Solkyri über die neue EP, "Cranebrook"

"Wir nehmen die Welt vorsichtiger wahr"

Anne

Interview von Anne
09.04.2025 — Lesezeit: 6 min

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Solkyri über die neue EP, "Cranebrook"
Bild/Picture: © Solkyri

Solkyri haben ihre neue EP "Cranebrook" draußen und finalisieren gerade ihr neues Album. Andrew hat sich jetzt die Zeit für ein Interview genommen und wir hatten endlich Gelegenheit, uns über die vergangenen fünf Jahre auszutauschen. Dabei hat er mir natürlich auch einiges über die Pläne der Post-Rock-Tintanen aus Sydney verraten – und eine ganz persönliche Neuigkeit mit mir geteilt!

Anne: Hi Andrew! Wow, es ist tatsächlich schon fünf Jahre her, seit wir uns das letzte Mal unterhalten haben! Wie kann das sein? Findest Du nicht auch, dass das ziemlich krass ist? Ich versuche ständig herauszufinden, warum die Zeit seit die Pandemie 2020 losging, so schnell verflogen ist. Aber es sieht so aus, als hätte ich es immer noch nicht herausgefunden, woran es liegt. Weißt Du es vielleicht? Wie geht es Euch denn so? Wie habt Ihr die letzten fünf Jahre verbracht? Und wie geht Ihr mit dieser Tatsache um? Ich meine, ernsthaft: Gab es einen Riss in der Zeit? Danke, dass Du Dir die Zeit für das Gespräch nimmst, übrigens!

Andrew: Es ist wirklich schon eine Weile her und ich bin froh, hier zu sein und mich mit Dir zu unterhalten. Ich hatte das Gefühl, dass die Zeit der Pandemie ziemlich banal war, da die Tage einfach ineinander übergegangen sind. Es gab keinen Unterschied, keine Emotionen, keine Meilensteine. Ich denke, weil wir weniger Erinnerungen mit unseren Freund*innen und unserer Familie hatten, haben wir auch weniger eindeutige Erinnerungen gespeichert. Vielleicht fühlt es sich deshalb so an, als sei diese Zeit in unserem Leben wie im Flug vergangen.

Anne: Was hat sich seit unserem letzten Gespräch für Solkyri verändert?

"Für Solkyri hat sich einiges verändert"

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Andrew: Eine Menge! Wir nehmen die Welt jetzt in einem anderen und vorsichtigeren Licht wahr. Das hat sich darauf ausgewirkt, was es bedeutet, als Künstler*innen in der Post-Pandemie-Welt Musik zu veröffentlichen. Wir mussten das im Eiltempo lernen, als wir unser letztes Album ("Mount Pleasant", 2020) promoteten, das wir, im Nachhinein betrachtet, leider veröffentlicht haben, bevor die Welt für 24 Monate den Aus-Schalter umlegte.

Die Hörgewohnheiten haben sich geändert. Die Leute sind im Allgemeinen nicht mehr so motiviert, Tickets für Live-Shows zu kaufen. Man muss sowohl Content Creatorin als auch Künstlerin sein – und das kann sehr anstrengend sein, weil die Leute sofort an deinem Instagram Reel vorbeiscrollen, für den du 18 Monate lang die Musik geschrieben hast. Es ist hart, aber man muss anpassungsfähig sein.

Ich glaube, Solkyri hat sich angepasst. Wir sind jetzt zum größten Teil autark. Ryan, der gleichzeitig unser Haupt-Songwriter und Produzent ist, hat in seinem Haus ein Studio gebaut. Das bedeutet, dass wir Musik ohne jegliche Beteiligung von außen entwickeln, perfektionieren und schlussendlich veröffentlichen können. Ich muss sagen, das ist schon eine ziemlich coole Sache!

Das bedeutet für uns auch, dass wir eine Menge Geld sparen und es für andere wichtige Dinge ausgeben können, wie zum Beispiel für das Pressen von Vinyl und für unsere Touren.

