Die traurige Geschichte eines tapferen Katers
Eine Tierarztodyssee
Mit diesem Artikel möchte ich zeigen, wie wichtig es ist, eine zweite Meinung einzuholen, wenn ein Tier krank wird. Wie aus unserem stolzen Feliden innerhalb einer Woche ein Häufchen Elend wurde.
Hinweis: Die Namen und Orte in dieser Reportage wurde aus Datenschutzgründen und zum Schutz der betroffenen Personen anonymisiert.
Sicher könnt Ihr Euch noch an Chili erinnern. Chili, den Kater. Mein kleiner Schatten, der mich auf dem Weg durch die Wohnung auf Schritt und Tritt verfolgte. Niemals aus den Augen lies. Jeden Morgen so lange maunzte, bis er aus dem Wasserhahn trinken durfte. Bruder von Oskar dem Kater. Die beiden: mein Ein und Alles. Die zwei haben viel mit mir durchgemacht, sind drei Mal mit mir umgezogen, haben mir immer zugehört, waren immer für mich da, ob ich krank war, gesund, traurig oder glücklich. Und ich habe versucht, ihnen eine gute Dosenöffnerin zu sein. Zusammen sind wir eine glückliche Familie geworden. Die beiden blühten in der letzten Zeit regelrecht auf und wurden immer zutraulicher. Man konnte genau sehen, dass sie das Zuhause ihrer Herzen gefunden haben.
Alles war harmonisch, zwei vierjährige Wollknäule, die auf bestem Wege waren, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Niemand konnte sich ihnen in den Weg stellen. Ein eingespieltes Team. Oskar und Chili. Zu zweit gegen den Rest der Welt. Und dann kam letzte Woche Dienstag. Der Tag, an dem sich alles ändern sollte.
Dienstag, 17.09.2013
Chili der Kater kommt beim Springen schief auf, er heult auf und verhält sich anders als sonst, nach ein paar Minuten scheint aber alles wieder gut zu sein.
Mittwoch, 18.09.2013
Am Abend heult Chili wieder, Anruf bei der Tierklinik in X., Notaufnahme, Chili wird untersucht, die Ärztin stellt fest, dass er ein Problem mit seiner Patella (Kniescheibe) am linken hinteren Beinchen hat, sie springt immer wieder heraus. Es kann sein, dass er das schon immer hat, dass es nur durch seinen Unfall erst aufgefallen ist. Wir bekommen ein Schmerzmittel für Chili und werden wieder nach Hause geschickt. Wir machen einen Termin beim Chirurgen der Tierklinik für den nächsten Abend.
Donnerstag, 19.09.2013
Chili wird am Abend vom Chirurgen untersucht, er stellt das Gleiche fest, wie schon seine Kollegin am Tag zuvor. Er rät uns dringend zu einem chirurgischen Eingriff, es sei auch gerade ein anderer Patient abgesprungen, er könnte ihn gleich dort behalten, er würde am nächsten Morgen gleich als zweites drankommen. Ich würde am nächsten Tag einen Anruf von ihm erhalten, wann ich Chili abholen kommen könnte.
Freitag, 20.09.2013
11:00 Anruf des Herrn Dr., Chili wurde operiert, es sei alles gut verlaufen, während der OP sein noch eine angeborene Hüftdisplasie festgestellt worden, die Schäden der Kniescheiben verursachen würde, es könne also sein, dass sein rechtes Beinchen auch früher oder später operiert werden würde. Sonst sagte mir der Tierarzt nichts. Ich solle später noch mal anrufen, um zu erfragen, wann ich Chili nun holen könnte.
15:00 Anruf bei der Tierklinik, eine Dame am Telefon sagt, mir, das Chili aufgewacht sei, er sei noch sehr schwach, ich solle später noch mal anrufen, es wäre besser, wenn sie ihn noch eine Weile am Tropf behalten, bis er wieder ganz aus der Narkose zurückgekommen ist.
