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    "Musik ist Therapie!"

    Interview mit Ville und Hannes von Besra

    Interview von Anne
    18.10.2023 — Lesezeit: 8 min
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    "Musik ist Therapie!"
    Bild/Picture: © Besra

    Besra sind eine der Post-Metal-Bands, die immer ein Feature in meinem Blog bekommen, wenn sie neues Material herausbringen. Ihre Musik ist einfach zu gut, um sie für mich zu behalten. Ich muss sie mit Euch teilen! Vor Kurzem habe ich bereits die Gelegenheit genutzt, meine Review ihres neuesten Albums "Transitions" zu veröffentlichen – eine Geschichte über den Schmerz der Veränderung in sechs wunderschönen Kapiteln. Nachdem ich es mit den Jungs geteilt habe, haben wir uns zu einem Interview verabredet. Hier ist es! Viel Freude damit! Hannes (Hietarinta, Leadgesang, Keyboards), Ville (Kaisla, Drums) und ich hatten ein sehr persönliches Gespräch, in dem sie mir zahlreiche tiefe Einblicke in "Transitions" gewährt haben.

    Anne: Hi! Danke, dass Ihr Euch die Zeit nehmt! Wie geht es Euch heute?

    Hannes: Uns geht es gut, danke! Wir haben ganz schön zu tun, seit das Album erschienen ist: Wir passen unser Live-Set an, beschäftigen uns mit Promotion und melden uns bei Festivals an.

    Ville: Hallo Anne! Ich fange langsam an, mich ruhig und erleichtert zu fühlen und den Druck der Album-Veröffentlichung abzuschütteln. Natürlich haben wir viel zu tun. Also würde ich sagen, ich bin müde, aber glücklich!

    Anne: Das ist doch der beste Zustand von allen, oder? Gratulation zu Eurem neuen Album "Transitions"! Es ist großartig! Seid Ihr zufrieden mit Eurer Arbeit?

    "Es ist wichtig, dass man es auch anerkennt, wenn man einen guten Job gemacht hat"

    Besra beim Videodreh zu "Transitions". Bild/Picture © Besra
    Besra beim Videodreh zu "Transitions". Bild/Picture © Besra

    Hannes: Vielen lieben Dank! Wir sind sehr zufrieden. Es war eine lange Reise, bis wir dieses Album fertig hatten. Aber am Ende sind alle Wege zusammengelaufen und es ist besser geworden, als wir uns das jemals erhofft hatten.

    Ville: Wie schön! Es tut gut zu hören, dass sich die Arbeit an dem Album gelohnt hat. Ich habe es genossen, Deine Review zu lesen! Bei Alben gibt es immer Raum für Verbesserungen, aber es ist auch wichtig, mal eine Pause einzulegen und anzuerkennen, dass es wirklich gut geworden ist! Es gab einige Unsicherheiten: Klingen die Songs, wie wir es uns wünschen? Repräsentiert das Cover das, was wir mit der Musik sagen wollen? Passen die Videos zu den Themen? Jetzt die Reviews zu lesen zeigt mir, dass wir einen guten Job gemacht haben.

    Anne: Vielen Dank! Ich habe gehört, dass Ihr einige der Songs schon vor Jahren geschrieben habt. Warum habt Ihr sie gerade jetzt veröffentlicht?

    Hannes: Eigentlich haben wir in einem konstanten Schreibprozesse auf dem Weg zum nächsten Album gesteckt, seit wir 2018 unser erstes Album "Anhedonia" veröffentlicht haben. Es hat einfach insgesamt etwas länger gedauert, als wir gedacht hatten. Wir mussten ein paar Pausen einlegen und haben einige der Songs komplett neu arrangiert.

    Ville: Das älteste Stück "Landscapes" hätte es fast noch auf unser erstes Album geschafft. Wir mussten irgendwann einen Schlusstrich ziehen und jetzt hat es seinen Platz auf dieser Platte gefunden – obwohl wir es natürlich ein paar mal überarbeitet haben. Es hätte sich falsch angefühlt, alte Songs auszuschließen, nur weil es schon eine Weile her ist, seit wir sie komponiert haben. Unser Album ist wie eine Weinprobe: Du vergleichst verschiedene Jahrgänge, aber der Alkohol, der Dich benebelt, ist bei allen gleich!

    Anne: Das ist ein ziemlich guter Vergleich! Einer meiner absoluten Favoriten auf "Transitions" ist "Cries and Lamentations". Der Mittelteil ist pure Magie. Wollt Ihr mir mehr über dieses große Finale der Platte erzählen?

