bild: Animal Equality