16:50 Anruf bei der Tierklinik, eine andere Dame am Telefon sagt mir, Chili hätte die Narkose nicht so gut vertragen, sie würden ihn gerne über Nacht in der Klinik behalten, damit er weiter den Tropf bekommen kann, das würde ihm seine Kraft zurückgeben.
18:10 Erneuter Anruf in der Tierklinik, um Chilis Zustand zu erfragen, da der letzte Anruf leider sehr wenig Informationen ergeben hat. Hinweis, ich solle nicht mehr anrufen, ich würde am nächsten Morgen nach der Visite sofort einen Anruf von der dienst habenden Ärztin erhalten. Infos: Leider keine.
19:39 Nachdem meine Unruhe immer größer wird, ruft Matze erneut in der Tierklinik an. Wieder die selbe kurze Antwort, keine Informationen
Samstag, 21.09.2013
10:21 Anruf bei der Tierklinik. Eine kurzangebundene Dame teilt mir mit, ich solle nicht mehr anrufen, die Ärztin sei noch mit der Visite beschäftigt, sie würde sich danach mit mir in Verbindung setzen.
12:00 Rückruf mit der Hiobsbotschaft: Chili ist durch die Narkose blind geworden. Das sei eine normale Reaktion, er müsse auf jeden Fall noch am Tropf bleiben, bis er stabiler sei, ich soll doch in einer Stunde noch mal anrufen.
12:51 Anruf bei der Tierklinik. Die Dame am Telefon sagt nur, dass es Chili noch nicht besser geht und dass ich gegen Nachmittag noch mal anrufen kann. 15:00 Anruf bei der Tierklinik. Wir möchten wissen, wie es Chili geht und ihn besuchen. Die Aussage, dass er blind ist macht uns zunehmend nervöser.
16:00 Besuch in der Tierklinik. Tierarzthelferin 1 auf unsere beunruhigte Anfrage, was denn los sei mit Chili, man hätte uns angerufen, er sei blind geworden: "Das ist doch ganz normal nach einer Narkose!". Sie lässt uns erst mal 30 min warten. Tierarzthelferin II, die uns zu Chili führt meint, das würde in einem von tausend Fällen vorkommen, sie hätte auch Tiere, sie würde das verstehen. Sie lässt uns mit Chili alleine. Ihm geht es schlecht. Er liegt teilnahmslos auf dem Untersuchungstisch. Reagiert nur leicht auf Licht, kann nicht aufstehen und erkennt uns nicht. Wir kraulen ihm das Fell, reden mit ihm. Irgendwann halte ich es nicht mehr aus, Matze holt die Tierarzthelferin, auf die Frage, ob ich noch sehen kann, wo mein Kleiner die Nacht verbringen wird, bekomme ich ein klares Nein zu hören. Wir verlassen die Tierklinik. Eine weitere schlaflose Nacht liegt vor uns.
Sonntag, 22.09.2013
11:00 Anruf der diensthabenden Tierärztin. Chili kann nicht mehr laufen. Lähmungserscheinungen in den Beinen. Es sei außerdem unklar, ob sein Augenlicht wieder zurückkehren wird, eine Prognose kann sie nicht abgeben. Wir sollen ihn abholen.
12:00 Ankunft in der Tierklinik "Geben Sie uns schon mal den Transportkorb, nehmen sie Platz, wir bringen ihn gleich!" - Eine Stunde banges Warten, ohne weitere Auskünfte oder Hinweise.
13:10 Nachfrage bei der Aufnahme, nein, wir müssen noch 5 Minuten warten.
