CARTHAGE Mastermind Damian B

"Manchmal tut einem Track ein Kurswechsel gut!"

Anne

Interview von Anne
10.04.2025 — Lesezeit: 12 min

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CARTHAGE Mastermind Damian B
Bild/Picture: © CARTHAGE

Nach meiner Rezension von "Duskdawn" vor ein paar Tagen hatte ich jetzt die Gelegenheit, mich mit dem Kopf von CARTHAGE – Damian B – zu unterhalten und einen tieferen Einblick in die Entstehung dieser eindringlichen und hypnotischen Platte zu bekommen. Der Künstler aus Birmingham erzählte mir von seinen nächtlichen Recording-Sessions, seinen fragmentarischen Inspirationen und den persönlichen Umständen, die sein drittes Album unter dem Namen CARTHAGE geformt haben.

Ihr findet das Album intensiv? Dann wartet mal ab, bis Ihr die Geschichten dahinter erfahrt. Von einem prägenden Krankenhausaufenthalt bis zu surreal anmutenden Schreibattacken ist "Duskdawn" weit mehr als eine Sammlung von Tracks geworden. Das Album ist eine neblige Reise durch schattenhafte Erinnerungen und Grenzbereiche. Legt am besten jetzt direkt "Duskdawn" auf, lehnt Euch zurück, lest das Interview und lüftet den Vorhang Stück für Stück.

Anne: Danke, dass Du Dir die Zeit nimmst! Wie geht es Dir?

Damian: Sehr gut, Anne. Ich hoffe, Dir auch. Es ist schön, dass wir uns unterhalten können.

Anne: Gratulation zu Deinem neuen Album "Duskdawn"! Bist Du zufrieden mit dem Ergebnis Deiner Arbeit?

Damian: Es hat ein paar Jahre gedauert und ich habe die Songs immer und immer wieder überarbeitet, manche mehr als andere. Es konnte sein, dass ich draußen beim Schlittschuhlaufen war, oder es war mitten in der Nacht, und ich dachte an etwas und schrieb oder nahm meine Sprachnotizen zu den Tracks auf. Manchmal war ich ziemlich hitzig in meinem Tonfall… Ich fragte mich Dinge wie: "Warum ist das da drin? Ändere das!" (lacht)

Ich habe bis zum Schluss daran gearbeitet. Es sind nicht alle Tracks und meist nur Teile der ursprünglichen Stücke.

Anne: "Duskdawn" ist geprägt von einer sehr intensiven Atmosphäre, in der sich Elemente aus verschiedenen Genres nahtlos vermischen. Was hat Dich zu diesem experimentellen Ansatz inspiriert? Welche besonderen Momente und Erfahrungen haben Dich dazu gebracht, den Sound in diese Richtung zu treiben?

"Unerwartete Situationen inspirieren mich"

CARTHAGE – "Duskdawn"CARTHAGE – "Duskdawn"

Damian: Manchmal ist es eine Situation, in der etwas Unerwartetes passiert; ich höre Musik aus einem völlig losgelösten Genre, das ich nicht kenne, oder Musik, die in einem Teil eines Films oder eines Theaterstücks vorkommt; ein Geräusch von der Straße, die Musik eines vorbeifahrenden Autos...

Oder etwas, das ich mal irgendwo gehört habe. Zum Beispiel in einer Galerie oder so. Etwas, das ich überhaupt nicht mit Rockmusik in Verbindung bringe und denke: "Das würde ich gerne machen, aber in einem großen Rockkonzert."

Manchmal frage ich mich auch:

"Was wäre, wenn es im aktuellen Live-Set einen Song geben würde, der so klingt wie '... '?" und versuche dann, diesen Song zu machen.

Ich mag es, Dinge zu bewerten und auch mal in den sauren Apfel zu beißen, wenn ein Song nicht auf dem richtigen Weg ist.

Ich habe eine Geschichte: Ich hatte vor vielen Jahren ein Stück, das mich teilweise wirklich genervt hat. Ich habe es lange Zeit nicht bemerkt, aber es hat mich genervt. Also suchte ich nach einer Möglichkeit, den Klang an der nervigen Stelle zu ändern, und alles wurde merklich langsamer. Damit habe ich dem Song "F*ck off" gesagt (lacht). Und das, obwohl ich ihn selbst geschrieben habe.

