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    Warum es für klimaneutrale Städte Radikalität braucht

    23 schwedische Pionierstädte zeigen mit Viable Cities, wie nachhaltig geht

    Beitrag von Anne
    08.12.2023 — Lesezeit: 6 min
    Warum es für klimaneutrale Städte Radikalität braucht

    Um das Ziel "klimaneutrale Städte bis 2030" zu erreichen, bleiben nur noch sieben Jahre Zeit. Weil dafür ein straffer Maßnahmenplan nötig ist, zeigen jetzt 23 schwedische Pionierstädte, wie es dennoch funktionieren kann. Die Menschen dort arbeiten jeden Tag auf unterschiedliche Art daran, den Übergang zur Neutralität so fließend wie möglich zu gestalten.

    Lokale Unternehmen unterstützten sich gegenseitig und helfen den Kommunen dabei, neue Wege bei der Steuerung und Führung zu gehen. Das sorgt unter anderem dafür, dass sich neue, innovative Lösungen, die Emissionen spürbar reduzieren können, schneller verbreiten und auch die Ideen der Bürger*innen zum Klimaschutz gehört werden.

    Der heutige European Viable Cities Day (Europäischer Tag der realisierbaren Städte) ist der Feier von Erfolgen durch diese Bestrebungen sowie der Schärfung der anstehenden Aktionen geschärft. Das geht aus einer Pressemeldung von Cision1 hervor.

    In Schweden setzen sich von Skellefteå im Norden bis Malmö im Süden Großstädte wie Stockholm ebenso ein wie ländliche Gemeinden wie Mariestad. Insgesamt arbeiten 23 Städte, die 40 Prozent der schwedischen Bevölkerung repräsentieren, gemeinsam mit sechs Regierungsbehörden, am Ausbau der Vorreiterrolle in den Bestrebungen, die Klimakatastrophe aufzuhalten.

    Die Zukunft muss klimaneutral sein!

    Der schwedische Klimastadtvertrag 2030 soll als Instrument dazu dienen, die Ambitionen in Richtung klimaneutraler Zukunft kontinuierlich und langfristig zu steigern. Die Städte und Regierungsbehörden unterzeichnen daher heute die Version 2023.

    Eine der Gemeinden, die seit letztem Jahr dabei ist, ist Borås. Im Laufe des ersten Jahres ergaben sich dort bereits einige gut funktionierende Partnerschaften – zum Beispiel im Bereich der Immobilien. Die Pressebeauftragte bei Viable Cities, Anna-Lena Ekenryd schreibt:

    "Durch unsere gemeinsamen Bemühungen im Rahmen der Initiative Climate Neutral Borås 2030 haben wir zahlreiche Dialoge sowohl mit Anwohnern als auch mit der Geschäftswelt geführt."

    Eines dieser Gespräche fand mit dem Bürgermeister der Gemeinde Borås, Ulf Olsson statt. Er äußerte sich wie folgt:

    "Wir haben einen grünen Wirtschaftsrahmen formuliert, der es der Gemeinde Borås ermöglicht, nachhaltige Investitionen zu finanzieren"

    Inzwischen nehmen immer mehr Städte am Viable Cities Projekt teil – der Name spricht sich herum. Das Engagement der Städte erstreckt sich über alle Bereiche und bezieht auch immer mehr Organisationen mit ein. Ein besonders positiver Aspekt ist, dass die Städte, die an Viable Cities teilnehmen, voneinander lernen und Erfolgsprojekte voneinander abschauen. Die Reise in Richtung Transformation nimmt dadurch immer schneller Fahrt auf.

    Auf diese Weise müssen alle, die sich beteiligen, auch aktiv im Projekt mitarbeiten – nur so kann es langfristig zum Erfolg führen. Einige der Aktionen innerhalb von Viable Cities sind zu rasant, dass sie kaum noch zu bremsen sind. So mobilisieren sich in diesem Jahr neben Kommunen wie Umeå, Malmö, Karlstad, Gävle, Helsingborg, Kristianstad, Linköping, Eskilstuna, Borlänge und Uppsala auch fast 400 Unternehmen – darunter einige Big Player.

    Es gibt immer mehr Viable Cities

    Viable Citys verbreitet sich wie ein Lauffeuer: neue Lösungen, die Emissionen reduzieren, verbreiten sich immer schneller, es ergeben sich wertvolle Synergien und die Erfolgsgeschichten häufen sich. So konnte die Stadt Örebro ihren Stromverbrauch gemeinsam mit dem kommunalen Wohungsbauunternehmen ÖBo den Stromverbrauch um satte 50 Prozent senken. Das Pendeln in Borlänge wird dank digitaler Unterstützung immer einfacher und in Växjö wird deutlich umweltfreundlicher gebaut als noch vor einigen Jahren.

    Neben den offensichtlichen Vorteilen fürs Klima bringen die Aktionen rund um das Projekt nach und nach weitere Vorteile mit sich. So verbessert sich die Luftqualität in den teilnehmenden Städten und Gemeinden, während die Kosten sinken und die Wettbewerbsfähigkeit wächst.

