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    Feuer im Amazonas

    Umweltkatastrophe durch Konsum

    Beitrag von Anne
    26.08.2019 — Lesezeit: 5 min
    Feuer im Amazonas

    Brasilien, Paraguay und Bolivien befinden sich im Moment unter einer Rauchglocke. Der Regenwald brennt. Es ist eine Naturkatastrophe von bisher unbekanntem Ausmaß.

    Am 9. August rief das Land Bolivien den Notstand aus. Dort wüten seit Wochen die schlimmsten Waldbrände aller Zeiten. Das ganze Amazonasgebiet ist betroffen. Auch in Bolivien und Paraguay brennt der Regenwald.

    Dunkler Himmel in Sao Paolo

    Selbst im rund 2.000 Kilometer entfernten Sao Paolo hat sich der Himmel verdunkelt und es regnet schwarze Tropfen. Der Rauch ist sogar vom Weltall aus zu sehen.

    Dass es während der Trockenperioden im Regenwald zu vereinzelten Bränden kommt, ist normal. Nicht aber, in dieser Ausprägung und Anzahl. Reuters meldete am 20. August, dass zu dem traurigen Rekord von 72.843 Bränden nochmal 9.507 dazu gekommen seien1. Seitdem konnte das Ausmaß nicht eingedämmt werden.

    Gründe für die Feuer im Amazonas

    Viele der Feuer wurden von Landwirten gelegt, die damit Weideflächen für ihre Rinder sowie Anbauflächen für Futtermittel gewinnen möchten, so Reuters. 2018 verkauften brasilianische Rindfleisch-Exporteure rund zwei Millionen Tonnen Rindfleisch auf dem Weltmarkt. Für 2020 werden 2,2 Millionen Tonnen prognostiziert. 2017 waren es noch 1,86 Millionen Tonnen (Statista2).

    Im Internet machen traurige Bilder die Runde.

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    Der Hashtag #prayforamazonia mobilisiert Menschen, auf die schlimmen Zustände aufmerksam zu machen. Immer wieder auch verbunden mit der Frage, warum dem Notre Dame Brand sofort so viel mediale Aufmerksamkeit zuteil wurde, der brennenden Lunge der Erde jedoch nicht. Erschütternd ist nämlich, dass erst etwa drei Wochen, nach dem Ausbruch des Infernos weltweit darüber berichtet wurde.

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    Das Ausmaß der Katastrophe

    Reuter berichtete weiter, dass im Vergleich zum gleichen Zeitfenster 2018 dieses Jahr 83 Prozent mehr Feuer im Amazonas Regenwald ausgebrochen sind. Rund 20 Prozent des Sauerstoffs, der auf der Erde verfügbar ist, verdanken wir dem Amazonas. Die Ausrede "Das geht mich nichts an, weil es nicht in meiner Nachbarschaft passiert", zieht also nicht.

    Auf Dauer töten die Brände nicht nur die zahlreichen tierischen Bewohner des Amazonas. Seine Erhaltung ist für die Zukunft der Menschheit von äußerster Wichtigkeit.

    Was kann ich tun?

    Überall wird derzeit vom Verzehr von Rindfleisch aus Südamerika abgeraten, wenn man etwas gegen die Brände tun möchte. Das ist auf jeden Fall schon mal gut und richtig. Aber: es reicht nicht.

    Auch der Konsum von Fleisch und anderen Tierprodukten aus Deutschland trägt zur Zerstörung bei. 80 Prozent des nach Deutschland importierten Soja stammt beispielsweise aus Südamerika3. So viel Futter, wie man braucht, um alle 'Nutztiere' satt zu kriegen, könnte man in Deutschland nämlich gar nicht anbauen. Dafür ist die uns zur Verfügung stehende Fläche einfach zu klein.

    Achtung: Das Soja, das Veganer*innen und Vegetarier*innen hierzulande verzehren, stammt nicht aus Südamerika. Der größte Teil davon wird in Europa angebaut, ein verschwindend geringer Anteil stammt aus Asien ( Mehr dazu hier ). Der Anteil, den wir direkt verzehren, ist insgesamt sehr klein. Rund 98 Prozent des produzierten Sojamehls wird verfüttert. Deutschland liegt beim Import von Soja aus Südamerika an erster Stelle.

    Geflügel essen ist nicht besser

    Immer wieder werden Stimmen laut, die behaupten, der Verzehr von Geflügel wäre weniger schlimm und würde das Klima schonen. Die UN Food And Agriculture Organisation weiß: das Gegenteil ist der Fall4.

    Möchte man ein Kilogramm Hühnerfleisch 'erzeugen', muss man rund ein Kilogramm Soja verfüttern. Ein Kilogramm Schweinefleisch benötigt 650 Gramm, Rindfleisch 230 Gramm. Das Soja wird selbstverständlich noch mit anderen Futtermitteln, für die ebenfalls Anbaufläche notwendig ist, gemischt5.

    Die FAO verzeichnete in den letzten 50 Jahren einen zehnfachen Anstieg der Sojaproduktion. Damals waren es bereits 269 Millionen Tonnen. Bis zum Jahr 2050 wird mit einem Anstieg bis auf 515 Millionen Tonnen gerechnet. Je mehr Fleisch konsumiert wird, desto mehr Futtermittel und Weideland werden benötigt.

    Weniger verfügbare Lebensmittel durch Fleischkonsum

    Dieser Teufelskreis sorgt auch dafür, dass weniger Lebensmittel angebaut werden können. Außerdem gehen etwa 60 Prozent des Artensterbens auf das Konto der Fleischindustrie. Die Lebensräume verkleinern sich massiv, immer mehr Tiere sterben aus.