Der Song kam an dieser Stelle an, wurde langsamer – als ob er einen Fehler hätte – und kam dann auf ein langsameres, aber gleichmäßiges Tempo und blieb dann dort. Das hat die Dynamik völlig verändert und er wurde zu etwas völlig Neuem. Er hat sich umorientiert und ist auf der neuen Ebene geblieben.

Manchmal funktionieren Tracks nicht und dann ist es gut, den Kurs zu ändern.

Übrigens ist das die Art von Situation, in der es hilft, wenn man die Musik selbst macht und nicht in einem externen Studio (lacht). Stell Dir mal vor, Du müsstest das einem Ingenieur erklären, den Du gerade erst kennengelernt hast.

Wenn ich schreibe, fange ich mit einigen Tracks an und habe vielleicht ein oder zwei Einflüsse im Kopf. Innerhalb kürzester Zeit nimmt der Track dann seinen eigenen Weg. Und ich glaube daran, dass man diese Tangenten loslassen oder mit ihrem selbst erzeugten Schwung weitergehen sollte.

Manchmal haben sich aber auch einige Stücke und ganze Tracks sehr schnell entwickelt, unabhängig von allem anderen. Das war zum Beispiel bei "Wholivesinsideofyou" und "Jet Fuel" so.

Und "Jet Fuel" war ein Fehler: Ich hatte mir einen bestimmten Gitarrenpart angeschaut und ihn geloopt, damit ich ein Gefühl dafür bekomme, wie er immer und immer wieder gespielt wurde, mit der Absicht, ihn für etwas zu entwickeln. Irgendwann habe ich dann beschlossen, dass die Schleife selbst ein "Ding" ist. Ich habe eine Notiz an mich selbst dazu verfasst, in die Richtung: "Geh zurück und hör dir diesen Loop an."

"Field of Blue" ging mit einer einfachen Idee los. Das Stück begann als eine Art Erweiterung des letzten Songs auf dem letzten Album "Midnight White" ("Next To You"). Ich mochte die Tatsache, dass verschiedene Tangenten im Spiel sein könnten: verschiedene Zeiten/Jahre und der Wechsel dazwischen.

Als ich anfing, schien die Atmosphäre aus demselben Stoff zu sein wie bei diesem Lied. Ich wollte etwas anderes – etwas Neues – ins Leben rufen, und so fing ich mit der Synthesizer-Linie an. Dann kam das Klavier ins Spiel und ich stellte mir zwei Klaviere vor, die sich in einem Raum gegenüberstanden. Und wie würde der Klang aussehen? Was machen die Spieler, wenn sie spielen? Das alles baute sich nach und nach auf.

Anne: Wie haben Deine persönlichen Erfahrungen mit Deinem Unfall und dem Krankenhausaufenthalt die Themen und den Sound des Albums beeinflusst? Gab es bestimmte Momente oder Erfahrungen, die besonders prägend für die Songs waren?

"Ich schreibe gerne in Abschnitten"

Damian: "Rain Indoors" war definitiv einer dieser Momente. Der Song bestand zu diesem Zeitpunkt nur aus Bruchstücken, und das galt auch für Teile von mir.

Nach dem Krankenhaus hatte ich es so satt, diese teilweise geschriebenen Songs auf dem Tisch liegen zu haben, dass ich hart daran gearbeitet habe, sie in Form zu bringen. Was zeitweise ziemlich unangenehm war, da ich einen Gipsverband trug.

Ich konnte einigermaßen Gitarre spielen, wenn ich meine "Gips"-Hand für kurze Zeit beugte.

Die Vocals auf diesem Stück sind alle in einem Take entstanden, meistens unter Schmerzmitteln. Eine Stelle war so anstrengend, dass ich scharf einatmen musste... Das kannst Du kurz vor dem Ende des Songs noch hören. Ich habe es drin gelassen.

Die Riffs hatten diese Art von Unordnung an sich, und ich habe sie so belassen und einfach die Beats an sie angepasst.