Anne: Lass uns über Euer neuestes Werk, "Cranebrook", sprechen. Die EP ist so perfekt geworden! Ich höre es mir unglaublich gerne an. Ich glaube, Ihr habt mit diesen sechs Songs so viele Gefühle und Erinnerungen eingefangen. Seid Ihr zufrieden mit der Platte!

Andrew: Vielen Dank! Das bedeutet eine Menge!

Ja, wir sind begeistert von der Veröffentlichung, und es ist toll zu sehen, dass die Leute sich dafür begeistern.

Anne: Ihr habt "Cranebrook" während einer Lockdown-Phase in der Pandemie-Zeit aufgenommen. Ihr habt diese Situation gemeistert, indem ihr einige klassische Instrumente verwendet habt, die nicht unbedingt das große Studio-Setup brauchen, um zu funktionieren. Das ist ziemlich genial, um ehrlich zu sein, und hat zu einer hervorragenden Platte geführt. Gab es noch etwas, was Ihr bei den Aufnahmen zu Eurer EP in dieser Ausnahmesituation beachten musstet?

Andrew: Die EP ist aus einer Reihe von Online-Videoanrufen heraus geboren. Da wir nicht in der Lage waren, uns in einem Proberaum zu treffen, mussten wir uns einen anderen Ansatz für die neue Musik überlegen.

Wir sind große Fans von Ambient-Musik und es war schon lange ein Traum von mir, mit Solkyri etwas in diesem Stil zu machen. Ryan fing an, in seinem neu gebauten Studio, ein paar wirklich einfache Drone-Loops und Klavierakkorde zu kreieren. Im Grunde ist es von da an gewachsen, indem wir alle unsere Ideen per E-Mail und WhatsApp ausgetauscht haben.

"Es musste sich wie Solkyri anfühlen"

Wir mussten sehr auf die Zeit achten. Wir haben festgestellt, dass man sich in Ambient-Musik verlieren kann – weshalb die Leute sie ja auch mögen – aber wir wollten, dass es sich immer noch wie Solkyri anfühlt. Die endlosen Drone-Momente und die Unmengen an übermäßigem Hall brauchten also einen Anfang, eine zentrale Melodie und ein Ende. Diese Einschränkungen waren notwendig, um das Gefühl zu vermitteln, dass es sich um eine Solkyri-Auffassung von Ambient-Musik handelt. Die Platte hat jetzt durch und durch unsere Persönlichkeit.

Unser guter Freund Sim (von der Math-Rock-Band SEIMS) brachte uns mit Monique Turner zusammen, die bei allen Streicherarrangements half. Moniques Engagement hob die Tracks auf eine andere Ebene und brachte sie in ihre endgültige Form.

Anne:: Plant Ihr, in Zukunft wieder mit diesem Set-up aufzunehmen?

Andrew:: Ja und nein. Die nächste Platte wird "rockig" sein. Das Schlagzeug und die Riffs werden also wieder dabei sein. Aber wir verwenden dieses Mal Streicherarrangements und auch Bläser!

Anne: Cranebrook ist der Name eines Vororts von Greater Western Sydney. Habt Ihr diese Platte diesem Teil Eurer Heimatstadt gewidmet? Möchtest Du mir den Ort ein bisschen beschreiben?

Andrew: Wir sind in Cranebrook aufgewachsen. Das ist eine kleine Stadt im Westen von Sydney. Der südliche Teil des Vorortes wird "Mount Pleasant" genannt, was ja auch der Titel unseres dritten Albums ist.

Anne:: Ich denke, die EP funktioniert am besten, wenn man sie in einem Rutsch durchhört. Einzelne Tracks herauszupicken und sie unabhängig voneinander oder als Teil einer Playlist zu hören, ergibt für mich fast keinen Sinn. Ihr erzählt eine Geschichte, die sich durchzieht und die ich nicht unterbrechen möchte. Möchtest Du mir von dieser Geschichte erzählen? Dem Thema dahinter?

"'Cranebrook' sollte von Anfang bis Ende gehört werden"

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Andrew:: Da stimmen wir Dir zu. Die EP soll von Anfang bis Ende angehört werden. Aber wir haben es natürlich auch verstanden. Es ist 2025, und die Leute wollen nur die Songs auf ihrer Wiedergabeliste hören. Das kann also auch funktionieren.

