Thrash Metal und Veganismus
Interview mit Triskelyon Gründer Geoff Waye
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Viele der Lyrics des kanadischen Thrash-Metal-Projekts Triskelyon drehen sich um Veganismus. Fans des Genres lieben es für den gekonnten Mix aus Euphorie und Verzweiflung und das Spiel mit Freude und Horror. Das aktuelle Album "Shattered Elysium" ist im September 2024 erschienen. Als mich Bandgründer Geoff Waye kontaktierte, bat ich ihn spontan um ein Interview, das ich heute mit Euch teile.
Anne: Hi! Danke, dass Du Dir die Zeit für das Interview nimmst! Es ist so schön, mit Dir zu sprechen! Wie geht es Dir heute?
Geoff: Danke für die Einladung! Abgesehen von der gruseligen Atmosphäre auf der Welt geht es mir ganz gut.
Anne: Du hast "Shattered Elysium" im September 2024 veröffentlicht. Wie war das Feedback bis jetzt?
"Ich arbeite schon wieder an einem neuen Album!"
Geoff: Das Feedback war, genau wie bei den vorangehenden Veröffentlichungen, weitestgehend positiv, was schön ist. Es ist nach wie vor hart, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen oder in größeren Publikationen erwähnt zu werden, aber es wird. Obwohl die meisten Künstler*innen mehr Menschen erreichen möchten, kreieren viele von uns ihre Kunst einfach, weil sie sich dazu getrieben fühlen – egal, wie die Resonanz darauf ist.
Anne: Der Start des neuen Jahres lief also soweit gut für Triskelyon? Wie sehen Deine Pläne für die nächsten Monate aus?
Geoff: Ich arbeite schon wieder am nächsten Triskelyon Album. Ich habe bis jetzt sechs Songs geschrieben, aber ich bin mit den Lyrics bisher nicht besonders weit. Ich werde den Rest des Winters damit verbringen, damit ich das Album bis zum Frühling fertig habe.
Anne: "Shattered Elysium" ist Dein drittes Album. Was hat sich seit dem ersten ("Downfall", 2022) verändert – musikalisch und für das Projekt?
Geoff: Aus meiner Sicht hat sich nicht viel verändert, aber ich habe das Gefühl, dass die Alben schrittweise härter geworden sind. Die Hörer*innen können wahrscheinlich am besten sagen, was sich verändert hat (lacht).
Anne: Einige Deiner Lyrics handeln vom Veganismus. Willst Du mir ein paar davon nennen? Wovon genau handeln diese Stücke?
Geoff: Der Hauptsong, der zu 100 Prozent vom Veganismus handelt, ist "Indifference". Weitere Songs, die das Thema berühren, sind "Sealed Hypocrisy" und "Wilful Ignorance". In "Sealed Hypocrisy", sind "Sanctimonious poseur, waving that flag, wearing of skins" und "wrapped up in death" die Zeilen, in denen es um das Thema geht. Es geht um Heuchelei im Allgemeinen und spezifische Beispiele verstecken sich im Text. Der Song "Indifference" handelt hingegen direkt vom Veganismus und die Lyrics sprechen für sich. Du kannst sie an dieser Stelle einfügen, damit Deine Leser*innen sich damit beschäftigen können. Für mich persönlich sind es meine bisher bedrückendsten Lyrics:
"Indifference"
"Worse than hate is your indifference to their fate.
A living grave to those murdered, to those enslaved.
Blind eyes, wilfully turn, ignorant, and unlearned.
No regard for the plight of the defenceless billions.
Selfish pleasure gratification leads to damnation.
Traditions of death, to you, I must confess.
There can be no peace amidst this ongoing cruelty.
With heads and sand, a blurred visual acuity,Chorus:
Endless excuses with no compromise.
A death industry riddled with lies.
Not for survival, just for the thrill.
Rounding them up to be slaughtered and killed.
Barely evolved from the slime you once swam.
Your kingdoms' to dust your legacy is damned.Imprisoned in shackles, feasting like jackals.
Chewing on brains, slack-jawed insane.
A grotesque pastime cut down in their prime.
Pallet pleasure, mindless, weak and spineless.
Impulsive, barbaric practice is normalized.
Abomination obscured, mankind not matured.
Blood sports, inhumane, entrenched in games.
Death industries, war. Hear my defining roar."
Anne: Was haben Thrash Metal und Veganismus gemeinsam?
Geoff: Ich mag die Tatsache, dass Thrash Metal häufig eine soziale oder politische Message hat. Natürlich gibt es ein paar Bands, die mehr über fiktionale Themen singen, aber das finde ich auch okay. Allerdings mag ich Kreator, Testament und Sacred Reich, die gesellschaftskritisch sind und auch über Umweltthemen schreiben, schon besonders gut. Ein Thema wie Veganismus eignet sich in meinen Augen so hervorragend für Thrash-Texte, weil es um Ungerechtigkeit, die Umwelt, Heuchelei usw. geht.
