Moon Lanterns Gründer Jon über die EP "Volume One"
"Die Welt braucht mehr Empathie"
Moon Lanterns ist ein experimentelles Psychedelic/Space-Rock-Projekt aus Denver, Colorado. Ich habe mit Gründungsmitglied Jon über die Debüt-EP der Band "Volume One" gesprochen. Die Hälfte der Band lebt vegan, also hatten wir neben den großartigen Songs, die Ihr Euch unbedingt anhören solltet, noch einiges mehr zu besprechen.
Moon Lanterns sind:
- Jon Meyers
- Joe Lederman
- Cody Sickler
- Rick Garitta
Anne: "Volume One" – der Titel Eurer Platte klingt vielversprechend! Als ob uns da schon bald noch mehr erwartet. Arbeitet Ihr schon an "Volume Two"?
Jon: Auf jeden Fall! "Volume Two" nimmt bereits Gestalt an, und es fühlt sich wie der nächste Schritt in unserem klanglichen Abenteuer an. Wir lassen es zu, dass sich die Musik auf natürliche Weise entfaltet, dass jeder Track sich uns offenbart. Von ein paar der Songs gibt es schon Demos und es geht jetzt eigentlich nur noch um das Timing. Es ist aufregend, nicht genau zu wissen, wohin es gehen wird, aber gleichzeitig darauf zu vertrauen, dass es seinen Weg finden wird.
Anne: Was hat Euch zu "Volume 1" inspiriert?
"Die Rhythmen der Natur inspirieren uns"
Moon Lanterns – "Volume One"
Jon: Die Ideen, die sich darum ranken, scheinen das Gefühl von Distanz und Verbindung zu berühren – wie der Raum – sowohl physisch als auch emotional – die Art und Weise prägt, wie wir die Welt und einander erleben. Wir orientieren uns an den natürlichen Rhythmen um uns herum, an den Zyklen des Mondes, der Gezeiten und der Sterne. Es geht um Bewegung und Stille und darum, wie beides nebeneinander bestehen kann. Die Ironie ist uns nicht entgangen, wenn man bedenkt, dass ein Großteil dieser Platte aus einer gewissen Entfernung voneinander aufgenommen wurde.
Anne: Sind das dann auch die Themen Eurer Songs?
Jon: Ja, in gewisser Weise. Jeder Song spiegelt diese größeren Themen wider, wird aber auf unterschiedliche Weise erzählt. "Make Waves" nutzt den pazifischen Nordwesten als Metapher für das Reiten auf den Strömungen, das Spüren der Dynamik des Lebens und des Wachstums. "One Up" ist eine augenzwinkernde Anspielung auf das Auf und Ab einer unvorhersehbaren psychedelischen Erfahrung. "Let's Keep Moving" ist unsere Hommage an den Krautrock; es beginnt mit einem einfachen Fundament und baut darauf auf, indem es Dich von einem Ort zu einem vollkommen anderen bringt, während Du auf demselben Puls reitest. "Comet Coma" ist ein Song, mit dem unser Schlagzeuger Joe und ich schon seit Jahren herumgespielt haben. Es ist ein langsames Stück, aber es hat eine erstaunliche Auszahlung, deckt mehrere Genres ab und beendet die EP mit einem Knall.
Anne: Wann habt Ihr angefangen, zusammen Musik zu machen?
Jon: Wir haben Moon Lanterns vor nicht allzu langer Zeit gegründet. Obwohl es sich so anfühlt, als hätten wir schon viel länger darauf hingearbeitet. Wir sind eine Gruppe von Freund*innen und Künstler*innen, die auf unterschiedliche Weise zusammengearbeitet und sich schließlich zu einem Kollektiv zusammengeschlossen haben. Es ist fast so, als ob Moon Lanterns schon immer dazu bestimmt waren; wir mussten es nur noch entdecken.
Anne: Möchtest Du mir etwas über Eure Gründungsgeschichte erzählen? Wie ist es Euch gelungen, Künstler*innen aus den unterschiedlichsten Zeitzonen zusammenzubringen?
