Hessdalen Light Gründer Tanner Thornton im Interview
"In der Instrumental- und Progressive-Rock-Szene findet man die größten musikalischen Talente"
Als Tanner Thornton 2015 sein Musikprojekt aus seinem Schlafzimmer in seiner Wohnung in Dallas, Texas heraus startete, träumte er von der Band, die für ihn heute Realität ist: Hessdalen Light haben sich inzwischen auch Zephaniah Stake (Drums) und Antonio Guzman (Bass) angeschlossen. Ihre gemeinsame musikalische Reise führt Sie an Orte, welche die Fantasie beflügeln und ihre Musik immer weiter wachsen lassen. Weit über die Grenzen der Pläne aus Tanners Musik-und Traumzentrale zu Beginn.
Damals studierte der Gitarrist und Soundtüftler Maschinebau und wollte sich die kreative Freiheit nehmen, die ihm die progressive Rockmusik bat. Kurze Zeit später erschien seine erste EP und kurz danach auch schon die zweite. Weil ihnen das Projekt so gut gefiel, kamen wieder ein paar Momente später Zephaniah und Antonio dazu. Der Rest ist Geschichte.
Das gemeinsame Album steht in der Startbox, die erste Vorauskopplung "Khajiit Has Wares, If You Have Coin" ist vielversprechend. Die drei fanden das Stück so charakteristisch für ihren neuen Stil, dass sie beschlossen, es als eigenständige Single erst mal zu priorisieren. Zeit für ein Interview mit Tanner
Info: Falls Ihr Euch das gefragt habt: Als "Hessdalen-Lichter" oder "Lichter von Hessdalen" bezeichnet man das im Dezember 1981 im Norwegischen Hessdalen dokumentierte Phänomen, das bis in die heutige Zeit immer wieder beobachtet und gefilmt und fotografiert wird. Am Himmel sind dabei Lichter zu sehen, die immer wieder auch als UFOs bezeichnet werden. Googelt das mal, es gibt ein paar interessante Geschichten darüber.
Anne: Hi! Danke, dass Du Dir die Zeit nimmst! Wie geht es Euch im Moment?
Tanner: Uns geht es super! Danke für die Einladung zum Interview! Wir freuen uns immer sehr, wenn wir uns über Rock und progressive Musik unterhalten können!
Anne: Gratulation zu Eurem neuesten Song "Khajiit Has Wares, If You Have Coin". Ich liebe ihn! Ihr müsst ziemlich zufrieden mit Eurer Arbeit sein!
"Wir bekommen sehr gutes Feedback"
Tanner. Bild/Picture: Hessdalen Light
Tanner: Ja, wir sind unglaublich stolz, wie die Single geworden und haben bis jetzt ausschließlich positives Feedback dazu erhalten. Der Song hat unsere monatlichen Zahlen beim Spotify von weniger als 100 Hörer*innen auf mehr als 700 zur Zeit der Veröffentlichung gebracht. Wir sind überzeugt, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist, den wir haben es wirklich geschafft, unseren Groove zu finden und die gesamte Produktionsqualität ist hervorragend.
Ich muss auch einen großen Shoutout an Hannah Boettinger machen, die Künstlerin, die das Artwork für unsere Single illustriert hat. Ihr buntes und chaotisches Kunstwerk spiegelt die Stimmung des Songs wirklich perfekt wider.
Anne: Du hast erzählt, dass der Song der vierte Track von Eurem kommenden Album ist. Wann plant Ihr, es zu veröffentlichen?
Tanner: Das ist eine wirklich gute Frage. Wir versuchen das gerade selbst noch herauszufinden. Das kommende Album ist zu rund 70 Prozent fertig – aus der Songwriting-Perspektive. Wir müssen aber noch ins Studio gehen und alle Songs aufnehmen. Unser Ziel ist das Jahr 2024. Wir planen aber bis dahin noch ein paar weitere Singles zu veröffentlichen!
Anne: Was macht "Khajiit Has Wares, If You Have Coin" zu dem einen, ganz besonderen Song? Was hat dazu geführt, dass Ihr Euch dazu entschlossen habt, ihn vorab zu veröffentlichen?
Tanner: Der Song ist ziemlich schnell entstanden und nachdem wir uns die ursprüngliche Demoversion angehört hatten, wussten wir, dass er unsere erste Single sein würde. Wir sind ins Studio gegangen, um einen anderen Song aufzunehmen und haben dann "Khajiit" gleich mit aufgenommen. Wir hatten das Gefühl, dass "Khajiit" den Vibe und den Sound, auf den wir hinarbeiten, sehr gut wiedergibt, darum waren wir uns einig, dass wir ihn vorab veröffentlichen wollten.
Anne: Erzählst Du mir die Geschichte hinter "Khajiit Has Wares, If You Have Coin"? Hat der Titel vielleicht etwas mit Skyrim zu tun?
"Eine NPC-Zeile aus Skyrim hat mich zu dem Song inspiriert"
Hessdalen Light – "Khajiit Has Wares, If You Have Coin". Artwork: Hannah Boettinger
Tanner: Wir haben uns für den Songtitel tatsächlich von einer NPC-Zeile aus dem The Elder Scrolls Spiel Skyrim inspirieren lassen. Ich hatte Skyrim zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt durchgespielt, zu der Zeit, als ich den Hauptteil des Songs geschrieben habe. Es hat sich also einfach natürlich zusammengefügt.
