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    Oh Hiroshima

    "Die Drums haben wir in einer Kirche aufgenommen"

    Interview von Anne
    27.06.2020 — Lesezeit: 7 min
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    Oh Hiroshima

    Wer schwedischen Post-Rock liebt, kommt an Oh Hiroshima nicht vorbei. Ich hatte jetzt das Glück, die Band bei einem Interview mit Sänger Jakob besser kennenzulernen.

    Erst im Dezember haben Oh Hiroshima ihr aktuelles Album "Oscillation" fertiggestellt. Darauf verknüpfen die Soundkünstler gekonnt abstraktes Gitarrenspiel mit elektronischen Klängen. Perfektioniert wurde das Werk von Producer und Cult Of Luna Drummer Magnus Lindberg.

    Anne: Hej Jakob! Danke, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Ich bin sehr gespannt, mehr über Euch zu erfahren. Wie geht es Euch? Wie ist die Situation in Schweden? Im Moment passiert ja weltweit ganz schön viel. Es scheint, dass uns Corona alle im Griff hat...

    "Die Zeit wird zeigen, ob Schwedens Strategie richtig war"

    Oh Hiroshima

    Jakob: Hej! Danke auch Dir! Uns geht es gut, auch wenn alles im Moment etwas anders ist durch die ganze COVID-Situation. Schweden hat natürlich auch damit zu tun, aber die Regierung fährt eine etwas andere Strategie, als die meisten Länder. Es hat bei uns nie einen Lockdown oder etwas in der Art gegeben. Bei uns gibt es grundsätzlich viel Vertrauen in die Autoritäten. Sie haben das Konzept mit diesem Gedanken im Hinterkopf ausgearbeitet, denke ich. Es gab hier neben umfassenden Empfehlungen und Vertrauen in die soziale Verantwortung jedes Einzelnen nur ein paar kleinere Regulierungen. Ob diese Strategie vorteilhaft ist, wird die Zeit zeigen, denke ich.

    Anne: Die ganze Musikszene ist im Moment zu einer Pause gezwungen. Es gibt weder Festivals noch Konzerte. Wie verbringt Ihr Eure Zeit, statt auf Tour zu gehen?

    Jakob: Wir waren in den letzten Jahren keine besonders aktive Liveband. Aber wir waren gerade dabei, unsere Europatour für Mai und ein paar Konzerte davor und danach zu planen, als es losging. Alles wieder absagen zu müssen war natürlich eine herbe Enttäuschung für uns. Wir haben versucht, uns stattdessen einfach voll und ganz auf das Schreiben neuer Stücke zu konzentrieren.

    "Wir freuen uns auf das DUNK! Festival 2021"

    Anne: Ich hätte Euch eigentlich auf dem diesjährigen DUNK! Festival getroffen. Sehen wir uns dort nächstes Jahr?

    Jakob: Ja, das hoffen wir!

    Anne: Ich finde, das DUNK! ist eines des besten Festivals überhaupt. Wart Ihr schon mal dort?

    Jakob: Nein, keiner aus der Band war bis jetzt dort. Aber alles, was wir bis jetzt darüber gehört haben, klang wirklich gut.

    Anne: Gibt es bestimmte Post-Rock Events, die Ihr besonders gerne mögt?

    "Wir haben auf dem ersten VIVID gespielt"

    Oh Hiroshima

    Jakob: Ich bin nicht so vertraut mit vielen Post-Rock Events aber wir haben vor ein paar Jahren auf dem VIVID in Norwegen gespielt. Es war das erste Jahr des Festivals und es war wirklich großartig. Wir hatten eine gute Zeit dort. Es ist klasse, wenn uns Leute zuhören, die die Musik verstehen und zu schätzen wissen, was man zu tun versucht. Ich glaube, dass diese Art Events für alternativere Musikrichtungen mit einer kleineren Zuhörerschaft besonders wichtig sind.

    Anne: Warum habt Ihr Euch Hiroshima genannt?

    Jakob: Die Band war zuerst ein Solo-Projekt unseres ehemaligen Gitarristen Leif. Der Name war seine Idee. Ich glaube, er war auf der Suche nach etwas, das die Emotionalität, die Dramatik und Melancholie umschreibt, die Aspekte unserer Musik sind. Wir haben schon ein paar interessante Interpretationen gelesen, was unser Name bedeutet oder symbolisiert. Manche davon sind richtig lustig. Wie bei den meisten anderen Bands auch, ist es einfach das, wie man seine Band nennt. Man schenkt dem nicht mehr so viel Aufmerksamkeit.

    Anne: Eine Menge großartige Post-Rock-Bands kommen aus Schweden. Die Szene bei Euch ist faszinierend. Steht Ihr in Kontakt mit Bands wie Ef oder Lights & Motion?

