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    Sirens Call

    Postmoderne Sci-Fi-Doku feiert Premiere

    Filmtipp von Anne
    27.02.2025 — Lesezeit: 4 min
    Sirens Call
    Bild/Picture: © Sirens Call

    Eine Sirene in einem menschlichen Körper erkundet in "Sirens Call" die postmoderne Gegenwart auf einem austrocknenden, sterbenden Planeten und beschäftigt sich mit Überleben, Identität und Zugehörigkeit. Das Si-Fi-Doku-Debüt von Miri Ian Gossing und Lina Sieckmann feierte seine Premiere auf der diesjährigen Berlinale.

    Angekündigt wurde das Werk jetzt ganz aktuell von der preisgekrönten Produktionsfirma filmfaust. Auf der Berlinale wurde er in der Sektion Forum präsentiert. "Sirens Call" ist der erste Langfilm des Regieduos Miri Ian Gossing und Lina Sieckmann. Er spielt in einer Merfolk-Subkultur, die geprägt ist von politischem Aktivismus und Selbsterhaltung. Gemeinsam mit der Social-Justice-Aktivistin, Traumapsychologin und Real-Life Mermaid Una (Gina Rønning) aus Portland, Oregon haben sich die beiden Filmemacherinnen auf einen fiktionalen Roadtrip begeben. Dabei ist eine Mischung aus Science-Fiction und Dokumentarfilm und Statement zu Körperpolitik, kollektiven Traumata und dem Streben nach einer lebenslanger Transition entstanden.

    Der Film ist geprägt von seiner empathischen Erzählform, die das Publikum langsam in die Spannungen zwischen der postmodernen Realität und der Mythologie der Sirenen einführt. Themen wie die allgegenwärtige Ökokrise, queere und Transidentitäten, die Herausforderungen, die eine utopische Gemeinschaft mit sich bringen und Zugehörigkeit im Allgemeinen kommen dabei nicht zu kurz. Auch die aktuelle politische Lage in den USA schimmert immer wieder durch.

    "Sirens Call" reflektiert das menschliche Bedürfnis nach Verbindung inmitten einer sich immer weiter entfremdenden Gesellschaft und zeigt dabei die Kraft der Veränderung, die Wichtigkeit, marginalisierte Stimmen ausreden zu lassen und zu hören, um eine mitfühlende Zukunft zu erreichen. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion, Biografie und Erinnerung immer weiter und werden zu einem in sich sehr stimmigen Großen Ganzen.

    Miri Ian Gossing und Lina Sieckmann haben ihren Film mit filmfaust in Zusammenarbeit mit SCHALTEN UND WALTEN (dem Künstler- und Produktionskollektiv von Gossing & Sieckmann) sowie den Koproduktionspartnern Elbe Stevens Films (Niederlande) und ZDF/Das kleine Fernsehspiel produziert. filmfaust ist Euch möglicherweise schon von "Oray" (Gewinner des Berlinale Best First Feature Awards 2019) oder "Love", DEUTSCHMARKS AND DEATH (Panorama Publikumspreis der Berlinale 2022) ein Begriff. Das sagt filmfaust-Produzent Claus Herzog-Reichel zu der Zusammenarbeit:

    "Bei filmfaust glauben wir fest daran, dass faire mediale Repräsentation und die Freiheit des Selbstausdrucks entscheidend für eine lebendige Gesellschaft sind. Unsere Filme erzählen Geschichten, die neue Perspektiven auf politische, soziale und menschliche Themen eröffnen und als Gegenpol zu eingefahrenen Narrativen dienen. Unsere Projekte sind Einladung für kontroverse Begegnung mit dem Ziel, gelebte Vielfalt als Stärke zu feiern und dabei setzen wir gleichwohl auf höchste filmische wie ästhetische Qualitäten.

    SIRENS CALL bringt diese Werte auf den Punkt – sowohl in seiner Botschaft als auch in seiner filmischen Umsetzung. Mit Syndicado haben wir den idealen Partner gefunden, um diesen Film einem globalen Publikum zugänglich zu machen."