13:20 Die diensthabende Ärztin bittet uns herein. Chili liegt in seiner Box, ist immer noch sehr apatisch. Die Ärztin gibt auch jetzt keine Prognose ab, erzählt uns, dass das eine normale Reaktion ist, die nach 3-4 Tagen weggeht. Sie gibt uns Antibiotika mit, als ich ihr sage, dass ich bereits Schmerzmittel bekommen habe, stellt sie sie wieder ins Regal zurück. Sie gibt uns noch 2 Beutelchen mit Rekonvaleszenz-Futter mit. Wünscht uns einen schönen Sonntag. Wir verlassen die Klinik. Zu Hause angekommen, bezieht Chili sein neues Zuhause in dem großen Hundetransportkorb, den ich gekauft habe (der Doktor bat mich darum), um ihn in den nächsten Tagen ruhig zu halten (Die Dame, die uns Chili herausgab sprach dann plötzlich von 4 Wochen). Chili ist sehr apatisch, seine unszähligen Versuche aufzustehen, scheitern kläglich. Er schläft viel. 3x wacht er schreiend auf. 2x schlabbert er ganz wenig von dem Futter (Eine Mischung zum Anrühren, ähnlich wie Babybrei), 1x ist seine Decke nass. Der Kleine schafft es ja nicht mal ins Katzenklo. Ich habe ihm eine eigene Box gekauft, auch wenn ich ihn reinsetze, kann er sie nicht nutzen. Die Nacht wird schlimm. 1 x stehe ich auf, weil er Pipi auf seine Decke gemacht hat. Ich mache ihn trocken, gebe ihm eine frische Decke und spiele ihm Katzenschnurren vor. Streichle ihn in den Schlaf. 1x wacht er auf, weil er Angst hat, Matze kümmert sich um ihn.
Montag, 23.09.2013
Ich bin selbst krank geworden und muss nun das Bett hüten. Eine echte Krankenstation ist das hier in unserem Umzugschaos. Oskar, Chilis Bruder läuft ganz verwirrt in der Gegend rum.
6:30 Chili schreit nach uns. Ich bringe ihm sein Futter. Er leckt wieder eine Winzigkeit von einem Teelöffel. Anschließend bekommt er sein Antibiotikum und schläft weiter.
10:30 Ich sehe nach Chili, streichle ihn, nehme ihm die Halskrause ab, die ihm so viel Angst macht. Ich kann es nicht mit ansehen, wie er, geschwächt, wie er ohnehin schon ist, immer wieder damit hängen bleibt. Er nimmt wieder etwas Brei, weint ein bisschen, ich streichle ihn, er schläft weiter.
12:00 Ich habe Chili auch eine Wärmeflasche gemacht und sie zu ihm auf seine Decke gelegt. Er scheint sie zu mögen, macht sogar kurz die Augen auf, lässt sich wieder etwas Brei geben. Dann jault er bei dem Versuch aufzustehen. Wahrscheinlich ist er schrecklich entnervt, weil ihm sein Körper nicht mehr gehorchen möchte. Dazu kommt, dass ihn sein Bruder nicht mehr erkennt. Anscheinend riecht er schlimm nach Tierarzt. Oskar rennt jedenfalls sofort weg, wenn er Chili sieht. Und das panisch. Im Moment schläft Chili wieder… Ich mache mir Sorgen um ihn. Inzwischen habe ich bei einem anderen Tierarzt angerufen, bei dem wir heute Abend vorstellig werden (ich hoffe, ich kann mit, ich bin ja selbst schachmatt gerade). Die Dame am Telefon war sehr nett und meinte schon, dass sie in der Tierklinik anrufen wird, um die genauen Umstände zu erfragen. Ich hoffe, dass man ehrlich zu ihr sein wird und sie uns heute Abend genaueres sagen kann. Ich habe mal die Foren gewälzt, dort liest man, dass so was bei Katzen passiert, wenn sie während der Narkose einen Schlaganfall haben. Oder wenn das Herz ausgesetzt hat und der Vet sie wiederbeleben musste. Von alledem hat man uns aber nichts gesagt, also sollte so was doch auch nicht passiert sein, oder? Uns ist momentan echt unwohl. Auch nachdem wir im Internet die Kritiken der anderen Tierbesitzer lasen, die die Klinik mit ihren Katzen und Hunden besucht haben. Da steht nichts Gutes drin. Schade, dass man in einem akuten Notfall nicht auf die Idee kommt, da nach zu kucken. Man hat uns ja nicht mal über die Risiken aufgeklärt. Inzwischen bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob die Knie-OP nötig gewesen wäre. Momentan kann Chili weder hören, noch sehen, noch mich erkennen, noch selbstständig essen oder auf die Toilette gehen.