Anne: Wann hast Du Dich dazu entschieden, vegan zu leben und was hat Dich zu dieser Entscheidung geführt?
"Nachdem ich 'Vegucated' gesehen hatte, hörte ich sofort auf, Fleisch zu essen"
Geoff: Ich habe mir 2011 die vegane Doku "Vegucated" angeschaut. Ich habe sie mir nicht mit dem Wunsch, danach vegan zu leben, angeschaut. Ich war nur neugierig. Sofort danach habe ich aufgehört, Fleisch zu essen. Ich habe dann auch angefangen, die Eier und irgendwann auch den Käse aus meiner Ernährung zu streichen. An dieser Stelle auch ein Shoutout an meinen Freund Jo Blackened, der damals anfing, Infos über den Veganismus online zu teilen, was mir sehr geholfen hat. Der Hauptgrund dafür, dass ich mich für den Veganismus entschieden habe, ist, dass ich es hasse, Tiere grundlos leiden zu sehen, vor allem, wenn eine vegane Ernährung gesünder ist und heutzutage sehr einfach ist. Im Jahr 2011 war es noch etwas schwieriger, aber seitdem hat sich die Auswahl dramatisch vergrößert.
Anne: Du hast die Songs auf "Endgame Euphoria" mit Künstlern wie Amanda Kiernan (Into Eternity, The Order of Chaos), Eric Forrest (E-Force, ex-VoiVod), Tiina Teal (Détente), Amanda Jackman (Category VI), Armin Kamal (Infrared), Dale Drew (Sea Dogs), Fíochmhar (Artach), Des Mason und Pete Healey, Raul Marques (Burning Torment), Dwayne Pike, Keith Jackman (Kategorie VI), Rick White, und Darrin Pope. Teilen sie auch Deine Ansichten zu Themen wie Tierrechte und Veganismus? Wie sehen das Deine anderen Bandmitglieder?
Geoff: Ich habe sie nicht wirklich gefragt. Ich weiß, dass es für einige von ihnen kein Thema ist, über das sie nachdenken. Und da Triskelyon eine Projektband ist, sind meine Interaktionen mit einigen der Leute nur auf einer musikalischen Ebene und nicht persönlich.
Anne: Warum glauben so viele Menschen, dass es einen Unterschied zwischen einem Hund und einer Kuh, einer Katze und einem Huhn gibt?
Geoff: Ich denke, es ist eine Mischung aus kultureller Indoktrination und kognitiver Dissonanz. Manche werden so erzogen, dass sie denken, ein Hund/eine Katze sei ein Haustier und ein Huhn/Schwein/Kuh sei nur zum Verzehr da, und ihre Kultur bestärkt sie darin. Manche wissen, dass sie genauso intelligent sind und unsere Fürsorge verdienen wie herkömmliche Haustiere, aber sie denken nicht gerne darüber nach, weil es ihnen unangenehm ist. Und dann gibt es noch die Menschen, die einfach gefühllose, mörderische Psychopathen sind (lacht).
Anne: Ich kann mir vorstellen, dass Du mit Deiner starken Stimme und Deiner Reichweite schon viele Menschen davon überzeugen konntest, vegan zu leben. Würdest Du Dich als Vegan-Aktivistin bezeichnen und hast Du das Gefühl, dass die Leute ihre Ansichten überdenken, wenn sie Deine Songs hören und Dich treffen?
Geoff: Ich betrachte mich nicht als Aktivist. Ich habe keine Probleme damit, den Leuten zu sagen, was ich darüber denke, warum es der richtige Weg ist, vegan zu leben, aber ich bin auch niemand, der mit den Menschen über Dinge streitet, die sie nicht hören wollen. In einigen meiner Texte tue ich das und lasse das die Stimme und die Ebene des Aktivismus sein, die ich gebe. Wenn es eine Person zum Nachdenken anregt und eine Veränderung bewirkt, dann ist das großartig!
Anne: Der Veganismus ist in der Musik(Metal)-Szene und Subkultur weitverbreitet. Während es sonst vielleicht zwei bis drei Prozent der Leute sind, sind es hier eher 15. Wie erklärst Du Dir das?