Unabhängig davon mag ich diese Art zu schreiben sehr. Ich meine, ich mag es, Abschnitte von Gitarre, Klavier oder Bass zu schreiben/aufzunehmen und sie so unbearbeitet wie möglich zu lassen – als erste Takes, ohne Änderungen – und dann die passenden Beats dazu zu machen.

Anne: Du hast mir erzählt, dass du die Songs auf "Duskdawn" in nächtlichen Sessions geschrieben hast. Würdest Du empfehlen, bis spät in die Nacht hinein zu arbeiten, und würdest Du sagen, dass es die Kreativität anregt?

Damian: Bei mir war es schon immer so: nachts habe ich die beste Energie und die Dinge scheinen am klarsten zu sein. Vielleicht liegt es daran, dass ich in meinen frühen Jahren zu Konzerten gegangen bin und dabei oft den letzten Zug nach Hause verpasst habe, sodass ich oft einfach nur herumgeirrt bin (lacht).

Aber mal ehrlich: nachts ist es auf dem Planeten am ruhigsten und man ist am weitesten von allen Tagesfaktoren entfernt – vor allem von den Nine-to-Five-Menschen, von denen ich kein Fan bin. Ich habe mich auch daran gewöhnt, weil ich in vielen sehr späten D&B-Nächten unterwegs war, die im Allgemeinen erst um 1 oder 2 Uhr morgens losgingen.

Generell ist die Nacht ein wichtiger Faktor dafür, wie ich die Musik kennengelernt habe: durch das Hören von sehr späten Radiosendungen. Obwohl ich natürlich auch tagsüber gerne Radio gehört habe, bin ich mir bewusst, dass ich jetzt sehr introvertiert und inselmäßig klinge! Das bin ich aber nicht.

Ich habe nie aufgehört, Radio zu hören, und eine der wichtigsten Sendungen, die ich je gehört habe, wurde von 2 bis 4 Uhr morgens ausgestrahlt. Das war auf BBC Radio 1. Aber das ist eine andere Geschichte. Late-Night-Radio ist großartig!

Anne: Dann hast Du das schon häufiger so gemacht? Planst Du, Deine nächste Platte wieder auf diese Art aufzunehmen?

"Meine nächste Platte ist schon in Arbeit!

Damian: Ja! Und ich habe schon damit angefangen. Ich denke, das habe ich schon immer so gemacht. Also das Schreiben zu später Stunde... aber manchmal ist es auch sehr interessant, super früh zu schreiben, denn später am Tag fühlt sich das Material, das man früher geschrieben hat, wirklich losgelöst an, wie von einer anderen Person.

Ich höre mir das dann an und denke: "Wo kommt das her?" Denn später habe ich die ursprüngliche Idee dafür oft schon völlig vergessen.

Anne: Bei den Songs auf "Duskdawn" hast du Shoegaze-, Noise-Rock- und Industrial-Elemente miteinander vermischt. Was hat Dich dazu inspiriert, diese Genres auf so einzigartige Weise zu verschmelzen?

Damian: Ich liebe den Kontrapunkt zwischen der "Härte" dessen, was "Industrial" suggeriert und dem ruhigsten, stillsten, was ich mir vorstellen kann.

Normalerweise ist es aber der übergreifende Impuls, der den Tag bestimmt, der einen Track ins Leben ruft.

Manche Tracks beginnen mit einer Gitarre, die auf einen bestimmten BPM-Wert eingestellt ist, andere nur mit Beats oder einem Loop oder einer Idee, die ich aufgeschrieben habe.

Und was die Gitarre angeht: Es war tatsächlich schwierig zu verstehen, wie man Gitarren einbringt, geschweige denn einen Bass. Ich habe mich jahrelang damit herumgeschlagen. Es fühlte sich seltsam und etwas deprimierend an. In der Vergangenheit wurde die Gitarre also hauptsächlich als Detail eingesetzt, nicht als Hauptinstrument.

Ästhetisch gesehen konnte ich das einfach nicht. Aber nach und nach habe ich es sowohl live als auch bei den Aufnahmen gemacht und ein Gefühl dafür bekommen, wie es klingen würde und wie man es arrangieren könnte.