Anne: Das Stück klingt ziemlich proggig. Ich vermute, Ihr steht ziemlich auf bedeutungsvoll Hymnen und all diese wundervollen, inspirierenden Sounds, die Geschichten erzählen? Welche Künstler*innen inspirieren Euch am meisten?
Tanner: Ja, die Natur des Songs ist ziemlich progressiv und ein guter Vorgeschmack auf die nächsten Stücke. Seit ich mich mit Musik beschäftige, haben mich die progressiven Songstrukturen, die nicht nach dem Prinzip Verse-Chorus-Verse funktionieren, schon immer am meisten fasziniert.
Durch diesen Stil fühlt sich der Song für den Hörer wie ein windiges und lineares Abenteuer an, und dieses Konzept gefällt mir sehr. Als Instrumentalband bleibt die "Geschichte" oder "Bedeutung" des Songs komplett der Interpretation des Hörers überlassen, was ich ebenfalls sehr cool finde.
Einige unserer größten Einflüsse sind, denke ich, CHON, The Fall of Troy, Enemies, TTNG und Dance Gavin Dance.
Anne: Zu Beginn hörte sich der Sound von Hessdalen Light noch etwas cleaner an und ging mehr in Richtung traditioneller Math Rock. Wann habt Ihr Euch dazu entschieden, Euren Stil zu ändern und Euch weiter in die Prog-Richtung zu bewegen? Was hat Euch davon überzeugt?
Tanner: Das ist eine ziemlich genaue Beobachtung! Zu Beginn hat sich alles um Guitar Tapping gedreht. Um verspielte Rhythmen und den Versuch, so sehr nach Math Rock zu klingen, wie möglich. Generell ist nichts Schlechtes daran und ein paar der älteren Stücke lieben wir nach wie vor sehr. Mit der Zeit haben wir jedoch begonnen, zu schreiben und zu spielen, was sich für uns gerade gut angefühlt hat. Es ging uns also nicht darum, einen bestimmten Sound zu machen. Dabei haben wir uns ganz von allein immer weiter in Richtung Prog bewegt. Zwar gibt es auch in unseren neueren Stücken Elemente aus dem Math Rock, aber ich würde sagen, dass wir heute tatsächlich eher eine Prog Band sind. Das lag zum großen Teil daran, dass ich in Dance Gavin Dance und andere ähnliche Progressive/Post/Hardcore-Künstler vernarrt bin.
Anne: Eure Musik klingt in beiden Spielweisen großartig und ich habe das Gefühl, dass Ihr Euch in beiden Welten – Prog und Math-Rock – sehr zu Hause fühlt. Genres spielen für Euch keine große Rolle, oder? Ich meine, ich bin mit all diesen vielseitigen Musikstilen aufgewachsen und ich denke immer noch, dass es am besten ist, sie miteinander zu vermischen und sie alle zu hören. Stimmst Du mir da zu?
"Wir befinden uns irgendwo in der Mitte zwischen Jazz und Punkrock"
Antonio. Bild/Picture: Hessdalen Light
Tanner: Ich könnte Dir nicht mehr zustimmen! Ich liebe die Idee, zwischen den Genres hin und her zu springen und nicht in eine bestimmte Schublade oder einen bestimmten Sound gesteckt zu werden. Der Grund, warum ich dieses Projekt 2015 in meinem Schlafzimmer gestartet habe, war, dass ich unbedingt Riffs und Songs schreiben und spielen wollte, die cool und interessant klingen. Lange Zeit war – und ist es bis zu einem gewissen Grad auch heute noch – sehr schwer, unseren Sound zu beschreiben. Er vereint so viele Elemente aus so vielen verschiedenen Ecken des musikalischen Spektrums. Meine bevorzugte Beschreibung ist, dass wir uns irgendwo in der Mitte zwischen Jazz und Punkrock befinden.
Anne: Wenn Du Dir eine Sache auf der Welt aussuchen könntest, die Du verändern kannst. Welche wäre es und warum?
Tanner: Ich verstehe den geschäftlichen Aspekt dahinter und warum es so ist, aber ich wünschte, ich könnte die Art und Weise ändern, wie Musiker und Künstler für ihre Arbeit entlohnt werden. Heutzutage ist es fast unmöglich, in der Musik Karriere zu machen, besonders in der Instrumental- und Progressive-Rock-Szene. Das Schlimme daran ist, dass es in dieser Szene auch einige der talentiertesten und fähigsten Musiker der Branche gibt. Ich wünschte, der Erfolg stünde im Verhältnis zu Talent, Können und Verdienst, also würde ich das ändern, wenn ich könnte.
Anne: Neben den bevorstehenden Veröffentlichungen: Wie sehen Eure Zukunftspläne aus?
Tanner: Wir suchen uns immer Möglichkeiten, um in neuen Locations zu spielen und wir haben gerade für einen Gig auf dem lokalen Math Rock Festival in Denton, Texas im Oktober unterschrieben – mit ein paar genialen Bands aus der Szene.
Anne: Danke für das inspirierende Interview!
Tanner: Danke, dass Du Dich mit mir unterhalten hast!