Geoff: Ich bin mir nicht sicher, wie hoch der Anteil der Metalheads ist, die vegan leben. Ich weiß aber, dass einer meiner musikalischen Held*innen vegan leben, darunter auch Mille Petrozza von der deutschen Thrash-Band Kreator. Wenn es also in der Metal-Gemeinde einen höheren Prozentsatz an Veganern gibt als in der "normalen" Bevölkerung, bin ich mir nicht sicher, worauf ich das zurückführen würde. Vielleicht hat es etwas mit der rebellischen Natur des Metals und dem Herausfordern akzeptierter Normen zu tun. Vielleicht liegt es auch daran, dass man über manche Themen tiefer nachdenkt, denn viele Metal-Texte sind kein typisches bedeutungsloses Pop-Gefasel (lacht).
Anne: Dein Song "Endgame Euphoria" ist eine Kritik an der Fixierung der heutigen Medien auf schlechte Nachrichten und der morbiden Faszination der Menschen, Katastrophen zu beobachten. Wenn Du mich fragst, ist das eines der erschreckendsten Themen unserer Zeit. Wie erklärst Du Dir das?
"Ich mag es, dass Thrash Metal häufig eine soziale/politisch Komponente hat"
Geoff: Während die Nachrichten in den vergangenen Jahren fast durchweg schlecht sind, hat man das Gefühl, dass es in letzter Zeit mit Kriegen und der Ablehnung von Wissenschaft und Rationalismus noch viel schlimmer geworden ist. Wenn der Umgang mit Menschen, die anders sind als man selbst, als schwach angesehen wird, dann weiß man, dass die Menschheit insgesamt ziemlich im Arsch ist.
Anne: Schlechte Nachrichten sind im Moment wirklich allgegenwärtig. Es gibt die Nachrichten im Fernsehen, im Internet, auf TikTok und all den anderen Plattformen. Wie schafft man es am besten, auf dem Laufenden zu bleiben, ohne den Verstand zu verlieren? Woher weißt Du, wann es Zeit ist, eine Pause zu machen?
Geoff: Es wird immer schwieriger, ruhig zu bleiben und vernünftig zu denken, wenn etwa Dein Nachbarland über eine Annexion spricht und Dein Land zu seinem 51. Staat machen möchte. Ich schaue mir täglich die Nachrichten an, aber es ist nicht gesund, sie den ganzen Tag zu konsumieren. Es ist auch gut, sich einen Tag oder ein Wochenende lang mal ganz davon zu befreien und einfach mal abzuschalten. Wenn man sich überfordert fühlt oder nur noch müde ist, ist es definitiv an der Zeit, eine Pause einzulegen, denn den ganzen Tag die Nachrichten auf sich einprasseln zu lassen, ist nicht gesund. Man sollte sich dann am besten mit etwas anderem ablenken. Für mich ist es das Schreiben von Musik und Texten mit einer Botschaft, die mir helfen, dass es mir in solchen Momenten wieder besser geht.
Anne: Ich möchte mehr über Deine Einflüsse erfahren. Gibt es Bands oder Musiker, die Dich im Laufe der Jahre mit ihrer Musik begleitet haben und deren Stil Deine Musik geprägt hat?
Geoff: So viele... Zu viele, um sie alle aufzuzählen. Ich denke, für die Triskelyon Sachen kommen meine Einflüsse vor allem von Bands wie Kreator, Sacrifice, Forbidden, Testament, Metallica, Megadeth usw. Sie haben mich einfach am meisten beeinflusst.
Anne: Du bist auch der Gitarrist von Artach und Category VI. Hat die Arbeit mit diesen Bands die Musik von Triskelyon beeinflusst?
Geoff: Nicht wirklich. Ich sehe die Sachen von Kategorie VI als eher melodisch – mit einem Hang zum klassischen Heavy Metal, Power Metal und einem Hauch von Thrash Metal. Artach ist hingegen eher roh und wild. Es gibt hier und da Black- und Thrash-Metal-Anklänge.
Anne: Du hast die Tradition, Deine Alben immer mit der Cover-Version eines großartigen Songs zu schließen. Für "Shattered Elysium", hast Du Dich für Duran Durans "Hungry Like the Wolf" entschieden. Was hebt dieses Stück von all den anderen Liedern auf der Welt ab?
Geoff: Natürlich ist es einer ihrer bekanntesten Songs. Aber für mich geht es bei der Auswahl eines Covers nicht so sehr darum, wie der Song in der Welt dasteht, sondern was er für mich auf meiner persönlichen musikalischen Reise bedeutet. Duran Duran war eine Band, die ich als Kind geliebt habe – bevor ich den Weg zum Heavy Metal gefunden habe. Und ja, ich liebe sie immer noch – auch heute noch.
Anne: Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für meine Fragen genommen hast! Es war mir eine Ehre, Dich als Gast zu begrüßen!
Geoff: Die Ehre ist ganz meinerseits. Danke, dass Du Dich mit mir über meine Musik und die Message dahinter unterhalten hast!