Mit der Zeit wollte ich wirklich Elemente haben, die sehr repetitiv sind, und Teile, die sich gruppieren und aneinander reihen, ähnlich wie bei Glen Branca. Es gibt auch Elemente dieser Art von Sound in "Duskdawn", zum Beispiel in "Rain Indoors" und "wholivesinsideofyou".

Außerdem sind im Stück "Intertrans" viele, viele Gitarrenspuren aneinandergereiht, weil ich mir diesen Masseneffekt gewünscht habe. Aber bei einigen Stücken spielen die Gitarren alle unterschiedliche Rollen, direkt beeinflusst vom frühen New Wave, Postpunk, manchmal auch von Screamo und Hardcore.

Die Zeit spielt eine Rolle: Auch das Equipment ändert sich, was sich auf den Sound auswirkt. Es gibt Dinge aus der Vergangenheit, die ich ein wenig vermisse. Ich hatte zum Beispiel eine alte Gitarre, die einen fantastischen Klang hatte, aber die habe ich jetzt nicht mehr. Aber es ändert sich permanent. Es gibt Dinge, die ich diese Woche gemacht habe, die ich letzte Woche bisher nicht gemacht habe.

Ich finde ältere Ausrüstung sehr spannend. Ich kenne Produzent*innen, die in den 90er und 00er Jahren mit Equipment gearbeitet haben, das in mancher Hinsicht wirklich "limitiert" war, aber sie schwören darauf, dass die Sounds, die sie bekommen haben, die besten waren. Das begegnet einem zum Beispiel auch im frühen Hip-Hop: Die Sounds stammen von bestimmten Geräten, und sie sind von der Zeit geprägt. Einige Alben, die in dieser Zeit entstanden sind, konnten gar nicht anders klingen.

Die Kunstform von J Dilla ist ein Beispiel dafür. Und der große D&B-Produzent Paradox verwendet sozusagen "altes" Equipment – auch live – weil es Teil seiner DNA ist. Paradox ist unglaublich!

Ich wollte sagen, dass ich die aktuelle Welle von Shoegaze-Bands sehr schätze. Mein persönlicher Favorit ist die Verschmelzung von Shoegaze und Hardcore. Ich werde nicht auf alle Bands im Detail eingehen, aber ich höre sie jeden Tag so oft.

Anne: Deine Musik verbindet oft tiefe, dunkle Töne mit subtiler Elektronik. Wie schaffst Du den Spagat zwischen Schwere und Subtilität in Deinen Kompositionen?

"Ich wollte eine ruhige Live-Show spielen"

Damian: Vor ein paar Jahren wollte ich sehen, wie ruhig die Dinge sein können, anstatt immer nur heavy. Mir war vor allem auch wichtig, das alles auch live auszuprobieren. Diese ruhige Herangehensweise kann ein ziemlich schwieriger Prozess sein, da einige Sounds Gefahr laufen, zu verschwinden oder sinnlos zu klingen. Aber in gewisser Hinsicht kann es auch gut sein, denn das ruhige Material kann durch eine große Konzert-PA wirklich gut klingen.

Ich neige dazu, während des Schreibens so kleine Eingebungen oder Gefühle für bestimmte Teile von Songs zu bekommen. Dann kann es schon mal ein Fall von "da ist ein Teil, der hier hingehört" sein, der für ein härteres Zwischenspiel sorgen könnte. Aber das hängt davon ab.

Ich nehme auch die Instrumente und den Gesang in den Sampler und habe das schon immer gerne gemacht. Für mich ist das das Beste. Manchmal kann der Sampler auch gewisse Eigenheiten offenbaren, wenn man zurück hört. Anomalien. Im Song "Intertrans" gibt es viele Gitarren-Samples

Anne: Daniela VKs Gesangsparts sind auf dem Album sehr präsent. Wie kam die Zusammenarbeit zustande, und wie hat ihre Stimme die Atmosphäre des Albums geprägt?

Damian: Wir haben ja bereits auf dem Vorgängeralbum "Midnight White" intensiv zusammengearbeitet, und dieser Prozess setzte sich auf "Duskdawn" quasi nahtlos fort. Mit der Zeit haben wir organisch an den Vocals der Tracks gearbeitet.