    Malin Lauber, Bürgermeisterin von Växjö äußerte sich dazu wie folgt:

    "In Växjö haben wir gute Erfahrungen gemacht, die zeigen, dass der Klimawandel positive Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt hat. Der Übergang zu einem biobasierten Energiesystem kam den örtlichen Waldbesitzern zugute und trug zu einer geringeren Anfälligkeit und einem höheren Wirtschaftswachstum bei. Ich bin davon überzeugt, dass der Wandel, den wir im Verkehrssektor vollziehen müssen, auch positive Auswirkungen in Form einer höheren Attraktivität, weniger Unfälle und einer besseren öffentlichen Gesundheit mit sich bringen wird."

    Schweden wünscht sich, dass der European Viable Cities Day als Brücke dient und zwischen der Arbeit der Beteiligten in Schweden und dem Rest der EU dient. Viable Cities hat den Aktionstag zum Projekt in Kooperation mit der Vertretung der EU-Kommission organisiert.

    Insgesamt kann Europa noch einiges von Schweden lernen. Etwas über hundert Städte streben in Europa im Rahmen des Green Deal der EU bis 2030 klimaneutral zu sein (mit dem übergeordneten Ziel eines klimaneutralen Kontinents bis 2050) derzeit die Klimaneutralität an – die schwedischen eingerechnet.

    Auch, wenn das erst mal wenig klingt, treibt die EU die Klimawende positiv voran. Auch hier spielt gegenseitige Unterstützung und das voneinander Lernen und Abschauen eine große Rolle. Dennoch müssen die europäischen Länder, Städte und Gemeinden zusätzliche Maßnahmen starten. Diese müssen auch auf lokaler Ebene stattfinden und geschickt miteinander kombiniert werden.

    Die Viable Cities lernen voneinander

    Bis heute verfügt die EU dafür nicht über alle notwendigen Instrumente. Die Kooperation der unterschiedlichen Akteur*innen ist besonders im Verkehrssektor essenziell. Roberto Maiorana, Generaldirektor der schwedischen Verkehrsverwaltung meinte dazu:

    "Die Klimastadtverträge sind ein weiterer Bereich, der die Zusammenarbeit zwischen der schwedischen Verkehrsverwaltung und den Kommunen entscheidend verbessern kann."

    Der Transport von Personen und Gütern ist für einen erheblichen Teil der Emissionen verantwortlich. Um es zu schaffen, sie so drastisch zu reduzieren, wie es nötig ist, müssen zahlreiche Akteure aus der Gesellschaft an einem Strang ziehen. Die Viable Cities entwickeln dafür gerade das Tool System Demonstrators. Es soll Städten und Gemeinden zukünftig helfen, komplexe Herausforderungen, wie die klimafreundliche Mobilität, zu meistern. Stockholm und Lund sind zwei Städte, die hier ganz vorn mit dabei sind und gemeinsam mit unterschiedlichen Parteien daran arbeiten. Olga Kordas, Programmdirektorin von Viable Cities sagte vor Kurzem:

    "Wir sind davon überzeugt, dass System Demonstrators in den kommenden Jahren in Schweden, in der EU und weltweit zu einem unschätzbar wertvollen Instrument für den lokalen Übergangsprozess werden. Jetzt sind sowohl Mut als auch Taten von allen gefragt: vom öffentlichen Sektor, der Wirtschaft, Forschungsinstituten, der Zivilgesellschaft und der Politik."

    Und Viable Cities hat längst nicht nur das auf dem Zettel. So nehmen die lokalen Klimaabkommen insgesamt zu. Als Spin-off des nationalen Klimastadtvertrags 2030 mobilisieren sich die Akteur*innen dafür.

    Die Vereinbarungen unterscheiden sich dabei von Stadt zu Stadt, teilen jedoch das Engagement von Organisationen, die ihre Kräfte gebündelt einsetzen. Damit optimieren sie ihre Abläufe nach und nach und unterstützen das gemeinsame Ziel, die Kommunen bis spätestens 2030 klimaneutral aufzustellen.

    Gegenwärtig wirken rund 400 Unternehmen und Organisationen mit und die Zahl wächst permanent. So sind in Gävle 14 Organisationen beteiligt, in Kristianstad 17, in Umeå 56, in Uppsala 46, in Eskilstuna 67, in Malmö 45, in Borlänge 40, in Helsingborg 90, in Linköping 18 und in Karlstad bald sechs.

    Beispiel Uppsala

    Die Bemühungen innerhalb des Projekts sind so vielseitig, wie die Akteur*innen. Eines davon betrifft die täglichen Mahlzeiten in schwedischen Schulen und Pflegeeinrichtungen. Ingesamt bereiten Städte täglich rund 1,4 Millionen Mahlzeiten in Schulen sowie Pflegeeinrichtungen zu, die die Schüler*innen kostenlos erhalten.

