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    i Häxa über ihr Album "Part I – IV"

    "Unsere mystische Sprache verbindet uns"

    Interview von Anne
    17.07.2024 — Lesezeit: 6 min
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    i Häxa über ihr Album "Part I – IV"
    Bild/Picture: © i Häxa

    Das Album "Part I – IV" von i Häxa handelt von vier Jahreszeiten und den Elementen und erzählt eine Geschichte, die kaum mystischer sein könnte. Musikalisch ist es ein Hochgenuss und weil ich mehr darüber erfahren wollte, habe ich Peter Miles und Rebecca (Becca) Need-Menear kurzerhand zum Interview eingeladen. Prädikat: Lesenswert!

    Anne: Hi Becca! Hi Peter! Danke, dass Ihr Euch die Zeit nehmt!

    Becca: Danke Dir! Schön, Dich kennenzulernen!

    Anne: Warum und wann habt Ihr Euch dazu entschlossen, Euer Album in vier Teilen zu veröffentlichen?

    Peter: Wir haben den Teil des Albums, der zu Part 1 wurde, während einer viertägigen Phase der Inspiration und des Glücks im September 2020 geschrieben und aufgenommen. Die Musik floss schnell und natürlich, die vier Songs bildeten zusammen ein zusammenhängendes 16-minütiges Stück. Nach seiner Fertigstellung war klar, dass drei weitere Stücke folgen sollten. Vier Jahreszeiten, vier Elemente, vier Seiten auf einer doppelten 12"-LP mit 45 rpm.

    Anne: Ihr habt eine Live-Session des Songs "Eight Eyes", der auf Part II zu finden ist, auf YouTube veröffentlicht. Das Video ist ziemlich intensiv und Teil eines inspirierenden Multimediaprojekts, das Ihr erschaffen und über Pelagic Records veröffentlicht habt. Es umfasst Eure Musik und Klanglandschaften sowie den audiovisuellen Teil Eurer Arbeit und beschäftigt sich mit alten meteorologischen Mythologien. Wollt Ihr mir etwas über dieses faszinierende Projekt verraten?

    "Wir haben eine Welt entwickelt, die von selbst anfing, ein Eigenleben zu führen"

    i Häxa
    i Häxa

    Becca: Diese Welt schien sich wie von selbst zu entwirren und fing fast wie von Zauberhand an, ein Eigenleben zu entwickeln. Als Peter und ich uns zum ersten Mal zusammensetzten, um gemeinsam Musik zu machen, hätten wir dieses Ausmaß niemals vorhersehen können. Es gab ein paar Songs, die sich anfühlten, als würde man Blut aus einem Stein schöpfen. Größtenteils schienen die Songs jedoch in ihren eigenen Raum zu fallen.

    Ganz zu Beginn des Projekts, als ich gerade eine schwierige Phase durchmachte, führte ich für mich ein Runenritual durch — ich zeichnete vier Runen, die mir den Weg weisen sollten.

    Ich ahnte nicht, wie mühelos sich alles in vier Wege aufteilen würde. Vier Jahreszeiten (zwei Sonnenwenden und zwei Tagundnachtgleichen) und vier Elemente, jedes mit seiner eigenen Rune, die jede Bewegung perfekt zu beschreiben und darzustellen schien.

    Anne: Die Songs auf Part I und Part II heißen "Underworld", "Inferno", "Last at the Table", "Sapling", "Eight Eyes", "We Three", "The Well" und "Fog of War". Das klingt sehr mystisch und vor allem etwas danach, als wäre da eine Geschichte, die alles miteinander verbindet. Ein Bild oder eine Heldenreise. Ist es so? Wollt Ihr mir davon erzählen?

    Becca: Jeder Abschnitt steht für ein Kapitel einer Reise. Manchmal bekommen wir einen klaren Blick und können Anzeichen eines normalen Lebens erkennen. In anderen Momenten fallen wir in abstrakte Löcher und ins Unterbewusste. Manchmal gibt es ein paar Anzeichen dafür, dass wir das Gesamtbild erkennen können, aber wie bei jedem Menschen gibt es nur einige Hinweise darauf.