    "Ef war eine der ersten Post-Rock-Bands für mich"

    Jakob: Ja, es kommen ein paar nette Bands aus unserer Nachbarschaft. Ich würde nicht sagen, dass wir vernetzt sind, aber wir stehen in Kontakt mit ein paar Leuten, mit denen wir gespielt haben. Feed Me To The Waves und Sagor Som Leder Mot Slutet zum Beispiel. Ef war eine der erste Post-Rock-Bands, die ich gehört habe, als ich anfing, mich für das Genre zu interessieren. Ich habe sie vor dem Release ihres Albums in Norrköping gesehen. Wir kennen sie aber nicht.

    Anne: Eure Musik ist sehr melodisch und vielseitig - jeder Song ist anders. Was inspiriert Euch beim Komponieren am meisten?

    Jakob: Danke! Genau das streben wir an. Daher ist es wirklich nett von Dir, dass Du das sagst. Ich glaube, es ist das, was wir uns selbst anhören und wovon wir zum Zeitpunkt des Schreibens fasziniert sind. Also, wenn wir zu Hause sitzen und and neuem Stoff arbeiten. Die Basis für den Großteil unserer Musik entsteht beim gemeinsamen Jammen im Proberaum. Wenn wir das tun, ist für der Moment das was zählt. Wir versuchen uns beim Spielen mit denen anderen zu verbinden und den Sound in eine gemeinsame Richtung zu treiben.

    Anne: Ich mag Euer aktuelles Album "Oscillation" sehr. Es hat so viele Highlights. Es ist für mich eine sehr ausgeglichene Kombination eingängiger Klangbäder. Gratulation dazu! Wie lange habt Ihr für die Aufnahme gebraucht?

    "In Summe haben wir das Album in zwei Wochen aufgenommen"

    Jakob: Vielen Dank! Ich freue mich, dass es Dir gefällt. Ich weiß nicht genau, wie lange wir gebraucht haben, weil wir es nicht komplett in einer Session aufgenommen haben. Wir haben zuerst in zwei oder drei Tagen das Schlagzeug aufgenommen. Das war in einer Kirche, die wir dafür gemietet hatten - mit hohen Decken und viel Holz für einen tollen Klang. Danach haben wir den Rest im Haus unseres Freundes Philip Saxin über mehrere Abende verteilt aufgenommen. Er hat mit uns auch schon an "In Silence We Yearn" gearbeitet. Er hat damals das ganze Ding für uns aufgenommen und abgemischt. Ein bisschen Piano haben wir auch im Konserthus in Örebo aufgenommen, wo Philip arbeitet. Ich würde sagen, dass wir in Summe etwas eine oder zwei Wochen aufgenommen haben - verteilt über ein paar Monate.

    Anne: Mein Lieblingsstück auf der Platte ist "Darkroom Aesthetics". Was ist die Geschichte des Songs?

    "Mein Schwiegervater hat die Trompete für 'Darkroom Aesthetics' gespielt"

    Oh Hiroshima

    Jakob: Ja, der ist wirklich nett geworden. Er ist tatsächlich aus einer alten Aufnahme in unserem Proberaum entstanden. Sie stammt aus der frühen Schreibphase für "In Silence We Yearn" vor sechs oder sieben Jahren. Ich habe das Stück in unserer Sammlung aus alten Proberaumaufnahmen entdeckt. Ich mochte es wirklich gerne und dachte mir, dass es sicher möglich wäre, es in einen Song für das neue Album zu verwandeln. Wir haben also angefangen, zusammen daran zu arbeiten und es hat wirklich gut funktioniert. Uns gefällt der Gedanke, einen Song auf dem Album zu haben, der etwas kürzer und direkter rüberkommt. Dieser schafft das finde ich gut. Mein Schwiegervater Anders Hemström, der in einem schwedischen Kammerorchester Trompete spielt, hat die Trompete eingespielt. Wir haben bisher noch nie Blasinstrumente für unsere Songs genutzt und es hat wirklich Spaß gemacht.

    Anne: Ihr hattet die Ehre, für "Oscillation" mit Magnus Lindberg von Cult Of Luna zusammenzuarbeiten. Er ist nicht nur ein großartiger Drummer, sondern ein echtes Producing-Genie. Er hat das finale Mastering für Euch übernommen, richtig? Wie war es, mit ihm zu arbeiten?

    "Magnus Lindberg von Cult Of Luna ist ein echter Profi"

    Jakob: Ja, das ist richtig! Also, es ging schnell und locker. Er ist ein echter Profi. Er hat wahrscheinlich schon über 100 Platten gemastert. Wir haben ihn einfach kontaktiert, um zu sehen, ob es für ihn möglich wäre, es zu machen und das war es. Als das Mixing abgeschlossen war, haben wir es ihm geschickt und er hat das Mastering in ein oder zwei Tagen erledigt. Ein netter Typ!

    Anne: Wer hat das Cello auf "In Solar" gespielt. Habt Ihr Euch etwa auch mit Jo Quail zusammengetan?

