Velcros – "Strange News From The Vault"
Interview zum Album der Punkband aus Leipzig
Velcros – das sind Fabian Bremer (Aua, Radare), Nicolai Hildebrandt (Ex-Okta Logue) und Manuel Markstein (Wayste). Nach einem für sie prägenden Konzert der texanischen Punkband Radioactivity in einem Leipziger Underground-Club wussten sie: Wir müssen gemeinsam Musik machen. Besonders für Fabian und Nicolai bedeutete die Bandgründung eine Rückkehr zu ihren Punk-Wurzeln. Ihre gemeinsame Band Sarg hatte sich nach kurzer Zeit im Jahr 2013 aufgelöst.
Beim Probehören des Albums war mir sofort klar: Ich muss mehr über Velcros wissen! Schon ein paar Tage später bot sich die Gelegenheit für ein Interview mit Fabian. Wir haben uns unter anderem über die Bandgründung, Zukunftspläne und natürlich die Platte unterhalten. Weiter unten findet Ihr außerdem schon einige spannende Hörproben!
Anne: Moin! Danke, dass Ihr Euch die Zeit für das Interview nehmt! Wie geht es Euch? Euer Album "Strange News From The Vault" ist fertig, bald (22. März) kommt es raus, da steigt die Stimmung, oder?
Fabian: Ja, tatsächlich sind wir ziemlich gespannt darauf, das Album endlich zu veröffentlichen. Die Zeit, die zwischen Fertigstellung und Release verstreicht, führt häufig dazu, dass man als Band gar nicht mehr so dem Termin entgegenfiebert – aber das fühlt sich in diesem Fall anders für uns an. Vielleicht auch, weil es das erste Album mit einem neuen Projekt ist.
Anne: "Strange News From The Vault" – das klingt richtig schön skurril. Was hat es denn mit dem Tresorraum auf sich? Wollt Ihr mir die Geschichte, die zu diesem Namen geführt hat verraten?
Fabian: Ganz verraten wollen wir das nicht. Für mich persönlich ist es immer wichtig, eine Idee nicht ganz auszuformulieren, sondern gewisse Aspekte dem Gefühl zu überlassen und damit alles etwas mysteriöser für mich selbst zu halten. Cover und Titel gehen aber Hand in Hand – quasi eine Art Zeitkapsel und deren vorgefundene Einzelteile. So ein bisschen die Visualisierung der Vorstellung dessen, was man von sich zurücklässt oder wie man es vielleicht auch bewusst für die Nachwelt platziert. Wie Carl Sagans Golden Record, aber für kleine Sparer.
Anne: Was hat Euch beim Schreiben besonders inspiriert?
"Die Plattensammlung meiner Eltern hat mich inspiriert"
Velcros. Bild/Picture: © Velcros
Fabian: Rückblickend auf jeden Fall frühe musikalische Begegnungen durch die Plattensammlung meiner Eltern, unter anderem Tom Petty, Fleetwood Mac und die Soloalben von George Harrison. Aber auch ältere Bands, die ich erst später entdeckt habe, wie Big Star oder The Replacements. Dazu noch ein paar persönliche Tiefschläge, aber auch viele sehr positive Entwicklungen in meinem Leben. Die Songs sind ziemlich verstreut über die letzten zweieinhalb Jahre entstanden, wodurch in den Schreibphasen auch unterschiedliche Einflüsse durchblitzen. Die Vielfalt wollten wir im Kontext des Albums auf jeden Fall beibehalten und keine gesicherte Genreplatte produzieren, was ja auch durchaus hätte funktionieren können.
Anne: Stimmt es, dass Ihr Euch nach einem Konzert der texanischen Punkband Radioactivity in Eurer Heimatstadt Leipzig gegründet habt?
Fabian: Toller Gründungsmythos, oder? Also zugegeben: ja und nein. Das Konzert hat damals einen ziemlichen Eindruck bei mir hinterlassen und sicher die Motivation ausgelöst, wieder zurück zum Proberaum zu finden. Das ist mir in meinem Fall in den letzten Jahren etwas abhandengekommen, da die Projekte viel fokussierter auf Produktionsaspekte waren und weniger von der spontanen Dynamik des Zusammenspiels lebten. In der Zeit dazwischen liefen hier die beiden Alben von Radioactivity wirklich rauf und runter und waren sicher ein Auslöser, sich zum Schreiben neuer Songs zusammenzutun.