14:45 Ich war gerade bei Chili und habe seine Wärmeflasche ausgetauscht. Er scheint etwas fitter zu sein, seine Augen sind schon wieder etwas wacher. Er hat zwei Teelöffel Wasser genommen. Danach habe ich ihn ein bisschen gekämmt und mir ist was Komisches aufgefallen: Er hat eine rasierte Stelle am Rücken! Etwa 15 x 15 cm genau oberhalb der Hüfte. Ganz schräg reinrasiert… Langsam wird es seltsam…
19:46 Pochende Kopfschmerzen. Aber Chili geht es wieder etwas besser! Er schläft gerade ein bisschen und erholt sich von den heutigen Strapazen. Gegen 17:00 waren wir bei Dr. W., den ich heute Vormittag ergoogelt hatte. Der lange Weg hat sich auf jeden Fall gelohnt. Hoffe ich. Er hat vorab mit der Tierklinik telefoniert. Die diensthabende Ärztin hat ihm gesagt, dass Chili beim Aufwachen aus der Narkose die Sauerstoffzufuhr abgeschnitten war und er dadurch einen Schlaganfall erlitten hat.
Komisch, man hat uns zwar in der Klinik jede Menge erzählt und uns auch eine ganze Menge Angst eingejagt, aber das hat man uns vorenthalten. Wir waren natürlich erst mal geschockt. Aber Dr. W. erklärte uns ganz ruhig, dass sich die meisten Tiere, im Gegensatz zu Menschen sehr schnell von einem Schlaganfall erholen, da sie viel stärkere Instinkte besitzen. Er spritzte Chili ein homöopathisches Mittel, das seine Blutzirkulation und somit die Sauerstoffversorgung im Hirn ankurbelt. Außerdem gab er uns eine Art Astronautennahrung mit, die wir Chili ganz leicht durch eine Spritze geben können. Es funktioniert gut, es schmeckt ihm. Inzwischen hat er zwei Portionen davon gegessen, außerdem drei Spritzen Wasser und eine Spritze von der Vitaminpaste, die ich ihm schon als Baby immer zur Beruhigung gegeben habe.
Die Wärmeflasche, die er nun in seinem "Käfig" hat scheint auch gut anzukommen. Er benutzt sie als Kopfkissen. Momentan scheint er beim Einatmen Schmerzen zu haben. Man sieht es, da er auf einer Seite beim Einatmen die Lefze hochzieht und dabei die Füßchen bewegt. Besonders im Schlaf. Deshalb und auf Grund der Aussage, dass ihm die Sauerstoffzufuhr abgeschnitten wurde, gehen wir davon aus, dass den Ärzten in der Klinik ein Fehler bei der Beatmung unterlaufen ist. Ich werde jedenfalls morgen in der Klinik anrufen, den Termin für Mittwoch absagen und Bescheid geben, dass wir mit Chili den Arzt gewechselt haben.
Ich bin ja mal gespannt, was da für eine Rechnung auf uns zukommen wird. Ich denke auch, wären wir sofort zu Dr. W. gegangen, wäre Chili vielleicht auch um die OP herumgekommen. Aber man kann es nicht sagen. Momentan heißt es abwarten. Leider kann man nicht genau sagen, welche Teile des Gehirns betroffen sind, und kann daher ohne Kernspin keine klare Aussage machen, welche seiner Sinne besonders stark betroffen sind. Hören, Sehen, Schmecken, Riechen, Tasten. Wir werden ihm diese Untersuchung auch ersparen. Das würde wieder eine Narkose bedeuten. Und wir hoffen, dass er sich wieder richtig erholt. Wieder ganz der alte Chili wird. Mein kleiner Wollmann. Am Freitag haben wir wieder einen Termin bei Dr. W. Er meint, bis dahin sollte es schon bedeutend besser geworden sein. Wahrscheinlich kann Chili dann schon wieder auf drei Beinen laufen. Ruhig halten müssen wir ihn auf Grund der OP aber tatsächlich vier Wochen lang. So lange muss er in der Hundebox ausharren. Und wir verharren davor. Ich hoffe, es geht alles gut. Vor allem auch, da ja am Montag unser Umzug in die neue Wohnung bevorsteht. Haltet uns die Daumen.