    Jakob: Keine Jo Quail dieses Mal (lacht). Es war tatsächlich meine Frau Ellen. Sie hat auch für unsere letzte Platte ein paar Sachen mit uns eingespielt. Es ist immer schön, ein paar Instrumente zu haben, die sich von den Gitarren, den Drums und dem Bass abheben. Als kleines Extra sozusagen. Ich habe es wirklich genossen, mit ihr gemeinsam zu komponieren. Es war toll, sie hier zu haben und mit ihr das Cello für diesen Track zu arrangieren. Sie hat auch im Stück "Moderate Spectre" mitgespielt.

    Anne: Euer letztes Album "In Silence We Yearn" ist 2015. Was hat sich seitdem geändert? Für Euch als Band und an Eurer Art Musik zu machen?

    "Unsere Art zu Arbeiten hat sich verändert"

    Jakob: Also ich würde sagen, dass es seit dem letzten Album zwei Haupt-Veränderungen gegeben hat. Die erste war, dass unser Gitarrist Leif die Band verlassen hat und die andere, dass wir unseren Vertrag mit Napalm Records unterschrieben haben. Ein Mitglied weniger in der Band zu haben, hat uns dazu gezwungen, unsere Art zu Schreiben und zu Arbeiten ein bisschen zu verändern. Als wir noch zu viert waren, konnten wir die kompletten Songs zusammen in unserem Übungsraum arrangieren. Zu dritt ist das etwas schwieriger.

    Wir hatten schon ein paar Songs mit Leif geschrieben, als er aufhörte, aber für den Rest der Songs habe ich das Arrangement bei mir daheim gemacht. Ich habe das gemacht, indem ich Demos von dem, was zu dritt im Proberaum komponiert hatten, aufgenommen und den Rest der Instrumente dann einfach hinzugefügt habe. Es ist komisch aber auch schön, dass wir andere Leute haben, die uns dabei unterstützen, unsere Musik rauszubringen.

    "Wir möchten uns gemeinsam vorwärts bewegen"

    Anne: Welche Bands haben Euch auf Eurem Weg am meisten beeinflusst?

    Jakob: Die Bands, die uns von Anfang an beeinflusst haben und uns dazu gebracht haben, Post-Rock zu spielen, waren mehr oder weniger klassische Post-Rock Acts wie EITS, Mogwai, Jakob und Russian Circles. Bands wie sie haben uns auf eine Art geholfen, unsere Richtung zu finden. Wir hatten aber nie irgendwelche ausgesprochenen Einflüsse um uns herum. Es kommt heraus, was herauskommt. Das hängt davon ab, was jeder einzelne von uns hört und welche Eindrücke man mitnimmt. Heute denke ich, dass niemand von uns mehr so viel Post-Rock hört. Es geht mehr darum, die verschiedenen Dinge, die wir mögen, in unseren Sound einzubringen und uns als gemeinsame Einheit vorwärts zu bewegen.

    Anne: Sollten mehr Menschen Post-Rock hören?

    "Die Leute sollten dem Post-Rock eine Chance geben"

    Jakob: Sicher! Die Leute sollen hören, was sie hören wollen aber es gibt sicher eine Menge Leute da draußen, denen das Genre sehr gefallen würde, wenn sie ihm eine Chance geben würden.

    Anne: Was steht für Euch als Nächstes an? Ein wundervolles Album 2019 und verschobene Tour Dates 2020. Ich bin mir sicher, Oh Hiroshima haben eine Menge auf dem Plan stehen für die nächsten Monate und Jahre, oder?

    Jakob: Wir versuchen, am Ball zu bleiben! Wir behalten unsere Kanäle in den sozialen Netzwerken im Auge und werden Dich auf jeden Fall informieren, wenn es etwas Neues von uns gibt!

    Über Oh Hiroshima

    Die schwedische Post-Rock-Band Oh Hiroshima ist bereits seit 2009 aktiv. Gegründet wurde sie von Jakob Hemström und Leif Eliasson in Kristinehamn. Später schlossen sich Simon Axelsson sowie Jakobs Bruder Oskar Nilsson an. Leif verließ im Jahr 2018 die Band wieder. Im selben Jahr unterschrieb die Gruppe ihren Vertrag bei Napalm Records.

    Oh Hiroshima verknüpfen in ihrer Musik gekonnt elektronische Klänge mit abstraktem Gitarrenspiel. Jakobs Gesang rundet das Ganze ab.

    Seit ihrer Gründung haben Oh Hiroshima drei Alben und zwei EPs aufgenommen. Das aktuelle Album "Oscillation" wurde am 7. Dezember 2019 veröffentlicht. Heute besteht die Band aus Jakob Hemström (Gitarre und Gesang), Oskar Nilsson (Schlagzeug) und Simon Axelsson (Bass).

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