"As The Love Continues" von Mogwai auf Platz 1 in England
Die Musik der Introvertierten in den Charts
Mogwai ist mit ihrem neuen Album "As The Love Continues" etwas gelungen, das keine Post-Rock-Band zuvor geschafft hat: Sie sind mit der Platte auf Platz 1 der britischen Charts gelandet.
Letzten Freitag gab es für die Post-Rock Pioniere eine schöne Überraschung. Nachdem sich schon tags zuvor abgezeichnet hatte, dass es passieren könnte, wurde "As The Love Continues" zum Nummer-1-Album gekürt".
Auf ihrem Instagram-Account bedankten sich die Schotten bei ihren Fans:
"Vielen Dank an alle, die diese Woche 'As The Love Continues' gekauft haben. Es ist unglaublich, dass unser Album in England auf Platz 1 ist! Wir sind so dankbar für Euren Support!"
Unter den Gratulant*innen waren neben den Abbey Road Studios sämtliche Post-Rock-Projekte und unzählige Fans.
Mogwai und das Post-Rock Wunder
Es ist wie ein kleines Wunder, dass "unsere geliebte Musik-Nische" ein Nummer-1-Album hervorgebracht hat. Natürlich kann man jetzt auch sowas sagen wie "Wir wollen keinen Mainstream in unserer intimen Clique". Allerdings finde ich viel mehr, dass man sich freuen sollte, dass es mal wieder eine alternative Band in die Charts geschafft hat. Es ist ein Triumph für den guten Geschmack.
Und sind wir doch mal ehrlich: Gerade in der heutigen Zeit haben wir alle etwas Stabiles, auf das wir uns verlassen können, bitter nötig. Und genau das bieten Mogwai: Schockierend gute Musik seit 1995. Da Beste daran ist: Man hört sie am besten laut. Ohne dabei zwingend in Gruppen tanzen zu müssen. Denn das ist ja schließlich im Moment verboten.
Instrumentaler Post-Rock – die Musik der Introvertierten trifft also den Puls der Zeit. Zwischen Lockdowns und Feierverboten ist sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Alleine zu Hause mit Kopfhörern vor sich hinzuträumen ist das neue Cool.
Die Post-Rock Welt wird verständlicher
Mogwai haben es also mit "As The Love Continues" ein Stück weit geschafft, "unseren Kosmos" verständlicher zu machen. Sie fungieren als Babel Fish zwischen der lauten und schnellen Welt da draußen und jenen ruhigen Menschen, die lieber wissend nicken, als lange Vorträge zu halten. Wer weiß: Vielleicht schaffen sie es damit, uns allen das Leben ein kleines bisschen erträglicher zu machen.
Den von einigen befürchten schrill blinkenden Mainstream Hype um Post-Rock werden sie damit sicher nicht ausgelöst haben. Und wenn es ein paar der schrecklich unterschätzten Bands, die "wir" so lieben ein paar Tantiemen in die Taschen spült, ist das doch ein wundervoller Nebeneffekt.
Sollten die Menschen mehr Post-Rock hören?
Ich möchte an dieser Stelle gerne Mark Owen von We Lost The Sea zitieren. Er beantworte meine Interview-Frage "Sollten mehr Leute Post-Rock hören?" so:
"Ja! Bitte kauft unsere Platten, damit ich weiter auf Tour gehen kann! Wie Phoebe Bridgers gesagt hat: 'Das Einzige, was schlimmer ist, als Touren, ist nicht zu Touren'. Ehrlich gesagt glaube ich aber, dass viele Leute Post-Rock hören, ohne es zu ahnen. So viele Filme, Fernsehsendungen usw. verwenden Post-Rock-Musik und die Leute konsumieren sie, ohne es aktiv zu wissen. Wenn wir nur fünf Prozent der Menschen auf die Bands aufmerksam machen können, die sie hören, wäre das Leben für viele Bands komplett anders."
Von Lost in Kiev bekam ich eine ähnliche Antwort:
"Sicher! Die Art und Weise, wie Post-Rock in Deine Seele eintaucht und dich kraftvolle Dinge fühlen lässt ist doch fantastisch – jeder sollte ein Post-Rocker sein!"
Jakob von Oh Hiroshima sagte mir:
"Auf jeden Fall! Die Leute sollen hören, was sie hören wollen aber es gibt sicher eine Menge Leute da draußen, denen das Genre sehr gefallen würde, wenn sie ihm eine Chance geben würden."
In der Vergangenheit haben es alle paar Jahre alternative Bands in die Charts geschafft. Bekannte Beispiele sind hier zum Bands wie Oasis, Blur und Pulp, die mit ihrem Übernacht-Erfolg die Brit-Rock(Pop) Ära in Gang setzten. Ähnlich lief es mit Nirvana und der Grunge Szene ab. Bands, die schon viele Jahre Musik machten, tauchten plötzlich ohne Vorwarnung aus dem Untergrund auf und zogen Millionen von Fans an. Vor ihnen waren es Künstler*innen wie Lou Reed oder Bob Dylan.
"As The Love Continues" spiegelt den Zeitgeist wider
All diese Musiker*innen vereint eins: Mit ihren Songs haben sie es geschafft, den jeweiligen Zeitgeist exakt widerzuspiegeln. Und das ist Mogwai mit "As The Love Continues" im Jahr 2021 wieder gelungen – und das ganz ohne Worte.
Ihr wollt wissen, wie das Album ist? Für mich ist es ganz klar eines der besten, die Mogwai bisher veröffentlicht haben. Ich kann Euch nur raten, es zu hören. Ihr verpasst sonst vielleicht die Platte des Jahres.