Anne: Wie hat diese Zusammenarbeit die Gesamtatmosphäre des Albums beeinflusst?

Damian: Ich habe das Gefühl, dass sie mit ihrem Gesang einen anderen Ort berührt, der sowohl vertraut als auch ungewohnt ist.

"Dialtone" ist ein sehr "visueller" Song, und ich denke, dass Danielas Gesang, wenn er einsetzt, alles in eine andere Dimension verschiebt. Das ist eine meiner Lieblingsstellen auf dem Album.

Das ist ganz ähnlich wie beim Ende von "Intertrans" und der Stimmung dort. Danielas Stimme bietet eine ganz andere Sichtweise. Das hat so viel Spaß gemacht, als das alles zusammenkam und als ich die Parts geschrieben habe. Ich habe bei diesem Teil fast mein Gehör zerstört, weil ich es so stark gefordert habe.

Anne: Der Titel des Albums suggeriert ein Gefühl der Dualität. Möchtest Du mir noch etwas mehr über die Idee hinter "Duskdawn" verraten und wie sie mit der Geschichte, die das Album erzählt, zusammenhängt?

"Ornamentteppiche von Menschen, die einem begegnen"

Damian: Einige Teile sind metaphysisch, andere nicht so sehr; sie sind krass. Diese Zustände greifen also oft ineinander – sowohl im Sound als auch in den Texten. Besonders in "Field of Blue".

Nach "Midnight White" habe ich mich so schnell wie möglich in die Elemente von "Duskdawn" vertieft. Dabei hat auch die Nachtarbeit dafür gesorgt, dass die Dinge lebendiger wurden. Tagsüber gibt es ja viele Ablenkungen.

Ich habe angefangen, es als "Tagesunschärfe" zu bezeichnen: Ornamentteppiche von Menschen, die einem begegnen, Menschen, die nur noch in der Erinnerung existieren, Menschen, die man vielleicht täglich sieht, Orte, die man kennt, Orte, die man sich vorstellt, Orte, die man kannte, die sich aber im Laufe der Zeit verändert haben, Wachträume, Gespräche, die man hatte oder dachte, dass man sie hatte... fast wie Kontrapunkte verschiedener Bilder des Lebens, Epochen; nebeneinander gestellt, einblendet und wieder ausblendend...

Als ob man zwei Folien gegeneinander hält und das Ergebnis betrachtet; ein Zustand könnte um 2 Uhr morgens sein und der andere in der Mittagssonne.

Ich wollte, dass die Spuren an einigen Stellen schön lebendig sind... Ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen, wollte ich nicht, dass alles nur Spur/Spur/Spur/Spur usw. ist.

Abgesehen davon gefiel mir auch der Gedanke an den Ausdruck "Duskdawn". Er klingt wie ein Codewort für eine geheime Operation, ein wenig distanziert und teilnahmslos wie eine Gravur auf grauem Blech.

Anne: Inwiefern spiegeln die verzerrten und traumähnlichen Qualitäten von "Duskdawn" Deine persönlichen Erfahrungen während der Entstehung des Albums wider?

Damian: Ich habe viel nachgedacht. Vor allem, wenn ich nicht in der Nähe eines Aufnahmegeräts war. Ich habe vor allem darüber sinniert, wie meine Musik nach "Midnight White" klingen würde. Hauptsächlich wollte ich aber einfach nur so schnell wie möglich spielen und schreiben.

Am Anfang von "Unattainable" – bevor der Track mit dem Hauptriff und dem Schlagzeug einsetzt – ist ein anderes Stück, das sich vermutlich 2022 entwickelt hat. Es kommt gegen Ende zurück. Es schließt an den Haupttrack an und hebt ihn auf, wodurch eine Verschiebung entsteht.

Ich wollte einfach, dass die Atmosphäre von "Unattainable" die sich verändernden Realitäten widerspiegelt. Realitäten, die man nicht ganz begreifen kann und die Ruhe im Kontrast zum Chaos sichtbar machen. Die Aufnahme des Albums war aber nicht nur introspektiv. Bei diesem Stück wollte ich auch schnell spielen, weil ich das einfach gerne tue.