    Da wir erst die Hälfte der Reise hinter uns haben, möchte ich den Leuten nicht vorschreiben, wie sie sich fühlen sollen oder wie sie das Album zu interpretieren haben. Ähnlich wie der Versuch, einem Freund einen Traum zu erklären – das wahre Gefühl und die Essenz kann man nie wirklich teilen.

    Anne: Welches der bisher acht Stücke gefällt Euch persönlich am besten? Oder würdet Ihr sagen, man sollte sie nie voneinander trennen und immer zusammen hören?

    "Die Unterteilung in Songs ist ein Zugeständnis an die Streaming-Kultur"

    "i Häxa – Part I"
    "i Häxa – Part I"

    Peter: Das Projekt sollte als ein einstündiges Kunstwerk konsumiert werden. Die Unterteilung in vier Teile und 16 Songs ist ein reines Zugeständnis an die Streaming-Kultur.

    Becca: Auch wenn sie zusammen eine Welt bilden, habe ich persönlich eine Schwäche für "Sapling" und "We Three". Für mich fühlen sich diese Stücke an, wie gefällige, abgeschlossene Puzzlespiele. Sie sind für sich genommen perfekt ausbalanciert.

    Anne: Eure Musik lebt von ihren Gegensätzen und Widersprüchen, die sich immer wieder spiegeln und zeigen, was auf der anderen Seite passiert, jedoch nie aufeinandertreffen. Das führt zu unglaublich spannenden Songs, die Geschichten erzählen, die man als Hörer*in miterleben möchte und nachempfinden kann. Woher nehmt Ihr die Ruhe und Inspiration für dieses Gebilde aus Mystik, Klarheit, Ruhe und Spannung?

    Becca: Wir haben uns i Häxa genähert, um uns selbst auszudrücken und Kunst zu schaffen. Das klingt nach einem offensichtlichen Grund, Musik zu machen, aber ich war vorher in einem Umfeld, in dem sich das Erschaffen von Musik eher wie ein geschäftliches Unterfangen anfühlte. Mit vielen, vielen Leuten, die man zufriedenstellen musste. Hier ist alles erlaubt. Es war eine Lektion darin, sich daran zu erinnern, dass die besten Dinge aus einem Ort der Authentizität kommen. In erster Linie für sich selbst zu schaffen, statt zu versuchen, sich selbst durch das kleine Loch der Hoffnung darauf zu schieben, dass es kommerziell lebensfähig sein könnte.

    Was die Mystik betrifft, so hat mich das Bild der Hexe schon immer angezogen ("Häxa" = schwedisch "Hexe"). Großbritannien besitzt eine so reiche Geschichte des vorchristlichen Heidentums. Dazu zählen natürlich auch die skandinavischen, heidnischen Einflüsse der Wikinger. Ich bewundere moderne Hexenpraktiken und glaube fest daran, dass das Schreiben von Gedichten eine eigene Form der Wortmagie sein kann.

    i Häxa ist das erste Projekt, an dem ich beteiligt bin, bei dem ich alle Einflüsse entfesseln kann. Vom Kino bis zur Poesie und von der Spiritualität bis zu meinen persönlichen Tagebucheinträgen.

    Peter teilt meine Sprache, mit der ich über Musik in Farben, Gerüchen, Symbolen und Bildern spreche. Kürzlich fragte er mich, ob ein bestimmtes Stück eher wie ein eisiger, vom Mond beleuchteter See oder ein tiefer Abgrund sein sollte, in dem sich etwas an Deinen Füßen festkrallt. So etwas gefällt mir sehr gut.

    Anne: Euer Sound ist vielseitig und facettenreich. Er lässt sich in kein Genre einordnen – und das ist perfekt so, wenn es nach mir geht, also macht bitte so weiter! Dennoch gibt es viele Einflüsse und Andeutungen, die man darin erkennen kann. Gibt es einen Musikstil oder eine Szene, mit der Ihr Euch identifizieren würdet oder der Ihr Euch zugehörig fühlt?