20:45 Chili hat nach uns gerufen. Eine Spritze mit Astronautenfutter, eine mit Vitaminpaste und zwei mit Wasser hat er dankend angenommen und ist gleich wieder eingeschlafen.
22:20 Chili hat gerade 1/3 Gläschen Hipp Bio Pute durch seine Futterspritze verdrückt.
Dienstag, 24.09.2013 Chili ist heute Nacht nur ein Mal aufgewacht, weil er Pipi gemacht hat. Heute Morgen ist er noch sehr schwach, er hat aber schon eine Spritze mit Astronautennahrung, eine mit Vitaminpaste und zwei mit Wasser zu sich genommen. Momentan schläft er tief und fest und atmet tief. Er zuckt nicht mehr im Schlaf, weshalb wir hoffen, dass er nun beim Atmen keine Schmerzen mehr hat. Ich habe gerade bei der Tierklinik angerufen und gesagt, dass wir den Arzt gewechselt haben und dass sie uns die Rechnung schicken sollen. Leider habe ich nicht nachgefragt, mit welchem Betrag wir rechnen müssen, ich hoffe, er ist nicht allzu hoch. Ich habe natürlich auch noch gesagt, dass wir enttäuscht waren und verwirrt, weil wir so viele Aussagen bekommen haben und dass sie uns hätten sagen müssen, dass Chili die Sauerstoffzufuhr abgeschnitten wurde, auch wenn das nichts ändern wird. Nun pflegen wir ihn weiter und hoffen das Beste für ihn.
9:49 Chili hat gerade nach mir geschrien. Er hat das zweite Drittel aus dem Hipp Gläschen verputzt und eine Spritze Wasser getrunken. Danach habe ich ihn sein Katzenklo gesetzt, er hat circa drei Minuten aufrecht darin gesessen. Danach wurde es ihm zu bunt, er hat wieder geschrien, weil er raus wollte. Reha für die Katze quasi. Weil er so brav grade gesessen hat, gab es danach noch eine Spritze mit Multivitaminpaste für ihn. Ich hoffe echt, es geht ihm bald besser, es wäre schlimm, wenn er morgen auch noch so schreien muss. Matze kann nur in der Mittagspause nach ihm sehen und vor fünf schaffe ich es auf keinen Fall zu Hause zu sein. Mal sehen, wie wir das machen… Im Moment liegt Chili wieder in seiner Box, er scheint ziemlich erschöpft, schläft aber nicht.
10:48 Als ich gerade aus meinem Erkältungsbad gestiegen bin, hat Chili an mir geschnüffelt. Ein gutes Zeichen. Er scheint zu riechen. Eukaypthus liebt er nämlich mein Kleiner. Als Belohnung gab es eine halbe Spritze Multivitaminpaste. Er ist nach wie vor sehr schwach und hilflos, aber am Tag, wenn er seine Halskrause nicht tragen muss (wir machen sie nur noch nachts dran, um ihn nicht mehr als nötig einzuschränken) dreht er jetzt sogar sein Köpfchen. Ich hoffe und hoffe…
11:45 Eine Spritze Reconvales Tonicum (So heißt die Astronautennahrung) und eine Spritze Wasser, Chili sitzt ruhig im Ställchen, sein Blick ist klar, aber gesenkt…
12:19 Chili liegt in der Sonne. Es scheint ihm gut zu tun. Eben ist er kurz aufgewacht. Ich habe ihn ein bisschen gewaschen, nach und nach muss er den Klinikgeruch loswerden, damit er sich selbst wieder riechen kann. Das scheint ihn angestrengt zu haben, danach ist er gleich wieder eingeschlafen. Oh je, ich hoffe, dass mein kleiner Schatten mir bald wieder auf Schritt und Tritt durch die Wohnung folgt (diesen Part hat nun Oskar für ihn übernommen, als würde er merken, dass mir das so sehr fehlt) und mit seinem Bruder und den Staubmäusen durch die Wohnung tobt.