    "Mit 'Cries and Lamentations' hatte ich meinen persönlichen Toto-Moment"

    Hannes: Ja! Als wir angefangen haben, das Album aufzunehmen, mussten wir noch meine kompletten Gesangs- und Keyboard-Parts hinzufügen. Je mehr ich es angehört habe, umso mehr begann ich herauszuhören, dass es das Ende war – ein Epilog, wenn Du so willst. Ich habe auch eine lyrische Idee für das Ende des Albums. Die paar Worte, die ich geschrieben hatte, passten perfekt zu dem Song, es war gar nicht so viel Text nötig. Ich habe außerdem meine Chance erkannt, mit dem Piano-Part im Mittelteil meinen "Toto-Moment" zu erleben, also bin ich eingetaucht und habe improvisiert.

    Ville: Auf der anderen Seite ist dieser Song unsere jüngste Komposition und wir haben diesen Teil davon im Studio mit der Einstellung "Lasst uns mal sehen, ob wir etwas Sensibles daraus machen können" aufgenommen. Ich finde, es ist ein gutes Beispiel dafür, warum es sich manchmal lohnt, auch unfertige Songs einfach mal mit ins Studio zu nehmen und die Improvisation übernehmen zu lassen. Dieses Mal hat es sich für uns ausbezahlt. Der Song ist auch mein Lieblingsstück auf dem Album – besonders an melancholischen Tagen!

    Anne: Ville, Du hast erzählt, "Transitions" dreht sich um die dreht sich um das Auseinandersetzen mit der Komplexität des menschlichen Verhaltens und den turbulenten Landschaften, die wir gestalten – sowohl unser soziales Verhalten betreffend, als auch die Welt, die uns umgibt. Möchtest Du mir ein paar Beispiele für diese Komplexität und Landschaften nennen?

    Ville: Als wir das Album gemacht haben, wurde die Welt mit zahlreichen Krisen konfrontiert. Beginnend mit der COVID-19-Pandemie als Paradebeispiel für die Sozio-psychologischen Herausforderungen, mit denen sich der Großteil der Welt konfrontiert sah. Während der Lockdowns, als unsere Aktivitäten plötzlich auf ein Minimum heruntergefahren wurden, mussten alle unser Verhalten neu überdenken. Ich habe festgestellt, dass ich zum Beobachter der Menschen um mich herum wurde. Ich habe mit Interesse beobachtet, wie manche sich zu Verschwörungstheorien hingezogen fühlten und andere Angst und Unsicherheit entwickelten. Wieder andere schienen die Fähigkeit zu entwickeln, Probleme zu lösen und blieben optimistisch. Diese Umstände haben natürlich auch unsere Album-Produktion beeinflusst und zu Diskussionen geführt. Wir waren außerdem dazu gezwungen, unsere Treffen zu pausieren, was für uns natürlich sehr unangenehm war und uns in unserer Kreativität einschränkte.

    Kurz danach griff Russland Ukraine an und ich wurde wieder zu Beobachter der unterschiedlichen Arten, auf welche die Menschen darauf reagierten – und der absurden Theorien, die sich zum Teil formten. Krisen scheinen die Menschheit in verschiedene Richtungen zu treiben. Sie erschaffen einen unangenehmen emotionalen Unterschied zwischen "uns" und "denen", was man, wie ich finde, um jeden Preis vermeiden sollte. Das Problem ist sicher nicht einfach und die einzige Lösung scheint im permanenten und offenen Dialog zu stecken.

    Anne: "Transitions" handelt auch davon, dass Veränderung die einzige Konstante in unserem Leben ist. Das zu realisieren, kann einen ziemlich mitnehmen. Wolltet Ihr schon immer ein Album aufnehmen, das sich mit dieser Tatsache beschäftigt?

    "Durch die Krisen haben wir gelernt, auf einer breiteren Ebene über Veränderungen nachzudenken"

    Hannes: Das Thema ergab sich ursprünglich aus der mentalen Situation, in der ich mich befand, als ich die Texte geschrieben habe – aber auch daraus, dass die Songs so unterschiedlich sind. Je mehr ich schrieb, desto mehr stellte ich fest, dass sich das gleiche Thema mit unterschiedlichen Mustern immer wieder wiederholte.