    Darum geht es in "Sirens Call"

    Die nomadische Sirene Una kehrt auf eine von Krisen gebeutelte Erde zurück – in menschlicher Form. Während sie versucht, Kontakt zum Mer-Folk aufzunehmen, wird sie mit den komplexen Spannungen zwischen der Welt Mythologie und der postmodernen Realität, die sie umgiebt, konfrontiert.

    Sie fühlt sich fremd in ihrem menschlichen Körper und das Atmen an Land fällt ihr immer schwerer. Während ihr Körper immer mehr danach strebt, mehr als menschlich zu sein, beschäftigt sich Una mit den konventionellen Ideen von Biografie, Identität und Zugehörigkeit in den Vereinten Staaten und hinterfragt diese zunehmend. Die Regisseur*innen Miri Ian Gossing und Lina Sieckmann erzählen:

    "SIRENS CALL ist ein Hybrid aus Science-Fiction und Dokumentarfilm, der uns über sieben Jahre begleitet hat, seit wir zum ersten Mal von einer Subkultur in Portland, Oregon, hörten, die sich als 'Mer-Folk' identifiziert. Ihre Mer-sona war keine Verkleidung in Silikonflossen, sie lebten diese Identität auch im Alltag. Als wir 2017 zum ersten Mal 'Una the Mermaid' trafen – eine Traumapsychologin und Aktivistin für Social Justice in ihrem zivilen Leben – spürten wir sofort eine besondere Verbindung und ein tiefes Verständnis. Una und ihr Kollektiv verkörperten all das, was wir uns lange für unsere Sirenenfigur vorgestellt hatten: eine Figur, die interdisziplinäres Wissen vereint, Verbindungen zwischen Mensch, Natur und Maschine schafft und nach neuen Wegen des Zusammenlebens mit sich selbst und der Welt sucht. In 'Sirens Call' wandelt Una als rastloses Wesen durch eine Welt, die immer fremder wird – selbst das Atmen ist in ihr zur Ware geworden - Welcome to the BREATHE-Bar.

    Historisch gesehen wurden Sirenen oft in männlich dominierten Erzählungen gefangen – stumm und abhängig von der Liebe eines Mannes. Unsere Neuinterpretation bricht mit diesen Mustern und spiegelt den Zustand unserer Welt wider, von der Klimakrise bis hin zu politischen Unruhen. Unas Existenz ist liminal – weder ganz Fisch noch ganz Mensch, weder Frau noch Mann, sondern etwas Anderes, Dazwischenliegendes. Es war uns wichtig, unseren Intuitionen zu folgen und einen offenen, gemeinsamen Prozess zu schaffen, in dem Traum, Magie und Fiktion neben den basalen Alltagserfahrungen in den heutigen USA koexistieren können."

    Miri Ian Gossing und Lina Sieckmann – die Filmemacherinnen

    Die Künstler*innen Miri Ian Gossing und Lina Sieckmann arbeiten seit 2012 unter anderem als Regieduo zusammen. Seit ihrem Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln und der Kunstakademie Düsseldorf bannten sie zahlreiche Filme auf 16mm. Ihre Leidenschaft ist es schon immer, Dokumentarisches, Fiktion und Found Footage geschickt miteinander zu verbinden.

    Künstlerisch beschäftigen sie sich zudem mit der Erforschung von Themen wie Hauntologie, traumatisierten Landschaften und Queer Sensibilities. Bekannt für ihre intensive Recherche und Auseinandersetzung mit subkulturellen Gemeinschaften und Individuen, fokussieren sie sich besonders auf liminale Räume und heimgesuchte Landschaften, die von Sehnsucht, Angst und Begehren geformt werden.

    Ausgezeichnet wurde das Duo, das in Köln. und Portland arbeitet, unter anderem bereits mit dem Deutschen Kurzfilmpreis in Gold sowie dem Wim-Wenders-Stipendium. Auf der Berlinale werden sie sowohl im Kunstkontext als auch beim Festivals präsentiert. Ihr könnt sie unter anderem am Hamburger Bahnhof im Museum für Gegenwart, auf dem Internationalen Film Festival Rotterdam, im Image Forum Tokyo sowie in den Anthology Film Archives in New York City finden. Seit 2019 kuratieren sie außerdem das KölnerBlonde Cobra Festival for Queer and Experimental Cinema.

    © 2025 · soundsvegan.com · Anne Reis