12:27 Chili schreit. Er hat Hunger. Eine Spritze Hipp Bio Pute.
12:43 Chili schreit wieder, wird gestreichelt.
13:08 Chili frisst seine geliebten Dreamies wieder! Und Brekkies auch. Nicht aus der Schüssel sondern nur aus der Hand und dabei beißt er so feste in die Fingerkuppen, dass sie anfangen zu bluten. Autsch! Ach, es ist so schön! Er frisst! Ich liebe meinen kleinen Racker.
13:43 Chili hat erbrochen (nur Flüssigkeit), weint, weil er sich nicht aus eigener Kraft aus seiner misslichen Lage befreien kann. Lege ihn auf ein frisches Handtuch und mache ihn sauber. Scheint dankbar zu sein.
13:50 Gleiches Spiel noch mal
14:50 Eine Spritze Astronautenfutter, 2 Spritzen Wasser, die Chili wieder ausspuckt. Momentan ist er wieder schwach. Es bleibt uns weiter zu hoffen. Er hat seine Höhen und Tiefen.
16:15 Chili versucht sich aus seinem Gefängnis zu befreien, kratzt am Gitter, schreit lauthals, lässt sich kaum beruhigen. Erst als ich ihm wieder was zu essen anbiete, wird er nach und nach ruhiger. Ich gebe ihm das letzte Drittel aus dem Hipp-Gläschen. Dabei ist er so gierig, dass ich aufpassen muss, dass er die Spritze nicht mitisst. Den Rest unten im Glas vermische ich mit Wasser, so habe ich die Möglichkeit, ihm auch endlich mal etwas mehr zu trinken zu geben. Er ist sehr gierig. Als er satt ist, sinkt er wieder müde in seine Kissen. Wenn das das erste Aufbäumen war, hoffe ich, dass ich Chili bald mit seiner kompletten Kraft zurück habe. Und nebenbei bemerkt hoffe ich auch, dass er bis dahin seine Krallen wieder unter Kontrolle hat, momentan bleibt nämlich von seinem Schlaftuch, über mein T-Shirt bis zu ganzen Körperteilen alles an ihm hängen, weil er nicht mehr zu wissen scheint, wann er sie einziehen muss, vor seinem Unfall beherrschte er das besser als jede Katze, die mir je begegnet ist. Im einen Moment konnte er einem regelrecht zärtlich mit der Tatze über das verheulte Gesicht streicheln, im nächsten Moment rannte er senkrecht am Kratzbaum hoch. Hach Chili. Du hast so eine starke Persönlichkeit, die können sie dir nicht genommen haben. Sie kommt sicher ganz bald zurück. Zur Sicherheit habe ich ihm mal seinem "Trichter" wieder angezogen, damit er sich selbst nicht wehtut, wenn wieder einen Energieschub hat.
16:44 Er hat wieder geschrien. Kam wieder Wasser aus seinem Hals raus. Ich habe ihn abgetrocknet und ihm Vitaminpaste gegeben. Nun spiele ich ihm auf dem Laptop schnurrende Katzen vor. Das scheint ihm zu gefallen. Zum Glück gibt es davon auf Youtube jede Menge.
22:14 Wir kommen gerade aus der Tierklinik in Gessertshausen zurück. Chili hat über den Abend schlimme epileptische Anfälle bekommen. Er hat sich gewunden, stand im Velauf der Anfälle sogar auf, obwohl er das ja von seiner körperlichen Verfassung her noch gar nicht konnte, verlor wahnsinnig viel Flüssigkeit aus dem Mund und heulte dabei wie ein Schlosskater. Ich habe sowas bisher nur bei Menschen erlebt und das war schon schlimm. Das was wir in den letzten Stunden gesehen und erlebt haben, wünsche ich wirklich keinem. So ein hilfloses, kleines Wesen, das nicht weiß, was mit ihm geschieht. Und das alle zehn Minuten. Der "Ausbruchversuch", von dem ich in meinem Eintrag von 16:15 schreibe, war der erste Anfall. Ich kam nur erst zur letzten Phase an seinem Käfig an und bekam nur noch mit, wie er sich aufbäumte und dann umfiel und anfing zu heulen. Nach den Anfällen lag er in meinen Armen und hat mich ganz lieb aus großen Augen angeschaut. Bevor er wieder anfing zu heulen und die Zuckungen wieder losgingen und sich all seine Gliedmaßen verbogen.