Jon: Die Magie der Technik! Aber eigentlich geht es um mehr als nur die Logistik. Wir haben uns alle nach einem Raum gesehnt, in dem wir unsere Kreativität frei erforschen können, ohne die Grenzen einer traditionellen Band. Moon Lanterns wurde zu diesem Raum. Die Band ist eine Art Zufluchtsort, an dem wir experimentieren, uns austauschen und kreativ sein können – egal wo wir uns befinden. Die Zeitzonen fühlen sich nicht wie eine Barriere an. Sie tragen zum Rhythmus unseres Schaffens bei, wie verschiedene Mondphasen, die den Weg zu unterschiedlichen Zeiten beleuchten.
Anne: Inwiefern beeinflusst die fließende Natur Eurer Band – mit den austauschbaren Rollen und Instrumenten – Euren kreativen Prozess? Worin siehst Du die Unterschiede zu klassischen Bandstrukturen?
"Mit Moon Lanterns Musik zu machen ist wie gemeinsam zu malen"
Jon: So bleiben die Dinge frisch und voller Möglichkeiten. Wir haben keine starren Vorgaben, wer was spielt, wodurch die Musik atmen und sich auf unerwartete Weise weiterentwickeln kann. An einem Tag spielt jemand Gitarre, am nächsten Synthesizer oder Percussion. Es ist, als ob wir alle auf derselben Leinwand malen, aber jedes Mal mit anderen Pinseln. So entsteht eine Art kreative Alchemie, die man in strukturierteren Umgebungen nicht oft findet. Darin liegt ein Gefühl von Freiheit.
Anne: Du hast erwähnt, dass es bei Moon Lanterns keine Regeln, Fristen oder Grenzen für Euer Musikmachen gibt. Findet auf diese Art alles irgendwann einfach an seinem Platz?
Jon: Es ist ein wenig von beidem. Wir erzwingen zwar nichts, aber es gibt eine Art unausgesprochenes Vertrauen in den Prozess – dass sich schließlich alles fügen wird. Es ist fast so, als ob wir der Musik erlauben, sich uns zu offenbaren, anstatt zu versuchen, sie zu kontrollieren. Der Fokus kommt in Wellen, und wir folgen ihm, im Vertrauen darauf, dass sich die Stücke zum richtigen Zeitpunkt auf eine Weise zusammenfügen werden, die sich richtig anfühlt. Es geht mehr um die Reise als um das Ziel. Dennoch muss man absichtlich und pragmatisch vorgehen. Wir tauschen Demos und Ideen frei aus und die Kommunikationswege sind immer offen.
Anne: Mit Eurer Musik vermischt Ihr psychedelische Einflüsse mit einprägsamen Hooks. Wie schafft ihr es, Eure experimentellen Klänge so gut mit diesen eingängigen Melodien zu verbinden?
Jon: Bei psychedelischer Musik geht es im Kern um Erkundung und das Überschreiten von Grenzen. Die Hooks erden diese Reise und bieten den Leuten etwas, an dem sie sich festhalten können. Wir versuchen nicht, das Gleichgewicht zu erzwingen – es entsteht ganz natürlich, wenn wir Klänge und Melodien erforschen, die uns ansprechen. Auch wenn wir experimentieren, haben wir immer ein Gefühl der Kohäsion – als ob alle Bestandteile wissen, wo sie hingehören, auch wenn wir das nicht sofort erkennen.
Anne: Wie schafft Ihr es, gemeinsam zu spielen, wenn Ihr über verschiedene Zeitzonen verteilt seid?
Jon: Es ist definitiv eine Herausforderung, aber wir haben Wege gefunden. Unsere Proben und Aufnahmen finden größtenteils asynchron statt. Jede*r von uns fügt der Musik in seiner eigenen Zeit seine Schichten hinzu. Das hat etwas Wunderschönes – wie die Weitergabe eines kreativen und zeitunabhängigen Staffelstabs.
Anne: Wie sieht der kreative Prozess bei Moon Lanterns aus? Habt Ihr eine zentrale Anlaufstelle für Ideen, oder ist er eher spontan und kollaborativ über die Distanzen hinweg?
