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    Grey Skies Ahead Gitarrist Martin über das kommende Album "Endling"

    "Ausgestorbene Tiere wie der Tasmanische Tiger und der Dodo haben uns beim Schreiben inspiriert"

    Interview von Anne
    17.09.2024 — Lesezeit: 12 min
    Grey Skies Ahead Gitarrist Martin über das kommende Album "Endling"
    Bild/Picture: © Grey Skies Ahead

    Post-Rock und moderne, experimentelle Heavy Music, angereichert mit präzisem Shouting, Kehlkopfgesang, cleanen Vocals, geprägt von markerschütternden Riffs und einer beeindruckenden Dynamik. Das alles ist Grey Skies Ahead. Die Fertigstellung des sensationellen neuen Albums "Endling" war für mich der perfekte Anlass, mich mal mit Gitarrist Martin zu unterhalten. Über die Platte, unsere liebste Post-Rock-Band und seinen Veganismus. Habt viel Freude beim Lesen und hört Euch diese Songs an, sie sind wirklich fantastisch!

    Anne: Hallo Martin! Danke, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Ich freue mich, Dich näher kennenzulernen. Wie geht es Dir im Moment? Was beschäftigt Dich heute?

    Martin: Hi! Danke, mir geht es derzeit sehr gut, ich genieße gerade meine letzten Ferientage. Wir haben heute noch eine Bandprobe, wo wir einen alten Song von unserem ersten Album "Panacea" etwas überarbeiten, um ihn dann kommenden Monat in einer Live-Session noch einmal aufzunehmen. Darauf bereite ich mich gerade vor.

    Anne: Mit Deinem Projekt Grey Skies Ahead hast Du ja gerade das wunderbare Album "Endling" fertiggestellt. Gratulation dazu! Ich durfte es ja bereits hören und bin begeistert. Die elf Songs sind dermaßen auf den Punkt komponiert, es ist ein Genuss! Ihr seid sicher ziemlich zufrieden mit dem Ergebnis Eurer Arbeit, oder?

    "Wir sind sehr stolz auf 'Endling'"

    Grey Skies Ahead
    Grey Skies Ahead

    Martin: Es freut mich sehr, dass es Dir gefällt! Ja, es war insgesamt durchaus ein sehr langwieriger und mühsamer Prozess, aber die Arbeit hat sich in unseren Augen sehr gelohnt. Wir sind unglaublich stolz auf das Ergebnis und können es jetzt kaum erwarten, es endlich zur Gänze zu veröffentlichen.

    Anne: Ihr habt 2021 bereits damit angefangen, die elf Songs auf "Endling" aufzunehmen. Habt Ihr in der Zeit bis jetzt irgendwann mal Eure Strategie geändert oder habt Ihr von Anfang an ein festes Konzept verfolgt?

    Martin: Wir hatten von Anfang an eine grobe Idee, wohin es gehen soll und was wir mit dem Album ausdrücken wollen. Der Titel stand dabei schon von Beginn an fest, vieles hat sich dann aber erst im Schreibprozess ergeben.

    Anne: "Endling" – den Begriff verbinde ich unter anderem mit einem ziemlich dystopischen Computerspiel, das ich mal gespielt habe. Er steht ja für das (vermutlich) letzte Exemplar einer Art. Wie seid Ihr auf diesen Titel für Euer Album gekommen und was verbindet Ihr damit? Du hast mir erzählt, dass das Thema Dich schon sehr lange beschäftigt – unter anderem durch das Schicksal des letzten Tasmanischen Tigers? Habt Ihr den Gedanken, was passiert, wenn eine Art von diesem Planeten verschwindet, auf die Menschheit übertragen?

    Die Geschichte eines Tigers

    Grey Skies Ahead
    Grey Skies Ahead

    Martin: Ja genau! Vor Jahren hatte ich einmal eine Dokumentation über Tierarten gesehen, die durch das Zutun des Menschen ausgestorben sind. Also neben dem Tasmanischen Tiger beispielsweise auch der Dodo oder die Wandertaube. Ich kann mich noch gut erinnern, wie sehr mich die Aufnahmen des letzten Tasmanischen Tigers Benjamin, der schließlich einsam in einem australischen Zoo verstarb, bedrückt hatten. Wir erleben derzeit ein nie dagewesenes Artensterben und zu realisieren, dass jede dieser aussterbenden Arten ja letztlich einen Endling haben muss, hat mich sehr nachdenklich gemacht.