    Ville: Vielleicht haben uns diese Krisen dazu gebracht, auf einer breiteren Ebene über Veränderungen nachzudenken. Als Band war uns klar, dass sich unser Album deutlich von unserem Ersten unterscheiden würde. Wir wollten unsere Hörer*innen aber auch dazu ermutigen, über ihre Anpassungsfähigkeit angesichts sehr unterschiedlicher Songs und der ständigen Veränderungen in der Welt nachzudenken: Seid in unbequemen Situationen flexibel (und mit unserem mäandernden Album, haha). Vielleicht entdeckt Ihr dadurch etwas Neues an Euch selbst!

    Anne: Auch in der musikalischen Entwicklung Eurer Band hat sich seit Eurem Debütalbum "Anhedonia" im Jahr 2018 einiges getan. Wie würdest Du diese Entwicklungen beschreiben?

    Hannes: Wir sind musikalisch enger zusammengewachsen, während wir gemeinsam geprobt haben. Unsere Art, Songs zu machen, hat sich verändert. Früher haben meistens Johannes (Nygård, Gitarren) oder Ville (Kujansuu, Gitarren) Stücke mit ins Studio gebracht und wir haben sie einfach geübt. Wir haben unseren Prozess verändert und die gesamte Band mehr in das Arrangement einbezogen. Weil wir uns nicht beeilen mussten, haben wir mehr Aufwand in Details und eine saubere Spielweise gesteckt.

    Ville: Unser Umzug in einen besseren Proberaum vor dem Start unserer Album-Produktion war für uns eine spürbare Veränderung. Dieser Raum zum Spielen in den Rødhouse Studios erlaubt es uns, qualitativ hochwertigere Demos aufzunehmen und mit unterschiedlichen Ideen zu arbeiten. Wenn jemand von uns eine gute Idee hatte, konnten wir sie innerhalb weniger Stunden in eine Multitrack-Aufnahme verwandeln. Das half uns, ein solides Fundament für die Weiterentwicklung unserer Konzepte zu erschaffen. In den neuen Räumlichkeiten bleiben wir gerne auch mal länger. Wir diskutieren mehr über Ideen und Bandmitglieder hauen nicht direkt nach der Probe ab, um so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Du kannst Dir vorstellen, wie viel entspannter es ist ein Album in einer Umgebung wie dieser, anstatt in einem chaotischen, verschwitzten Raum, zu schreiben.

    Anne: Neben der Tatsache, dass sich Euer Stil und Eure Art, zusammen Musik zu machen, seit den Anfängen von Besra verändert haben: Gab es noch andere Veränderungen für Euch – persönlicher Natur und die Band betreffend – über die Ihr gerne sprechen möchtet?

    "Wenn Du willst, dass die Leute Deine Musik finden, ist das ein ganze Menge Arbeit"

    Ville: Wir haben darüber gesprochen, wie wir uns als Musiker seit unserem ersten Album entwickelt haben. "Anhedonia" war für uns ein Experiment, um zu sehen, was diese Band sein könnte. "Transitions" repräsentiert hingegen klar, was wir sein wollen, unsere Emotionen, die wir vermitteln wollen, um der Welt unseren Stempel aufzudrücken. Die Rollen sind präziser, und die Vision der Band ist schärfer geworden.

    Ich persönlich habe auch eine Menge über den Aufbau unserer Social-Media-Präsenz gelernt. Ich kann Dir sagen – und das weißt Du ja vermutlich auch schon – wenn Du willst, dass die Leute Deine Musik zwischen all dem Lärm, den die Musikindustrie zu bieten hat, finden, liegt ein riesiger Berg Arbeit vor Dir. Warum sollte jemand Deiner Band fünf Minuten widmen? Das ist die große Frage. Darum bin ich dankbar für Plattformen wie Deine, die Interviews veröffentlichen und auch unbekannte Namen ins Rampenlicht setzen. Überraschenderweise hören immer mehr Menschen aus Deutschland unsere Musik und ich freue mich extrem über die Unterstützung, den wir dort bekommen! Es sieht so aus, als würde zumindest in dem Teil der Welt jemand unseren Sound verstehen (lacht).

    Anne: Man kann sehen, dass Ihr eine Menge Aufwand in Eure Social-Media-Auftritte steckt! Sie sind sehr gelungen! Als ihr angefangen habt, Musik zu machen: Wie alt wart Ihr und in welchen Projekten habt Ihr vor Besra mitgewirkt?