Jon: Es ist eine Mischung aus beidem. Wir haben einen zentralen Knotenpunkt – einen digitalen Raum, in dem die Ideen frei fließen können. Manchmal ist es ganz einfach, wenn jemand einen Riff oder eine Melodie schickt und es wächst von dort aus weiter. Ein anderes Mal ist es spontaner – wenn eine Idee zum Beispiel während eines Gesprächs oder durch visuelle Inspiration entsteht. Wir nutzen diese Distanz zu unserem Vorteil und lassen die Dinge sich auf organische Weise entwickeln.
Anne: Wie hat die Zusammenarbeit mit Künstler*innen aus der ganzen Welt die visuellen Aspekte von Moon Lanterns beeinflusst? Möchtest Du gerne einige der Kooperationen nennen?
Musiker*innen auf der ganzen Welt arbeiten zusammen
Jon: Die Zusammenarbeit mit Künstler*innen aus der ganzen Welt war eine Offenbarung. Wir haben damit die visuelle Sprache unserer Musik erweitert und es ermöglicht uns, sie durch eine andere kulturelle Brille zu sehen. Besonders hervorheben möchte ich die Zusammenarbeit mit einem*r Künstler*in, der*die die Visualizer für "Comet Coma" erstellt hat – die Art und Weise, wie er*sie das Herz des Songs eingefangen hat, ist einfach atemberaubend.
Anne: Was inspiriert Euch zu den digitalen Bildern und Videos, die Ihr kreiert? Lasst Ihr Euch dabei mehr von Eurer Musik oder von externen visuellen Einflüssen leiten?
Jon: Musik ist immer die Grundlage – sie gibt den Ton, die Stimmung und die Farben vor. Aber wir lassen uns auch stark von der bildenden Kunst, dem Film und der Natur beeinflussen. Die Art und Weise, wie sich das Licht in einem Wald bewegt, oder die Farben in einem alten psychedelischen Film haben etwas, das in unsere visuelle Erzählweise einfließt. Es geht uns darum, ein visuelles Echo zu den Klängen zu schaffen, etwas, das die Reise, auf der sich der Hörer befindet, noch verstärkt.
Anne: Wie entscheidet Ihr als Kollektiv, das großen Wert auf kreative Freiheit legt, wann ein Musikstück oder ein Kunstwerk "fertig" ist?
Jon: Das ist die Eine-Millionen-Dollar-Frage! Für uns fühlt sich die Fertigstellung eher wie ein Moment des Loslassens an als das Erreichen einer Ziellinie. Es ist ein Gefühl, zu wissen, wann ein Stück gesagt hat, was es zu sagen hat – wann es bereit ist, für sich selbst zu stehen. Manchmal geht das schnell, manchmal ist es ein langsamerer Prozess, aber es fühlt sich immer richtig an, wenn wir es schließlich in die Welt entlassen.
Anne: Kannst Du das immersive Klangerlebnis beschreiben, das Ihr für Eure Zuhörer erschaffen wollt? Was erhofft Ihr Euch, dass Euer Publikum empfindet, wenn es Eure Kunst erlebt?
Jon: Wir möchten, dass unsere Hörer*innen das Gefühl haben, in eine andere Welt hineingezogen zu werden – eine Welt, die sowohl vertraut als auch fremd erscheint, die beruhigend und aufregend ist. Es geht darum, einen Raum zu schaffen, in dem die Menschen sich verlieren, ihre Gedanken erforschen und sich mit etwas Größerem verbunden fühlen können. Wir hoffen, dass sie ein Gefühl der Verwunderung verspüren, als ob sie sich auf einer Reise befinden, die kein festes Ziel hat, sondern jeden Augenblick genießen.
Anne: Wie hat sich Moon Lanterns auf Deine persönliche Kreativität ausgewirkt? Möchtest Du etwas über Deine Entdeckungen auf dieser Reise berichten?
"Durch Moon Lanterns habe ich gelernt, mich auf das Unbekannte einzulassen"
Moon Lanterns – "Volume One"
Jon: Moon Lanterns ist ein Katalysator für meine Kreativität — in einer Weise, wie ich sie nie erwartet hätte. Ich bin jetzt offener für Kooperationen und bereit, mich auf das Unbekannte einzulassen. Ich habe gelernt, dem Prozess mehr zu vertrauen, die Kontrolle loszulassen und der Musik und Kunst zu erlauben, in ihrer eigenen Zeit Gestalt anzunehmen. Das war unglaublich befreiend für mich und hat meine Liebe für die kreative Reise noch tiefer werden lassen.
