Black Swan – "From the End of Time"
13 Songs zum Abtauchen

"From the End of Time" von Black Swan fühlt sich vollständig und umfassend an – wie eine tiefe Erinnerung an eine vergehende Welt. Das Album ist vollgepackt mit verzerrten Klavier-Echos, spannenden Chor-Parts und Tape-Loops, die knistern wie verblassende Gedanken. Als würde man versuchen, mit all dem Schlechten da draußen fertigzuwerden.
Das neueste Werk von Black Swan entfaltet sich wie eine cineastische Fahrt durch die Überreste von etwas einst Pompösem. Und das funktioniert so viel besser als eine lose Sammlung einzelner Songs! Das Gesamtwerk lebt von der erhabenen Schwere klassischer Stücke. Eine bedrückende und allgegenwärtige dystopische Unruhe verstärkt dieses Gefühl und verbindet es mit der dennoch immer sanft bleibenden Grundstimmung.
Wie schon der Vorgänger "Like Ghost" (2024) erzählt dieses Album eine Geschichte – ohne diese aufzudrängen. Die 13 Songs entfalten sich in einem hypnotischen Tempo, führen beim Hören durch bedrohliche Klangflächen, antik angehauchte Tape-Loops und das ferne Grollen zerfallender Maschinen. Dabei besitzt "From the End of Time" einen beständigen Herzschlag – schwach, aber unaufhaltsam, pocht er durch den Staub wie eine sich von rotem Smog immer weiter verdunkelnde Sonne.
Klassische Elemente treffen auf eine perfekt inszenierte Dystopie
"Overture" & "Dust"
Der erste Track, "Overture", beginnt mit einem ergreifenden Choral. Danach folgt eine filmische, Lynch-eske Passage, bevor das Stück wieder in den Nebel gleitet und die Hörenden ratlos im Unbekannten zurücklässt.
Es folgt "Dust" mit einem geisterhaften Orgelmotiv, das wie eine flackernde Kerze wirkt – als wollte es den Traumzustand beenden, ohne die Träumenden jedoch wirklich aufzuwecken. Die erste Hälfte des Albums fühlt sich an wie das Durchqueren eines dichten Nebels, auf der Suche nach Klarheit, während sich irgendwo im Hintergrund etwas Bedrohliches zusammenbraut.
"Pseudotruth" & "New Gods"
In der Mitte der Platte steigert "Pseudotruth" das unterschwellige Unbehagen – ein mechanischer Loop erwacht zum Leben, getragen von den Überresten einer körperlos wirkenden Stimme, die im Rauschen begraben wirkt und sich in der Übertragung verliert. "New Gods" dreht das Skript anschließend um: Ein nervöses, automatisch anmutendes Klaviermuster tanzt über die Trümmer, bevor es sich in das unheimliche Klingeln verrosteter Windspiele auflöst, als würde es die Geister einer vergangenen Welt heraufbeschwören.
Auch, wenn sich das jetzt hier vielleicht so liest: Black Swan spielen längst nicht nur mit dem Klang – unter der Oberfläche ihrer Musik brodelt eine tiefere Kritik: Die Beobachtung über den Verfall der menschlichen Vernunft, den blinden Konsum, das schleichende Sterben unabhängigen Denkens.
"Endless Infinite"
Trotz der Traurigkeit steckt in diesen 13 Songs auch ein wunderbarer und tröstlicher Zauber. Spürbar ist das zum Beispiel in "Endless Infinite". Das sechste Stück auf "From the End of Time" bringt Akkorde aus einer anderen Welt mit, die über warmen Bass-Drone-Sounds schweben. Ein kurzer Moment der Ruhe, während sich die düstere Erzählung weiter entfaltet.
"Wings of Oblivion" & "A Broken Hope"
Auch "Wings of Oblivion" und "A Broken Hope" sind von bittersüßer Melancholie geprägt. Der Sound zwingt auch hier zum Nachdenken: Stehen wir vor der Erlösung oder doch nur vor einer weiteren Illusion? Schwerelose Harmonien treiben durch Schichten von Tape-Rauschen und führen zum emotional intensivsten Teil des Albums. Am Ende scheint Erlösung keine Option mehr zu sein – der Wind wird rauer, die Zahnräder stoppen, der Himmel erstickt im Ruß.
"Nightlands" & "Lost Futures"
Kurz vor Schluss hüllt "Nightlands" in eine erstickende Dunstwolke aus Gasmasken-Atemzügen und trostlosen Harmonien – ein letztes Einatmen vor dem Abgrund. "Lost Futures" schließt das Album schließlich auf eine ambivalente und zugleich runde Weise. Man bleibt zurück, sitzt in den Trümmern und denkt über den schleichenden Zerfall von etwas einst Wertvollem nach. Ein harter Schlag in die Magengrube – keine saubere Auflösung, nur ein gespenstischer Nachhall, der lange nach dem letzten Ton bleibt.
Dieses Album ist nichts für Menschen, die nach einem entspannten Soundtrack zum Abschalten suchen. Aber wenn du Lust auf eine immersive Reise durch Verfall und Wiedergeburt hast, verpackt in einige der wohl schönsten Klanglandschaften dieses Jahres, dann ist From the End of Time ein absolutes Muss. Ein echtes Meisterwerk.