    Angesichts der zahlreichen Krisen und Bedrohungen, mit denen sich die Menschheit in jüngster Zeit konfrontiert sieht, habe ich versucht, mir vorzustellen, wie es denn dem letzten Menschen gehen könnte, sollte die Menschheit tatsächlich irgendwann nicht mehr fortbestehen. Während der Corona-Lockdowns hat man schon sehr stark gemerkt, wie negativ sich Einsamkeit und Isolation auf die Psyche auswirken können. Ich denke, die meisten nicht-menschlichen Endlinge haben – glücklicherweise – nicht die geistigen Fähigkeiten, diese definitive Einsamkeit vollends zu begreifen; beim Menschen wäre das schon etwas anderes.

    Meine Frau schlug dann "Endling" als Name für ein Post-Black-Metal-Projekt, das mir schon länger im Hinterkopf herumschwirrte, vor. Nachdem ich mich dann mehr mit dem Gedanken beschäftigt hatte, war ich der Meinung, dass sich das Thema auch gut für ein Konzept-Album mit Grey Skies Ahead eignen würde und meine Bandkollegen waren zum Glück auch schnell davon überzeugt. Wer weiß, vielleicht wird aus dem Nebenprojekt ja irgendwann doch noch einmal etwas, aber ich bin wirklich sehr froh, dass wir das jetzt gemeinsam angegangen sind.

    Anne: Du lebst seit über 14 Jahren vegan und Tierrechte sind Dir sehr wichtig. Das hat unter anderem ja auch dazu geführt, dass Du das Thema "Endling" in Eure Band eingebracht hast. In der Regel ist es ja für uns ethische Veganer*innen immer eher schwierig, Menschen auf derartige Themen aufmerksam zu machen. Würdest Du sagen, dass Du über die Jahre zum Experten auf diesem Gebiet geworden bist? Gelingt Dir das häufiger?

    "Ich unterrichte Mathe und Ethik"

    Grey Skies Ahead
    Grey Skies Ahead

    Martin: Das ist tatsächlich oft etwas schwierig, wobei mir schon auffällt, dass vor allem in den vergangenen Jahren viele Menschen dem gegenüber offener geworden sind. Ich bringe das Thema im privaten Bereich mittlerweile in der Regel zugegebenermaßen aber nur sehr selten auf, da war ich früher schon konfrontativer. Häufig kommen jedoch andere mit Fragen dazu auf mich zu, was mich jedes Mal sehr freut, weil das meistens mit einem echten Interesse an der Thematik verbunden ist und dadurch dann oft auch konstruktive Gespräche entstehen.

    Neben Mathematik unterrichte ich seit ein paar Jahren Ethik, somit gehört es zu meinem Beruf, auch Tierethik aufzubringen und mit meinen Schüler*innen beziehungsweise Studierenden zu diskutieren. In dem Kontext muss ich natürlich ausgewogen und multiperspektivisch arbeiten. Wenn man emotional selbst so nahe an einem Thema dran ist, kann das ganz schön herausfordernd sein, aber ich denke, es gelingt mir mittlerweile immer besser.

    Anne: Ich habe schon Künstler*innen getroffen, die sehr offen mit ihrem Veganismus und Tierrechtsaktivismus umgehen und sich aktiv stark machen für die Tiere Moby und Crippled Black Phoenix haben mir im Interview zum Beispiel verraten, wie sie ihre Musik und ihren Aktivismus miteinander verbinden. Gleichzeitig habe ich auch schon erlebt, dass vegan lebende Musiker*innen in Bands eher unter dem Radar fliegen und ihren Veganismus kaum zum Thema machen. Beides hat die unterschiedlichsten Gründe und beides kann ich verstehen. Das eine etwas mehr, das andere etwas weniger. Wie geht es Dir damit? Gehst Du auf die Bühne und sprichst die Missstände vor Euren Fans an? Engagierst Du Dich anderweitig?

    "Ich bin der einzige Veganer in der Band"

    Grey Skies Ahead
    Grey Skies Ahead

    Martin: Ich bin da aktuell definitiv von der Sorte "unter dem Radar fliegen" – in erster Linie, weil ich der einzige Veganer in der Band bin. Also meine Bandkollegen sind da durchaus offen und mir gegenüber unterstützend, zum Beispiel wenn es darum geht, vegane Verpflegung bei Auftritten etc. zu haben, aber ich lasse das Thema im Kontext von Grey Skies Ahead eher außen vor, weil da eben nicht alle entsprechend dahinterstehen.