"Cranebrook" ist auf eine seltsame Art als Schwesteralbum zu unserem vorherigen Album "Mount Pleasant" gedacht. Die EP leiht sich einige musikalische Themen und Ideen von "Mount Pleasant", also darf man diese Verbindung anerkennen.

Die Albumtitel, die Musik und das Artwork unterstreichen den Fortschritt und die Entwicklung. So wie wir uns als Band entwickelt haben. So, wie die Städte verschmolzen und eins geworden sind. Das ist alles gewollt.

Anne:: Ein Stück, das mir besonders gut gefällt, ist "Autumn Mold". Willst Du mir etwas darüber erzählen?

Andrew:: Das ist auch mein Favorit. Ryan hat die ersten Entwürfe dieses Tracks schon 2021 mit uns geteilt. In den letzten Jahren hat Ryan uns ständig damit genervt, mehr akustische Gitarren in unsere Kompositionen einzubauen. Wir sind vier verschwitzte Typen aus den Vororten von Western Sydney, die laute Musik mit viel Hall lieben... es war schwer zu verkaufen. Ryan blieb hartnäckig, und wir sind so froh, dass er es getan hat, denn er hat uns schließlich überzeugt, als dieses Klaviermotiv schließlich seinen Höhepunkt erreicht – pure Schönheit.

Anne:: Wie würdest Du die aktuelle Weltlage aus Deiner Sicht beschreiben? Wie gehst Du damit um? Was können wir alle tun, um sie erträglicher zu machen?

"Wir sollten alle für ein kleines bisschen Licht sorgen"

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Andrew:: Es kann ziemlich entmutigend sein, wenn man auf seinem Handy scrollt und sieht, was in der Welt passiert. Es ist beängstigend.

Was können wir tun? Es sind die kleinen Taten, die zählen. Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen und Solidarität können viel bewirken. Lokale Initiativen unterstützen, spazieren gehen, Deinen Hund streicheln und Dinge zu erschaffen, die Freude machen oder zum Nachdenken anregen. Wenn jeder von uns auch nur für ein kleines bisschen Licht sorgt, summiert sich das auf eine Weise, die wir nicht immer sofort sehen.

Anne:: Wird es bald wieder Solkyri Konzerte geben?

Andrew:: Im Moment sind noch keine in Sicht. Wir sind aber immer auf der Suche und scharf darauf!

Anne:: Woran arbeitet Ihr im Moment?

Andrew:: Wir sind dabei, Album #4 den letzten Schliff zu geben. Es ist sehr episch, und wir können es kaum erwarten, es mit Euch allen zu teilen. Es ist aber noch ein weiter Weg bis dahin...!

Abgesehen davon bereite ich mich darauf vor, zum ersten Mal Vater zu werden. Das ist aufregend!

Anne:: Das ist so aufregend! Herzlichen Glückwunsch! Wie wunderbar! Ich freue mich für Euch!

Wir sehen uns in fünf Jahren, Andrew. Ach Quatsch, das ist natürlich ein Scherz! Ich hoffe natürlich, sehr viel früher! Das bringt mich zu meiner letzten Frage: Gib mir ein Thema, über das wir uns nächstes Mal unterhalten sollen, damit ich mich darauf vorbereiten kann!

Andrew:: Haha, ich möchte, dass Du mich fragst, wie es ist, Vater zu sein und wie ich einen Job, ein Baby und eine Band jongliere! Denn das würde ich gerne selber wissen!

Anne:: OK, ich habe mir das notiert! Wenn mir jemand das Geheimnis verrät, rufe ich Dich auf jeden Fall an und teile es mit Dir! Nochmal vielen vielen Dank für das Gespräch und die wertvollen Einblicke in Eure Musik!

Andrew:: Danke für die Einladung! Es war mir ein echtes Vergnügen, mit Dir zu plaudern. Lass uns das auf jeden Fall bald wiederholen. Pass auf Dich auf!

Lest jetzt meine "Cranebrook" Review!

Solkyri – "Autumn Mould"

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