    Warum?

    Was bleibt, ist die Frage nach dem Warum. Warum setzen wir uns nicht gegen Welthunger, Umweltzerstörung und Artensterben ein? Warum verschließen wir unsere Augen vor dem Offensichtlichen?

    Um eine Fleischkalorie zu produzieren, werden zwischen sechs und 26 Futterkalorien benötigt. Autor Jonathan Safran Foer sieht das in seinem Werk "Tiere essen" ziemlich klar:

    "Es gibt aus moralischer Sicht keinen Unterschied zwischen dem Verzehr von Fleisch und der Vernichtung riesiger Lebensmittelmengen, denn die Tiere, die wir essen, können nur einen winzigen Bruchteil ihrer Nahrung in Fleischbrennwert umwandeln."

    Wie viele hungrige Menschen mit nur einem Bruchteil der Lebensmittel, die derzeit weltweit angebaut werden, satt würden, ist schlicht unfassbar.

    Die Luft zum Atmen

    Die Aufforstung des Regenwaldes könnte massiv zum Schutz des Klimas beitragen, weitere Arten vor dem drohenden Aussterben schützen und den Menschen in Südamerika die Luft zum Atmen zurückgeben. Saubere Luft ist das lebenswichtigste überhaupt und sollte ein Menschenrecht sein. Sie zu erhalten, sollte unser größtes Ziel sein. Zusammen mit der Rettung des Klimas und dem Kampf gegen den Welthunger.

    Ein Zitat aus dem Dokumentarfilm "Live And Let Live", den Ihr derzeit unter anderem bei Netflix sehen könnt, hat mich mal wieder sehr nachdenklich gestimmt. Es stammt vom Wiener Geophysiker und Lebensmittelwissenschaftler Kurt Schmiedinger. Ich gebe es hier frei wieder.

    Das sagt Geophysiker und Lebensmittelwissenschaftler Kurt Schmiedinger

    "Die 'Produktion' von 65 Milliarden 'Nutztieren' pro Jahr zieht massive ökologische Konsequenzen nach sich. Wir sprechen hier zum Beispiel vom mit Abstand größten Flächenverbrauch auf der Erde. Zwei Drittel aller vom Menschen genutzten Flächen fallen an die Tierhaltung. Sie werden also als Weideflächen und für den Futtermittelanbau genutzt. Wir benötigen viel mehr Pflanzen, wenn wir aus ihnen Futtermittel herstellen, als wenn wir sie einfach direkt verzehren würden. Wenn wir Pflanzen essen, ist das weitaus effizienter, als wenn wir die Pflanzen erst an Tiere verfüttern.

    Aus der Livestock's Long Shadow Studie der FAO6 geht hervor, dass die Nutztierhaltung mit 18 Prozent zum Weltklimawandel beiträgt. Das ist mehr, als der gesamt weltweite Verkehr. Also alle Autos, Flugzeuge, Schiffe und Züge zusammen. Andere Studien schätzen diesen Beitrag sogar noch höher.

    Emissionen stoppen

    Würden wir die uns zur Verfügung stehenden Flächen nicht mehr durch die Nutztierhaltung besetzen, hätte die natürliche Vegetation wieder eine Chance zu wachsen. Die nachwachsenden Wälder könnten das CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Wir könnten also nicht nur für den Wegfall der Emissionen sorgen, sondern hätten auch den Effekt, dass die nachwachsende Vegetation das Klima entlasten würde.

    Ich bin überzeugt davon, dass wir in Zukunft die Form der Nutztierhaltung, die wir betreiben, nicht mehr beibehalten können. Es ist mehr als verschwenderisch, Getreide und Soja anzubauen, an Tiere zu verfüttern, den großen Teil der Kalorien zu verlieren und dann den kleinen Teil der Kalorien in Form von Tierprodukten zu essen. Aus ökologischer Sicht ist dieses Konzept viel zu flächenintensiv. Wir werden unsere Flächen eines Tages für andere Zwecke benötigen. Wenn wir kein Öl mehr haben, müssen wir vermutlich unseren Treibstoff und unsere Kunststoffe auf Agrarflächen anbauen. Wir müssen lernen, effizienter mit den uns zur Verfügung stehenden Flächen umzugehen. Das alles hängt mit der Nutztierhaltung zusammen: Wasserverschwendung, Wasserverschmutzung, Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt, Regenwaldzerstörung. Wir dürfen dieses System nicht aufrechterhalten."

    Wir müssen jetzt umdenken

    Eines ist sicher: Wenn wir so weitermachen, wie bisher, werden wir unseren Planeten schnell zerstört haben. Immer mehr Arten werden aussterben und immer mehr Menschen werden Hunger leiden und sich auf die Flucht vor Umweltkatastrophen machen müssen.

    Wir alle müssen jetzt sofort umdenken. Jeder noch so kleine Schritt in die richtige Richtung ist gut und sorgt dafür, dass weitere folgen werden.

    Allen, die gerne tiefer in das Thema einsteigen möchten, kann ich die Filme "Cowspiracy" und "Live And Let Live" empfehlen. Wer lieber lesen möchte, schaut zum Beispiel mal in Melanie Joys Buch "Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen" rein.

    Foto im Header: suhasrawool, pixabay

    1. Reuters
    2. Statista
    3. PETA
    4. UN Food And Agriculture Organisation
    5. Verhältnis Soja zu Fleisch
    6. Livestock's Long Shadow Studie FAO

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