Anne: Eure Wurzeln liegen im Punk und Hardcore. Habt Ihr viele Berührungspunkte mit der Leipziger Punkszene?
Fabian: Wenige, um ehrlich zu sein. Teilweise kann ich gar nicht wirklich auseinanderhalten, welche Bands jetzt aus Leipzig oder eigentlich aus Berlin kommen. Als ich 2012 nach Berlin und dann 2015 nach Leipzig gezogen bin, gab es noch mehr Berührungspunkte und auch ein ernsthaftes Interesse, neue Bands zu starten, aber das verlief sich dann schnell. Erst als Nicolai parallel nach Leipzig zog und wir Manuel kennenlernten, kam der Wunsch wieder auf. Nicolai und ich hatten vorher schon zwischen Wiesbaden und Darmstadt gemeinsame Bands, Manuel war ebenfalls in der Leipziger Szene aktiv. Unsere Schnittmenge lag auf jeden Fall bei schnellerer und brachialerer Musik.
Anne: Wer sind Eure größten Einflüsse? Ich höre da ja durchaus auch Bands wie die Foo Fighters, Blur, The Veils, und auch einige Projekte raus.
"Über das Lob von Jan Müller (Tocotronic) haben wir uns sehr gefreut!"
Velcros. Bild/Picture: © Velcros
Fabian: Blur gehören für mich ganz sicher dazu, insbesondere was den Gesang angeht. Insgesamt schwierig einzuordnen, aber auf meiner persönlichen Liste wären da auf jeden Fall die Beatles, Big Star, Tom Petty, Radioactivity, Unwound und Hot Snakes vertreten. Wahrscheinlich auch irgendwie Nirvana. Und Manu hat mit Cende auch noch einen ziemlich tollen Genrevertreter in die Runde gebracht, zu dem wir hin und wieder mal herübergeschielt haben.
Anne: Jan Müller von Tocotronic hat Eure Platte im Reflektor Podcast sehr gelobt und ich finde, seine Beschreibung trifft den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. Besser als er kann man "Strange News From The Vault" kaum in Worte fassen. Seid Ihr befreundet?
Fabian: Über Jans Worte haben wir uns auch wirklich sehr gefreut. Tatsächlich gibt es da eine Verbindung und auch eine große persönliche Wertschätzung. An dieser Stelle ganz liebe Grüße an Jan.
Anne: Das Album ist ja insgesamt sehr vielseitig. Es geht von der poppigen Richtung bis ins wie schon erwähnte punkige. Welches Stück ist denn Euer Liebling von den insgesamt elf auf der Platte?
Fabian: Was die plötzliche Eingebung und Weirdness angeht, sicherlich "Hollowed", vom Songwriting wahrscheinlich eher "Starting Now" und auf persönlicher und textlicher Ebene wäre es "Floater". Schwierig zu sagen – ich höre die Songs ja ganz anders als andere. Kann mich wirklich nicht festlegen. Ich glaube, den anderen beiden geht es ähnlich. Man bewertet da ja auch die eigene Performance, den persönlichen Anteil am Entstehungsprozess sowie Sound und Produktion.
Anne: Wie sehen Eure Pläne nach dem Release-Tag aus?
"Wir werden bald live zu sehen sein!"
Fabian: Aktuell arbeiten wir unser Liveset aus und wollen im Laufe des Jahres mit unserer Bookingagentur pøj pøj die ersten Shows angehen. Mit Chris von Crazysane Records wird dann hoffentlich bei Gelegenheit auch auf den ersten gemeinsame Release angestoßen. Und ansonsten bleiben wir fleißig – neue Songs für Velcros sind in der Mache und mit meiner anderen Band AUA recorden wir gerade unser drittes Album. Uns wird auf jeden Fall nicht langweilig!
Anne: Wenn es etwas geben würde, das Ihr auf der Welt einfach so mit einem Fingerschnippen von heute auf morgen ändern könntet. Was wäre es und warum?
Fabian: Ich glaube, da passe ich. Das sind zu viele Baustellen für einmal Schnippen.
Anne: Vielen Dank für das Interview! Viel Erfolg mit "Strange News From The Vault"!
Fabian: Danke und alles Gute, Anne!
Vier der acht Songs vom Album "Strange News From the Vault" könnt Ihr jetzt schon hören. Ich verlinke Euch an dieser Stelle mal den Bandcamp Player. Ihr könnt die Platte ab dem 22.3. überall erwerben, wo es Tonträger gibt – und sie auf allen Musikplattformen streamen.