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    Vandemonian – "Xenophilia"

    Das Debüt der Hamburger Post-Rock-Band

    Review von Anne
    18.02.2021 — Lesezeit: 4 min
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    Vandemonian – "Xenophilia"

    Am Samstag ist es so weit: Die Hamburger Band Vandemonian veröffentlicht ihr lang erwartetes Debütalbum "Xenophilia". Progressiver, politischer Post-Rock mit cinematischen Anleihen erwartet Euch.

    Als Fan von Bands wie pg.lost, Caspian, God Is An Astronaut und We Lost The Sea haben die drei mit ihrem progressiven Style natürlich einen Nerv getroffen. Darum konnte ich mir das Werk natürlich auf keinen Fall entgehen lassen, als ich das Angebot bekam, schonmal reinzuhören. Hiermit möchte ich es auch Euch ans Herz legen.

    "Xenophilia" ist in einer wirren Phase der Menschheit entstanden, die keiner von uns so vorhergesehen hatte. Auf eine gute Weise hört man das der Platte auch an. Dass ein ungewisser Blick in die Zukunft zu ungeahnter Kreativität antreiben kann, ist bekannt. Ob es dieser Effekt ist, der Vandemonian so stark macht, weiß ich nicht, auf jeden Fall können sich die Hanseaten mit ihrem Sound durchaus hören lassen – ein gelungenes Debüt also. Soviel schonmal vorneweg.

    Vandemonian aus Hamburg machen Musik aus der Zukunft

    Vandemonian – "Xenophilia"Vandemonian – "Xenophilia"

    Turbulente Zeiten bringen also turbulente Musik hervor. So weit, so gut. Vandemonian lassen sich allerdings keinesfalls runterziehen von politischen Unstimmigkeiten, nicht enden wollenden Lockdowns und allgemeinem Chaos. Sie liefern aus dem weltweiten Irrsinn heraus Musik aus der Zukunft – nonchalant, unbeeindruckt und hoch originär.

    Aufgenommen und produziert haben Gitarrist und Sänger Nick Braren und seine Mit-Musiker*innen das Album zwischen Ende 2018 und 2020 – in Eigenregie. Nick konnte dabei seine Erfahrungen im Audiobereich einbringen. Durch den DIY-Ansatz konnte die Band ihre kreative Freiheit voll ausleben. Vom Plan, eine Platte zur veröffentlichen bis zum Tag X zogen jedoch nicht aus diesem Grund ein paar Tage ins Land. Das war zum größtenteils dem Engagement in anderen Projekten sowie beruflichen Verpflichtungen geschuldet. Doch ist es nicht so: Was lange reift, wird am Ende gut? Von "Xenophilia" kann man das auf jeden Fall behaupten. Für "Vandemonian" ist hoffentlich noch nicht das Ende erreicht. Aus dieser Richtung möchte ich in Zukunft bitte noch sehr viel hören.

    Ein musikalischer Sog

    Die solide Gitarren-Basis der insgesamt acht Stücke ist auf Nick Brarens geübte Handarbeit zurückzuführen. Der Australier weiß mit seinem Instrument umzugehen – soviel ist schon mal klar. Drummer Alexander Benthin bringt das präzise Uhrwerk mit seinem Schlagzeug in Gang. Dynamische Songstrukturen und ein durchdachtes Rhythmusspiel machen richtig viel Laune. Das sagt Nick über das Album:

    "Auf'Xenophilia' geht es nicht um Angst, sondern um Fortschritt. Wir müssen uns vorwärts bewegen und das Unbekannte umarmen. Es ist eine Chance zu lernen, zu wachsen und zu geben. In einer schönen neuen Welt darf es keine Angst geben. Wir können nicht behaupten, die Wahrheit zu kennen und anderen verbieten, ihre Bedenken zu äußern. Wir können nicht weiterhin gespalten sein, denn tief im Inneren können wir nicht umhin zu akzeptieren, dass wir eins sind – Wir sind alle gleich."

    Schon der erste Song "Roboter" zieht mich mitten rein in einen Sog, aus dem ich am liebsten gar nicht mehr rauswill. Vandemonian wissen, wie man Fans der spannenderen Musikgenres auf die richtige Fährte lockt.

