Mikroalgenöl als Palmöl-Alternative
Neue Studie der Nanyang Technological University
Palmöl-Alternativen – wie lange ich in diese Richtung schon recherchiere, kann ich nicht sagen. Jetzt haben Forschende möglicherweise tatsächlich ein Öl entdeckt, das bald in großen Mengen verfügbar und ebenso vielseitig einsetzbar sein könnte – ohne, dass dabei Urwälder zerstört werden oder schlagartig alles teurer wird: Mikroalgenöl
Was zuerst ein bisschen wie ein Traum klingt, ist tatsächlich sehr gut denkbar und liegt vielleicht auch gar nicht in so weiter Ferne. Palmöl kommt heutzutage in den unterschiedlichsten Produkten vor – vom Waschmittel über das Shampoo bis zum Brotaufstrich. Dabei ist es nicht nur ungesund – es könnte das Ende der Urwälder bedeuten, wenn nicht bald ein Ersatz gefunden wird. Alternativen (z. B. auf Hefebasis) werden zwar verstärkt erforscht, haben sich bislang aber noch nicht durchgesetzt. Falls es also klappt und Palmöl von Mikroalgenöl abgelöst wird, wäre das wirklich großartig.
Palmöl-Alternativen müssen sich schnell durchsetzen
Die Zeit drängt: Immer wieder brennt es im Regenwald, Tiere sterben und Ökosysteme stehen vor dem Kollaps oder stecken bereits mittendrin. Die Liste der Gründe, warum wir auf Palmöl verzichten sollten, ist seitenlang. Allerdings zählt für die meisten Firmen nach wie vor: Was billig ist und funktioniert, wird verwendet. Darum wird es Zeit für eine echte Lösung, die nicht nur für unsere Gesundheit, sondern vor allem für die des Planeten unbedenklich ist.
Einer aktuellen Studie zufolge1 könnte Öl aus Mikroalgen tatsächlich ein umweltverträglicher Ersatz sein – sogar längerfristig. Das beschrieben Forschende an der Nanyang Technological University (NTU) in Singapur in der Februar-Ausgabe des Journal of Applied Phycology. Sie hatten Öl aus Mikroalgen hergestellt und dabei im Vergleich mit Palmöl positive gesundheitliche Aspekte festgestellt.
Öl aus Mikroalgen – sprich aus photosynthetisierenden Mikroorganismen, die in Salz- oder Süßwasser leben – enthält mehr mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die den Cholesterinspiegel senken sowie weniger gesättigte Fettsäuren als Palmöl.
Mikroalgenöl ist nachhaltiger als Palmöl
Hinzu kommt, dass Mikroalgen nachhaltig sind: Unter Wasser wachsen sie so gut wie überall, sie sind dazu in der Lage, sich innerhalb kürzester Zeit zu regenerieren und die Gewinnung hat nur geringe Auswirkungen auf die Umwelt. Wir erinnern uns: Bei der Palmöl-Gewinnung werden ganz Wälder abgeholzt, bedrohte Arten vertrieben sowie die Lebensräume von Tieren wie Orang-Utans, Zwergelefanten und Sumatra Nashörnern für immer zerstört.
William Chen DSc, Leiter des NTU-Programms für Lebensmittelwissenschaft und -technologie, äußerte sich wie folgt zu den neusten Forschungsergebnissen:
"Die Entwicklung von Algenölen ist ein weiterer Erfolg für die NTU Singapur. Wir sind auf der Suche nach alternativen Lösungen für die Probleme innerhalb der Agrar- und Lebensmittelindustrie-Kette – insbesondere solcher, die negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Die Weiterentwicklung von Algen als potentielle Nahrungsquelle für uns Menschen ist eine Möglichkeit, die negativen Auswirkungen auf unseren Planenten zu verringern."
Für die Herstellung des Mikroalgenöls wird einer Lösung der Alge (Chromochloris zofingiensis) Brenztrauensäure (eine organische Säure, die in allen lebenden Zellen vorkommt) zugesetzt. Anschließend wird das Gemisch mit ultraviolettem Licht bestrahlt, um die Fotosynthese anzuregen.
Nachhaltige Ansätze für die Mikroalgenöl-Gewinnung
Um das Nährmedium für die Mikroalgen durch fermentierte Sojarückstände zu ersetzen und gleichzeitig den Ertrag an Mikroalgen-Biomasse zu steigern, hat das Forschungsteam ganz nebenbei noch eine kostensenkende Innovation entwickelt.
Nach 14 Tagen werden die Mikroalgen gewaschen, getrocknet und anschließend mit Methanol behandelt. Dabei brechen die Bindungen zwischen dem Öl und dem Protein der Algen auf – das Öl kann extrahiert werden – Auch für eine effiziente Extraktion haben die Forschenden eine grüne Verarbeitungstechnologie entwickelt.
Für die Erzeugung einer Ölmenge, die beispielsweise das Palmöl in einem 100-Gramm-Schokoriegel ersetzen könnte, sind lediglich 160 Gramm Algen nötig. Damit stellt die Algenöl-Entdeckung definitiv eine mögliche Palmöl-Alternative dar.
Die Nachfrage nach Palmöl steigt
Unterdessen steigert die Palmöl-Produktion ihren Output weiter. Stand heute ist Palmöl etwa in der Hälfte aller Verbrauchsprodukte des täglichen Bedarfs enthalten. In Lebensmitteln genauso wie in Haushaltsprodukten. Alleine im Jahr 2018 produzierten landwirtschaftliche Betriebe nachweislich mehr als 77 Millionen Tonnen Palmöl. Bis ins Jahr 2024 wird ein Anstieg auf 107,6 Millionen Tonnen erwartet – obwohl die schädlichen Auswirkungen von Palmöl vor Kurzem weltweit anerkannt wurden.
Um so wichtiger ist es, dass Forschungsinstitute wie die NTU weiter nach zukunftsweisenden Lösungen suchen und diese vorantreiben. Der NTU ist es im Juni des letzten Jahres unter anderem gelungen, in Zusammenarbeit mit dem Good Food Institute Asia Pacific einen neuen Studiengang zum Thema Fleischalternativen2 einzuführen. In Südostasien ist er der erste seiner Art.
Bild/Picture: parkstonephotography, pixabay