    Hannes: Ich mache durchgehend Musik, seit ich ungefähr fünf war. Ich habe mit klassischem Piano-Unterricht angefangen und habe mit etwa zehn zum ersten Mal Schlagzeug in einer Band gespielt. Ich hatte die Möglichkeit, Teil einiger Projekte zu sein. Neben Besra ist das wichtigste wohl Rites of the Youth. Dort habe ich auch zum ersten Mal gesungen.

    Ville: Mein Vater hat mir in einem nebulösen Auto-Geschäft ein Drumset besorgt, als ich etwa neun Jahre alt war. Ich wollte damals nicht mal ein Instrument spielen, aber so fing es an. Ich habe, seit ich ungefähr 16 Jahre alt war, in unterschiedlichen Bands gespielt – von Black Metal bis Hardcore und Melodic Metal war alles dabei. Eine der bekanntesten Bands, in denen früher Mitglieder von Besra gespielt haben, ist die Post-Metal-Band Callisto, die Johannes mitgegründet hat. Hört Euch das "Noir" Album an, es ist wundervoll!

    Anne: Ich liebe diese Platte. ("Wormwood" war immer mein Lieblingssong von Callisto) und ich mag auch ihre Alben "True Nature Unfolds" und "Secret Youth" sehr!

    Würdet Ihr sagen, dass die Musik in Eurem Leben für eine positive Transformation gesorgt hat?

    "Ich kann mir nicht vorstellen, ohne Musik zu leben"

    Besra beim Videodreh zu "Transitions". Bild/Picture © Besra
    Besra beim Videodreh zu "Transitions". Bild/Picture © Besra

    Hannes: Ich kann mir ein Leben ohne Musik nicht vorstellen. Also auf jeden Fall ja! Ich stecke da so tief drin, dass ich nicht mehr rausklettern könnte, selbst, wenn ich es wollte! Es ist meine Arbeit, mein Hobby und mein Ventil, das mir hilft, die Sch**eiße aus meinem System zu pusten.

    Ville: Für mich ist Musik auch Therapie. Mein Job kann manchmal ziemlich anstrengend sein und ich kann mich nicht davon erholen, wenn ich eine Wanderung mache oder so. Musik zu machen und vor allem dieses Album, das für uns ein wichtiges Projekt ist, hat mir Erfüllung gegeben – für mein Wohlbefinden und für meine kreativen Bedürfnisse!

    Anne: Veränderung ist omnipräsent und findet permanent statt. Habt Ihr in Zukunft noch andere Veränderungen geplant?

    Hannes: Wir wollen uns immer verbessern. Bessere Songs schreiben, bessere Musiker sein und bessere Liveshows spielen.

    Ville: Vor kurzem hat sich uns unser dritter Gitarrist und Keyboarder Mika Mäkilaakso angeschlossen. Ich glaube, das wird unseren Sound noch diverser machen – auf unseren Konzerten und auf dem nächsten Album. Die Perspektiven eines neuen Bandmitlieds bringen immer spannende Aspekte mit sich. Ich finde das sehr inspirierend.

    Anne: Wie sehen Eure Pläne für die nächste Zeit aus? Habt Ihr schon Tourdaten? Geht es bald wieder ins Studio?

    "Wir wollen in ganz Europe auf Festivals spielen!"

    Ville: Wir haben noch ganz schön viel zu tun, um sicherzugehen, dass die Leute unser Album hören. Das bedeutet: Touren, Promotion und neue Leute kennenlernen. Momentan bewerben wir uns in ganz Europa für Festivals, sehen wir also mal, wo uns unsere Arbeit hinbringt. Wir haben auch eine ganze Menge neue Ideen für Songs, an denen wir arbeiten wollen. Aber die heben wir uns noch etwas auf!

    Anne: Danke für das inspirierende Gespräch! Alles Gute für Eure Pläne und die Promotion für "Transitions"!

    Ville: Danke Dir, Anne, für das gute Gespräch und alles Gute nach Hamburg!

    Besra sind ein experimentelles Post-Metal-Project aus dem finnischen Turku.

    Band members

    • Hannes Hietarinta – lead vocals, keyboards
    • Ville Kaisla – drums
    • Ville Kujansuu – guitars
    • Mika Mäkilaakso – guitars, keyboards, vocals
    • Johannes Nygård – guitars Pekko Seppälä – bass

    Besra Diskografie (bis jetzt):

    • "Anhedonia" (LP / 2018 / Temple of Torturous)
    • "Unsullied" (Single / 2020 / Besra)
    • "Live at Rødhouse Studio" (EP / 2023 / Besra)
    • "Transitions" (LP / 2023 / Suicide Records)

    Besra – "Sentinels"

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