    Kopfnickend vor der Bühne eines verrauchten Clubs

    Beim zweiten Stück "Spherical Development" ist der Name Programm. Es beginnt mit chromatischem Gitarrenspiel, um dann mit Gesang zu überraschen. Die Platte ist also nicht komplett instrumental, wie ihr das bei dieser Musikrichtung vielleicht vermutet habt. Ein Hauch von Proberaum schwingt in diesem Song mit – auf eine gute Art und Weise.

    In "Razumikhin" schlägt die Band nachdenkliche Töne an. Das Stück springt über von getragen hin zu energiegeladen. Die Idee geht auf. Ich wünsche mich in einen verrauchten Club. Kopfnickend vor der Bühne. Ein schönes Bild, das Vandemonian da in meinem Kopf zeichnen.

    Beim nächsten Stück "Jack Ketch" kann ich es noch für einen Moment festhalten. Um dann davon zu driften in eine andere Welt. Eine Welt aus Gedanken, die im Wind dahintreiben. Der Gesang gefällt mir in diesem Song besonders gut.

    "National Insecurity" – was für ein Titel. Ein Song, der von Ungewissheit, Unsicherheit und der grenzenlosen Habgier und Ignoranz so mancher Machthaber erzählt. Der Rhythmus wühlt auf. Im Hintergrund ist Edward Snowdens Stimme zu hören. Eine gesunde Portion Zorn schwingt hier mit und der steht den Hanseaten richtig gut. Die kraftvollen Riffs erden das Stück.

    Verspielte Klänge und politische Lyrics

    "Excommunication" beginnt Post-Rock typisch leicht und harmonisch, um anschließend zu verspielten Klängen aufzubrechen. Schlagzeug setzt ein. Der Song hält mit Piano-Einsatz und Tempo-Wechseln Überraschungen bereit. Einem dramatischen Höhepunkt folgt ein abrupter Schlussakkord, der die Vorfreude auf die letzten beiden Songs auf der Platte noch ein bisschen vergrößert.

    Von wirbellosen Männern ist im nächsten Song die Rede. Mir gefallen die schrägen Gitarrenklänge sehr. Ich höre ein paar Post-Punk Andeutungen raus. Ich denke, dass "Man Is Invertabrate" mein Lieblingsstück auf der Scheibe ist. Mag ich! Bitte unbedingt laut hören!

    Das Finale heißt "Souls" und besitzt wirklich sehr viel Seele. Auch hier wurden wieder verschiedene Stilrichtungen gekonnt verwoben. Ich liebe das Klavier und der Gesang ist in diesem Stück einfach nur wunderbar und großartig! Heraus kommt ein geschmackvolles Stück Musik, das ich nur allzu gerne live hören möchte. Hoffen wir, dass der Kulturbetrieb bald wieder losgeht und Vandemonian auf Tour gehen können!

    Fazit

    Insgesamt ist das Debüt von Vandemonian sehr gelungen. Die Lyrics sind durchaus politisch und der Sound eine perfekte Mischung aus roher Live-Aufnahme und ausgefeilter Studio-Arbeit. Die LP wandert auf jeden Fall in meine Sammlung und über die Band werdet Ihr an dieser Stelle sicher noch häufiger lesen.

    Den Bass hat für "Xenophilia" hat Alexander Steininger eingespielt. Inzwischen ist Ben Feddersen der feste Bassist der Band. Das Cello, das auf der Platte hier und da zu hören ist, gehört zu Fabian Josten. Die initialen Live-Aufnahmen für das Album haben Nick & Co. im Hamburger Soundhafen gemacht. Gemastert hat die Platte Fabian Tormin bei Plätlin Mastering Hamburg. acTVism Munich hat die Snowden Soundschnipsel für "National Insecurity" zur Verfügung gestellt. Der mystische Bandname bedeutet übrigens soviel wie "Einheimischer oder Bewohner von Van Diemen's Land". Das ist das heutige Tasmanien.

    Drei Stücke von "Xenophilia" stehen bei den Streaming-Diensten schon heute zum Hören bereit. Ich habe Euch hier einfach mal die Videos dazu angefügt.

    "Jack Ketch"

    "Excommunication"

    "Razumikhin"

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