Orte der Kindheit
Zu Besuch in Bielefeld
Warum ich erst jetzt nach Bielefeld gefahren bin, weiß ich nicht. Eines ist aber mehr als sicher: Es war die richtige Entscheidung, es zu tun.
In Bielefeld habe ich einen großen Teil meiner Kindheit verbracht. Ich habe mich dort wohlgefühlt. Ich hatte jede Menge Freund*innen, eine tolle Lehrerin, meine beiden Brüder wurden dort geboren. Ich bin dort in den Kindergarten und in die Grundschule gegangen und meine ersten Meter mit dem Fahrrad gefahren.
In meiner Erinnerung war es immer hell, grün und schön in Bielefeld. Lange Jahre habe ich die Sehnsucht an diese alte Heimat als einen Teil von mir wahrgenommen. Aus irgendeinem Grund bin ich ihr jedoch nie nachgegangen und einfach hingefahren.
Warum nicht einfach hinfahren?
Ein Bekannter, der in Bielefeld lebt, machte dann vor Kurzem eine Bemerkung, die mir zu Denken gab:
"Fahr doch einfach mal hin. Du wirst sehen, es ist schön in Bielefeld!"
Einige Wochen arbeitete es noch in mir. Dann reservierte ich ein Hotelzimmer für zwei Nächte und einen Mietwagen. Das Ziel: Alle Orte aus der Vergangenheit besuchen und nachschauen, ob sie immer noch genau so sind, wie damals. Und was soll ich sagen? Es ist noch grüner geworden in Bielefeld. Das Haus aus meiner Kindheit steht noch an der selben Stelle und das Schönste: Bielefeld ist gar nicht so weit von Hamburg entfernt. Das hießt: Ich kann jederzeit hinfahren, wenn mich die Sehnsucht packt.
Bielefeld, die ostwestfälische Stadt am Teutoburger Wald war lange Zeit als das Zentrum der Leinenindustrie bekannt. Erstmals als Stadt erwähnt wurde es 1214 - die "Stadt, die es nicht gibt", gibt es also schon eine ganze Weile. Ihre Geschichte reicht den Büchern zur Folge bis in die Mitte des 9. Jahrhunderts zurück. Heute hat Bielefeld rund 333.000 Einwohner, damals waren es noch ein paar weniger. Während unseres Aufenthalts besuchten wir den Teutoburger Wald, die Sparrenburg über der Stadt sowie die nahegelegenen Externsteine, das Herrmannsdenkmal und noch ein paar andere Hotspots. Mehr dazu erfahrt Ihr demnächst hier auf der Seite.
Zwischen dem 25. und dem 75. Lebensjahr bereisen viele Menschen die Orte ihrer Kindheit. Ihnen geht es wie mir: Denken sie an die Zeit zwischen Kindergeburtstagen und Lesenlernen, geht die Schwärmerei los. Negative Erlebnisse und Tage mit schlechtem Wetter werden dabei automatisch vom Gehirn ausgeblendet.
Wir idealisieren unsere Kindheit
Forscher*innen haben herausgefunden, dass Menschen die Kindheit in ihrer Erinnerung stark idealisieren. Dieses Gefühl der Freiheit und Zwanglosigkeit wünscht man sich im Erwachsenenalter zurück. Lebt man nicht mehr an dem Ort, an dem man seine frühe Jugend verbracht hat, verbindet man ihn mit diesem positiven Bild.
Ein Glück, dass wir bei unserem Besuch so traumhaftes Frühlingswetter hatten. Ein verregneter Herbsttag hätte es mir sicher nicht so leicht gemacht, mir mein verklärtes Kindheitsbild ins Gedächtnis zurückzurufen. Auf Instagram habe ich Folgendes geschrieben:
"In dem Haus, vor dem ich stehe, habe ich meine Kindheit verbracht. Nach 28 Jahren habe ich es heute endlich wieder hingeschafft. Ein spannender Moment, als wir um die Ecke bogen und ich mich an alles erinnern konnte. Am liebsten wäre ich mal reingegangen. Doch einfach klingeln? Dafür bin ich leider zu schüchtern. Ein interessantes Erlebnis war es auch so. Und ein toller Tag. Ich bin froh, es durchgezogen zu haben. Habt Ihr sowas auch schon mal gemacht? Orte nach langer Zeit besucht, die Ihr früher sehr geliebt habt? Das würde mich brennend interessieren. Ich kann es auf jeden Fall jedem empfehlen. Es tut wirklich sehr gut - auch wenn es erstmal ein totales Wechselbad der Gefühle ist. Mann, was war ich aufgeregt, als wir heute Morgen losgefahren sind! Und dann: Totale Reizüberflutung! Es riecht sogar noch genauso wie damals!"
In unseren insgesamt drei Tagen in Bielefeld und Umgebung haben wir einiges gesehen und erlebt und ich habe jede Menge Bilder gemacht. Einige davon bekommt Ihr heute zu sehen, ein paar weitere werde ich in Kürze mit Euch teilen. Seid gespannt.
Bielefeld, ich komme wieder!
Die Orte der Kindheit zu bereisen, kann dabei helfen, zu sich selbst zu finden. Allerdings sollte man auch auf eventuelle Enttäuschungen vorbereitet sein. Das rosige Bild muss nicht in jedem Fall bestätigt werden. Man sollte sich daher vor dem Antritt der Reise in die Vergangenheit auf jeden Fall sicher sein, auch damit umgehen zu können.
Ich habe meinen Trip in die Kindheit sehr genossen und werde ihn vermutlich demnächst wiederholen. Ich war nämlich in manchen Momenten ganz schön aufgeregt, und habe ganz bestimmt das ein oder andere übersehen. Mit mehr Ruhe hätte ich ganz bestimmt noch sehr viel mehr entdeckt. Da bin ich mir sicher.