Anne: Habt Ihr bestimmte Lieblingskünstler*innen, die Euren Sound oder Eure Herangehensweise an die Musik beeinflusst haben?
Jon: Auf jeden Fall. Wir haben uns von einer Vielzahl von Künstlern inspirieren lassen – Pink Floyd, Led Zeppelin, My Morning Jacket, Radiohead, Queens of the Stone Age und Rush. Jede*r dieser Künstler*innen schafft es, Grenzen zu überschreiten und gleichzeitig seinem*ihrem Sound treu zu bleiben und das ist etwas, das wir anstreben. Wir lieben die Idee, komplizierte Melodien mit experimentellen Klängen zu kombinieren, um etwas zu schaffen, das sich zeitlos anfühlt und sich dennoch ständig weiterentwickelt.
Anne: Du hast erwähnt, dass einige Mitglieder von Moon Lanterns Veganer*innen sind. Ich finde das natürlich großartig! Habt Ihr Euch gegenseitig zu dieser Entscheidung inspiriert?
Jon: Es ist schon komisch, wie sich das entwickelt hat! Wir haben uns nicht vorgenommen, vegan zu werden, aber es hat sich ganz natürlich ergeben, als wir uns unserer Entscheidungen bewusster wurden.
Anne: Da ich selbst seit vielen Jahren vegan lebe, ist das zu einem wichtigen Teil von mir geworden – von meinem Leben und sogar meiner Persönlichkeit. Die Entscheidung, Tierquälerei nicht mehr zu unterstützen, verändert Dich und Deine Sicht auf die Welt. Ich würde gerne wissen, was sich dadurch für Dich verändert hat. Hat sich das auch auf Deine Art, Musik zu machen, ausgewirkt?
Jon: Auf jeden Fall verändert es die Sicht auf die Welt. Es ist, als würde man einen Vorhang zurückziehen und die Dinge aus einer breiteren Perspektive sehen. Für uns hat es unsere Verbindung zur natürlichen Welt und die Bedeutung von Empathie vertieft. Was die Musik betrifft, so gehen wir bewusster mit unserer Botschaft und der Energie um, die wir ausstrahlen. Es gibt diese stille Achtsamkeit, die mit diesen Entscheidungen einhergeht und ich glaube, dass sie in unsere Musik einfließt.
Anne: Würdest Du die Musik als Mittel nutzen, um andere Menschen über Themen wie Tierrechte, Tierquälerei und den Klimawandel aufzuklären?
"Musik weckt das Bewusstsein für Missstände"
Jon: Musik ist ein so mächtiges Instrument, um das Bewusstsein zu wecken. Wir wollen zwar nicht predigen, aber wir glauben daran, dass wir unsere Plattform nutzen können, um einen positiven Wandel zu bewirken. Wenn unsere Musik ein Gespräch über diese Themen entfachen oder einen Gedankenanstoß geben kann, dann ist das ein schönes Ergebnis. Kunst war schon immer ein Mittel, Menschen zum Nachdenken anzuregen. Und wir sind offen dafür, dass sich unsere Botschaft mit uns weiterentwickelt.
Anne: Wenn Du etwas auf der Welt verändern könntest. Was wäre es und warum?
Jon: Wenn ich eine Sache verändern könnte, dann wäre es, mehr Empathie in der Welt zu kultivieren. So viele der Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind – ob persönlich oder global – lassen sich auf einen Mangel an Verständnis und Mitgefühl zurückführen. Wenn wir uns alle einen Moment Zeit nehmen könnten, um einander wirklich zuzuhören, um die Welt mit den Augen anderer zu sehen, dann, glaube ich, wären wir in einer viel besseren Lage.
Anne: Das hast Du sehr gut formuliert! Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast! Es war mir ein Vergnügen, mit Dir zu sprechen. Ich wünsche Euch alles Gute für Eure Pläne! Halt mich auf dem Laufenden!
Jon: Vielen Dank, Anne! Es war mir auch ein Vergnügen, mit Dir zu sprechen. Ich schätze die aufmerksamen Fragen und freue mich, wenn wir in Kontakt bleiben. Auf mehr Musik und gute Zusammenarbeit in der Zukunft!