    "Ich fühle mich mit so gut wie allen Genres verbunden"

    "i Häxa – Part II"
    "i Häxa – Part II"

    Peter: Vielen Dank für die freundlichen Worte. Ich habe nicht das Gefühl, dass es eine bestimmte Szene oder ein bestimmtes Genre gibt, das dieses Projekt ermöglicht hat, aber ich kann sagen, dass ich persönlich stark von Björk, Nine Inch Nails, The Prodigy, Radiohead und Goldie inspiriert wurde.

    Becca: Ich bin so froh, dass Du diesen Wahnsinn zu schätzen weißt. Mein eigener Musikgeschmack berührt so gut wie alle Genres. Darum freue ich mich sehr, Teil eines Projekts zu sein, das sich nicht auf ein bestimmtes beschränkt.

    Beim Arbeiten und Schreiben höre ich sehr viel Drone-Sounds. Nichts inspiriert meine Melodien so sehr wie ein Drone.

    Es fällt mir schwer, bestimmte Künstler*innen zu nennen, da meine Spotify-Wiedergabelisten nach Jahren geordnet sind. Es ist wirklich ein chaotisches Sammelsurium.

    Anne: Wenn es darum geht, ein Projekt wie i Häxa zu gründen – würdet Ihr sagen, dass Eure Heimatstadt London immer noch der perfekte Ort dafür ist?

    Becca: Ich bin in London geboren und wohne immer noch dort. Mich verbindet eine Hassliebe mit London, aber ich freue mich immer wieder, nach einer Reise dorthin zurückzukehren. Ich nenne die Stadt gerne die Stadt der hundert Hauptstädte. Sie ist so riesig und vielfältig.

    Jetzt, wo wir das Internetzeitalter erreicht haben, spielt es meiner Meinung nach keine Rolle mehr, wo man lebt, wenn man Musik macht.

    Peter: Ich lebe und arbeite jetzt seit 17 Jahren in Süd-Devon und könnte nicht glücklicher mit meiner Umgebung sein. Mein Studio Middle Farm liegt am Rande des Dartmoor Nationalparks – ein Ort der ständigen Inspiration, den ich mein Zuhause nennen kann.

    "Wir haben uns während der Aufnahmen für Beccas Band Anavae kennengelernt"

    Anne: Welche anderen Projekte gab es vor i Häxa für Euch?

    Becca: Ich bin auch Teil einer Band namens Anavae. Wir kreieren jetzt, wenn wir uns inspiriert fühlen, statt das Gefühl zu haben, dass wir es müssen.

    Peter: Ich war in unzähligen schrecklichen Punkbands in meinen Teenagerjahren und frühen 20ern.

    Anne: Wie habt Ihr Euch kennengelernt?

    Peter: Ich habe Anavae's Album "45" produziert. Während dieses langen und nicht ganz einfachen kreativen Prozesses haben Rebecca und ich uns kennengelernt, und den Grundstein für i Häxa gelegt.

    Becca: Es wurde klar, dass Peter und ich einen ähnlichen Geschmack haben und uns über bestimmte Songs auf dem Album kreativ verbunden haben, wobei wir oft unsere eigenen Wege gegangen sind.

    Anne: Besteht die Möglichkeit, Euch diesen Sommer auf einem der Festivals zu treffen? Habt ihr weitere Tourdaten geplant?

    Peter: Wir werden diesen Sommer unser Live-Debüt auf dem ArcTanGent Festival geben und am Freitag die Hauptbühne eröffnet

    Anne: Abgesehen von der Live-Performance Eurer Songs – wie sehen Eure Pläne für nach der Veröffentlichung aus?

    Becca: Ich bin gerade damit beschäftigt, die visuellen Elemente für Teil 3 und 4 zusammenzustellen – bleibt dran!

    Wir freuen uns besonders auf November, wenn wir unsere Vinyl-Versionen veröffentlichen werden.

    Anne: Vielen Dank, dass Ihr meine Fragen beantwortet habt. Es war mir ein Vergnügen, Euch kennenzulernen. Alles Gute für Eure Pläne!

    Becca: Vielen Dank, dass wir hier sein durften!

    i Häxa – "Eight Eyes" (live at Middle Farm Studios)

    i Häxa – "Part Two" (live at Middle Farm Studios)

    © 2024 · soundsvegan.com · Anne Reis