    In Uppsala haben neue Routinen für das Küchenpersonal in Kombination mit technischen Lösungen zu einer Halbierung der Stromspitzen geführt.

    Dies zog eine geringere Belastung des Stromnetzes in Zeiten, in denen der Strom teuer ist, nach sich. Die Ergebnisse sind so vielversprechend, dass zukünftig über 30 Großküchen in der Gemeinde Uppsala das Konzept nutzen werden. Auch andere Kommunen wie Eskilstuna, Karlstad und Lund machen bereits mit. Das Konzept wird derzeit in anderen, maschinenintensiveren Betrieben getestet. Es könnte also sein, dass schon bald auch Wäschereien, die Feuerwehr Rettungsdienste davon profitieren können.

    Beispiel Lund

    Lund plant derzeit in einem Stadtbezirk, der zu den am dichtesten besiedelten Gebieten Schwedens mit einem besonders hohen Verkehrsaufkommen zählt, den System Demonstrators "CoAction Lund". Ziel ist es, gleichzeitig die Emissionen zu senken und Barrierefreiheit zu schaffen. Das Mobilitätssystem wird zudem mit einem klimaneutralen Energiesystem im Gebiet verknüpft. "CoAction Lund" ebnet den Weg für weitere Städte. Für echte Transformation sind mehr, als nur technische Lösungen nötig sind – Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg.

    Beispiel Stockholm

    Stockholm arbeitet mit dem Demonstrator "Snabbsam" an der umfassenden Verbesserung der Landnutzung und des Transports innerhalb der Innenstadt. Schritt für Schritt soll so das Stockholmer Stadtgebiet bis 2023 klimaneutral werden. Die mit "Snabbsam" geplante Umweltzone im Zentrum soll sowohl als Antrieb als auch als Chance für das Streben nach einer effizienteren und emissionsärmeren Stadt sowie ein emissionsfreies Transportsystem genutzt werden.

    Beispiel Örebro

    Das öffentliche Wohnungsbauunternehmen der Gemeinde Örebro, ÖBo, hat den Stromverbrauch in seinen Wohnhäusern seit 2005 um 52 Prozent verringert. Zudem sank der Energieverbrauch fürs Heizen um 22 Prozent. Dank des Einbaus moderner und intelligenter Technologie in die bestehenden Gebäude, konnte so das Klima geschont und die Betriebskosten spürbar gesenkt werden.

    Beispiel Enköping

    In Enköping hat Viable Cities gemeinsam mit einigen Bauakteuren ein Nachhaltigkeitsprogramm für ein großes Stadtentwicklungsprojekt geschaffen. Es kommt in allen Entwicklungsphasen des Stadtbezirks Meran zum Einsatz – von Vereinbarungen, über Landzuteilung, Planungsprogramme und Detailplanung über Projektentwürfe und Baugenehmigungen bis zu Bau und Management.

    Beispiel Borlänge

    In Borlänge soll sich das Verhalten der Bürger*innen nach und nach der smarten Klimalösung anpassen. Die Gemeinde möchte gemeinsam mit einigen Partner*innen, darunter auch IKEA und Borlänge Energie, das Pendeln zwischen dem Stadtzentrum und den Vororten vereinfachen. Neugewonnene Erkenntnisse über Bewegungsmuster sowie digitale Fahrgemeinschaftsdienste sollen zu mehr Nachhaltigkeit und geringeren Klimaauswirkungen auf den Verkehr beitragen. Die Arbeiten sind Teil der Beschleunigung des Übergangs zu einer klimaneutralen Stadt Borlänge bis 2030 und weisen großes Potenzial für eine Ausweitung auf, so die Beteiligten.

    Nachdem 2020 die ersten neun Städte einen Klimastadtvertrag unterzeichnet hatten, sind es im Jahr 2023 bereits 23. Wenn das schwedische Beispiel Schule macht, könnte es auch bei uns bald mehr Hoffnung für grüne Städte geben, deren Infrastruktur nicht ausschließlich für Autofahrende geplant wurde, sondern vor allem ihre Bewohner*innen und ihre Lust an Bewegung, frischer Luft und Gemeinsamkeit ins Zentrum stellt.

    Wer ist Viable Cities?

    Viable Cities ist eine schwedische Plattform, die sich auf Innovationen für klimaneutrale und nachhaltige Städte konzentriert. Im Rahmen der Initiative "Klimaneutrale Städte 2030" arbeitet das Programm mit dem Tool "Klimastadtvertrag 2030" mit 23 Städten und sechs Regierungsbehörden zusammen, um die Klimawende zu beschleunigen. Die Arbeit von Viable Cities entstand im Einklang mit der europäischen Mobilisierung rund um die "Mission Climate Neutral and Smart Cities 2030". Der schwedische Forschungsrat für nachhaltige Entwicklung Formas fördert das Viable Cities als strategisches Innovationsprogramm von der schwedischen Energieagentur, Vinnova. Das KTH finanziert und das Royal Institute of Technologie koordiniert das Projekt.

    1. Cision – "Radical implementation for climate cities"

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