Der Doktor in der Tierklinik in Gessertshausen hat sich sehr viel Zeit für uns genommen, sich Chili genau angesehen und uns ganz geduldig zugehört. Er hat gesagt, er weiß nicht, wie es mit Chili weitergeht. Die rasierte Stelle, die ich an Chilis Rücken entdeckt habe, kann nichts mit einer Röntgenaufnahme, wie wir erst vermutet hatten, zu tun haben. Die Stelle wird rasiert, wenn man bei einem Tier eine PDA macht. Also eine Betäubung, die mit einer Spritze direkt in das Rückenmark gesetzt wird. Sehr seltsam, da es sich ja um einen eigentlich ambulanten Routineeingriff handelte. Da wird normalerweise nur eine Inhalationsnarkose gemacht, die deutlich harmloser auf den kleinen Organismus wirkt. Mir wird ganz schlecht, wenn ich darüber nachdenke. Heute Abend bekommt er nun erst mal ein Mittel gegen die Anfälle gespritzt und dann wird er medikamentös eingestellt. Da er auch so starke motorische Störungen hat, bekommt er auch Reha. In der Klinik gibt es eine Physiotherapeutin für Tiere, die sich dann um ihn kümmern wird. Die Klinik macht einen sehr guten Eindruck, die Arzthelferin und der Tierarzt waren beide sehr verständnisvoll und einfühlsam. Ich habe das Gefühl, dass er sich nun in guten Händen befindet und hoffe darauf, mal wieder eine Nacht durchzuschlafen, ich bin ja selbst nach wie vor ein bisschen angeschlagen und die letzten beiden Nächte mit dem schichtweise Aufstehen, weil der Kater im Nebenzimmer vor Angst und Schmerzen schreit, waren nicht besonders erholsam. Drückt uns bitte die Daumen, dass es unserem kleinen Wollmann bald wieder gut geht, sein Bruder und wir vermissen ihn sehr. Oskar läuft immer noch in der Wohnung herum und sucht ihn, er frisst kaum noch was und weicht keinen Zentimeter von meiner Seite. Nachts schläft er auf meinem Kopfkissen. Wir hoffen, dass ihm der Ortswechsel in die neue Wohnung nicht allzu viel ausmacht.
Mittwoch, 25.09.2013
11:39 Der Arzt hat gerade angerufen. Es scheint ihm etwas besser zu gehen. Er hat keine Anfälle mehr bekommen und sogar schon selbstständig gefressen. Kot und Urin hat er noch keinen abgesetzt. Er bekommt momentan starke Medikamente und hängt am Tropf. Das linke vordere Bein scheint stärker von den Ausfallerscheinungen betroffen zu sein, als die anderen. Stehen oder sehen kann er noch nicht, der Arzt meinte aber, wenn er stark ist, kann sich das irgendwann geben, auch wenn er hier noch keine klare Prognose abgeben kann. Heute beginnen sie mit Physiotherapie. Wir werden uns auf einen längeren Klinik-Aufenthalt einstellen müssen. Nach Hause kann er auf jeden Fall noch nicht, gerade jetzt, wo wir umziehen, außerdem kann er tagsüber unmöglich alleine sein. Wenn er wieder fitter ist, hat mir der Arzt eine Art Wurfzelt empfohlen, in dem man genesende Tiger sehr gut halten kann. Viel besser als unsere 125 Euro teure Hunde-Transportbox, in der er gelebt hat, wie in einem Käfig. Die ist dann auf jeden Fall weich, er kann sich anlehnen und tut sich nicht weh, wenn er umfällt. Der Arzt ruft mich jetzt jeden Tag an und informiert mich. Die Tage werden wir den Kleinen dann auf jeden Fall auch mal besuchen. Er hat mir erzählt, dass er seine blöde Halskrause abgemacht hat, die braucht er nicht, denn an die Wunde geht er sowieso nicht ran. Die schränkt auch nur sein Sichtfeld ein. Er hat mir auch von einem Patienten berichtet, der das Gleiche durchgemacht hat. Ich denke, sie konnten ihm ganz gut helfen. Wir hoffen das Beste. Ich werde Euch auf jeden Fall weiter auf dem Laufenden halten.