In "Just Like Glass" gibt es auch einen Hauch von Realitätsverschiebung, aber in abgeschwächter Form: Jemand ist "da", aber wie hinter einer undurchsichtigen Barriere.

Diese*r "Jemand" mag Jahrzehnte zurückliegen, aber im Geiste ist er*sie wirklich da – greifbar.

Anne: Neben CHARTHAGE arbeitest Du unter anderem auch an KHOST. Wie unterscheidet sich CARTHAGE in Bezug auf den Sound und die kreative Freiheit von diesen Projekten? Würdest Du sagen, dass sie sich gut ergänzen?

"Ich würde gerne mehr darüber erfahren, wie die Bands in den 70er Jahren ihre Songs geschrieben haben!"

CARTHAGE – "Duskdawn"CARTHAGE – "Duskdawn"

Damian: Beide Projekte leben von Atmosphären – sowohl auf Platte, als auch live. Wobei KHOST eine ganz andere und einzigartige Sphäre besetzt.

Anne: Justin K. Broadrick hat das Album für Dich gemastert. Wie hat seine Beteiligung den endgültigen Sound von "Duskdawn" beeinflusst?

Damian: Wir haben uns im Laufe der Zeit über bestimmte Dinge unterhalten. Sowohl über verwandte als auch über nicht verwandte. Im Endeffekt war es großartig, die endgültigen, gemasterten Versionen zu hören. Um ehrlich zu sein, hatte ich alle Tracks schon seit Ewigkeiten im Ohr und konnte bestimmte Dinge nicht mehr entziffern – ich konnte sie nicht mehr objektiv betrachten. Ich hörte mir Justins endgültige Versionen an und dachte: "Ich kann nicht mehr". Ich wusste, dass es Zeit war, aufzuhören.

Was das Mastering angeht, denke ich an viele Bands der 1970er Jahre und; wie sie gearbeitet haben: Viele verstreute Sessions in Studios, manchmal mehrere Studios, alle Aufnahmen auf Bändern, manchmal Bänder, die physisch mit physischen Bändern gespleißt wurden... meine Güte. Diese Bands führten alle ein wahnsinnig chaotisches Leben.

Die abschließende Mastering-Phase, in der das gesamte physische Material zusammengetragen, transportiert und schließlich für die Pressung vorbereitet wurde, ist mir ein echtes Rätsel. Ich würde gerne mehr darüber erfahren, wie die das damals alles gemacht haben.

Anne: Wirst du mit "Duskdawn" auf Tour gehen?

Damian: Ich habe die Tracks in einem Zustand, in dem sie für die Live-Arbeit bereit sind. Mir macht das sehr viel Spaß und ein großer Teil ist die visuelle und immersive Beleuchtungsseite der Dinge, die ziemlich erweitert wurde!

Anne: Wie sehen Deine Zukunftspläne aus? Womit beschäftigst Du Dich im Moment? Gibt es aktuelle Projekte oder neue Musik, auf die Du Dich nach der Veröffentlichung von "Duskdawn" konzentrierst? Du meintest ja, Du arbeitest schon wieder an einer neuen Platte?

Damian: Ich schreibe im Moment sehr viel und vieles habe ich im Laufe des letzten Jahres bis ins Jahr 2025 geschrieben. Der Winter eignet sich hervorragend zum Schreiben, und der Übergang zum Frühling ist etwas, worüber ich viel nachdenke: vor allem über die Phasen des Jahres und insbesondere darüber, wie sich Tiere an die Jahreszeiten anpassen.

Tiere sind so unvorstellbar stark, nicht nur im Winter, sondern auch bei den vom Menschen verursachten Faktoren.

Anne: Das ist wirklich wahr. Wir sollten das Thema unbedingt in unserem nächsten Gespräch aufgreifen! Danke, dass Du meine Fragen so ausführlich beanwortet hast. Es war mir ein Vergnügen. Ich wünsche dir alles Gute für deine Pläne und das Album!

Damian: Danke, Anne.

CARTHAGE – "Duskdawn"

CARTHAGE – "Midnight White"

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