12:33 E-Mail an Herrn Dr. E.:
Hallo Herr Dr. E., wir möchten Ihnen gerne dafür danken, dass Sie Chili gestern Abend so gut aufgenommen haben und sich so viel Zeit für uns genommen haben. Wir haben jetzt endlich das Gefühl, dass er in guten Händen ist und hoffen das Beste für ihn. Er ist ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Familie und für uns nicht mehr wegzudenken. Ich habe vor einiger Zeit einen kleinen Text über ihn verfasst, den ich Ihnen gerne zum Lesen schicken möchte: Ode an den Kater Wir werden Chili auf jeden Fall so bald wie möglich besuchen kommen, vielleicht können wir dann auch ja auch noch weitere Details besprechen. Ich habe seit dem Tag, an dem er wegen seiner Patella-OP in die Klinik gekommen ist, alles ganz genau aufgeschrieben und mir ist hier immer noch nicht ganz klar, was da in der Klinik in X. schief gelaufen ist. Vielleicht lässt sich hier noch ein Wenig Licht ins Dunkel bringen.
Aber das Wichtigste ist nun mal, dass es unserem Chili bald wieder besser geht. Wir denken in jeder Minute des Tages an ihn.
Wir telefonieren/sehen uns dann
Vielen Dank und herzliche Grüße
Anne & Matthias R.
Was ich mit diesem Bericht bezwecken möchte? Ich möchte Euch um etwas bitten: Passt auf Eure kleinen Lieblinge auf. Holt Euch bitte immer eine zweite Meinung ein. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das in Notfällen sehr schwer sein kann, weil man dem geliebten Haustier ja so schnell wie möglich helfen möchte. Es versteht ja nicht, was mit ihm passiert, weshalb Schmerzen für es um ein vielfaches schlimmer sein müssen, als für uns Menschen. Doch eine zweite Meinung kann, wenn es hart auf hart kommt, über Leben und Tod entscheiden. Eine Operation ist immer ein schlimmer Eingriff in das Leben eines Tieres und wenn sie sich vermeiden lässt, sollte man das auf jeden Fall auch tun. Besonders eine Narkose kann sehr schlimme Auswirkungen haben und lebensbedrohlich sein, wenn sie nicht fachmännisch ausgeführt wurde, das Tier vor der OP nicht auf Herz und Nieren untersucht wurde oder auch sonst nur die kleinste Abweichung vom "Normalfall" besteht.
Ich möchte Euch darum bitten, diesen Artikel zu teilen, damit so viele Menschen wie möglich von Chilis Schicksal erfahren und möglichst kein Haustier mehr so etwas passiert.
Eine zweite Meinung kann Leben retten!
Hier geht es zu Teil 2 des Artikels... Vielen Dank an Caro, Silva, Sandra, Uschi, Eva, Rita und alle anderen, die in dieser schweren Zeit für uns da sind, uns mit Rat und Tat zur Seite stehen und uns zuhören, wenn wir mal wieder unser Herz ausschütten müssen. Besonderen Dank auch an Herrn Dr. E., der unseren kleinen Chili gestern so gut aufgenommen hat und sich extra Zeit für uns genommen hat. Wir wissen unser liebes Katerchen jetzt in fachmännischen Händen. Wir hoffen, dass er wieder gesund wird.