    Sollte ich das "Endling"-Nebenprojekt tatsächlich einmal starten, würde ich da Veganismus und Tierrechte definitiv stärker in den Fokus rücken oder vielleicht sogar zum zentralen Thema machen. Jedoch fehlt mir dazu derzeit leider einfach die Zeit und Energie. Ich finde es jedenfalls richtig toll und wichtig, dass es einige Künstler*innen gibt, die ihren Aktivismus da auch offen thematisieren und ihre Plattform nutzen, beispielsweise Alissa White-Gluz von Arch Enemy oder die Band Heaven Shall Burn.

    Früher war ich häufiger bei Infoständen aktiv, heute beschränkt sich mein Aktivismus in erster Linie darauf, auf Demos zu gehen und entsprechende Organisationen finanziell zu unterstützen.

    Anne: Was hat sich in den 14 Jahren, die Du insgesamt schon vegan lebst, am meisten verändert? In Bezug auf die vegane Szene, auf die Bevölkerung als Ganzes und auf die Musikszene? Ich bin sehr gespannt auf Deine Antwort, da sich das Datum unseres Veganwerdens tatsächlich sehr ähnlich ist (lacht).

    Martin: Es ist definitiv einmal wesentlich einfacher geworden, vegan zu leben. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich in meinen ersten Jahren häufig noch so Basics wie Sojamilch, Tofu, Sojajoghurt oder Seitan selbst gemacht habe, weil es das in vielen Supermärkten einfach noch nicht gab. Mittlerweile ist die Auswahl zum Teil fast schon überfordernd (lacht). Außerdem ist die gesellschaftliche Akzeptanz einfach viel größer geworden, ich habe das Gefühl, man ist jetzt fast schon in der "Mitte der Bevölkerung" angekommen. Viele, die (noch) nicht vegan leben, sind sich der Probleme, die mit der "Nutztierhaltung" verbunden sind, bewusst und haben zumindest Verständnis, vor 14 Jahren musste ich in Gesprächen dazu vieles noch lange erläutern. Insgesamt bin ich da recht optimistisch gestimmt, was die zukünftige Entwicklung betrifft.

    In der Musikszene trifft man jetzt immer häufiger auf andere Veganer:innen und das spiegelt sich auch sehr darin wider, dass man bei den meisten Venues mittlerweile auch gutes – oder zumindest brauchbares – veganes Catering bekommt. Ich hatte letztens erst ein kurzes Gespräch darüber, dass in der Metal-Szene eigentlich relativ viele vegetarisch oder vegan leben, obwohl das Cliché ja eher etwas anderes vermuten lässt.

    Anne: Bevor Du vegan wurdest, hast Du Dich fünf Jahre lang vegetarisch ernährt. Möchtest Du mir erzählen, wie es zu dem Umdenken kam?

    Martin: Vegetarier wurde ich mit 15. Ich kann mich noch sehr gut an den Moment erinnern, als ich auf meinen Teller ein Stück Fleisch gesehen und erstmals die direkte Verbindung gemacht habe, dass dafür tatsächlich ein fühlendes Lebewesen sterben musste. Ich konnte das noch lebende Tier – es war eine Pute – direkt vor meinem inneren Auge sehen. Ich muss dazu sagen, dass ich bis dahin keinesfalls ein naives Bild von der Sache hatte – meine Eltern sind jeweils auf Bauernhöfen aufgewachsen, wo ich als Kind auch viel Zeit verbracht hatte und viele Dinge einfach als "normal" kennengelernt und nicht hinterfragt hatte. Von da an habe ich dann eben kein Fleisch mehr gegessen und war zunächst überzeugt, dass damit zum Wohl der Tiere ja "alles" getan sei. Nachdem ich im Laufe der Zeit dann aber immer wieder – zum Beispiel durch Aktivist:innen in Fußgängerzonen oder auch online – damit konfrontiert wurde, dass auch die Milch- und Eierproduktion mit immensem Tierleid verbunden ist, begann dieses Bild natürlich schnell zu bröckeln. Meine damalige Freundin lebte dann schon länger vegan und ich habe bei ihr gemerkt, dass das eigentlich nicht so schwierig ist. Ich habe dann über ein Jahr hinweg immer weniger tierische Produkte konsumiert, weil ich es mit meinem Gewissen einfach nicht mehr vereinbaren konnte. Irgendwann wurde mir dann bewusst, dass ich schon ein paar Wochen gar keine mehr konsumiert hatte und bin dabeigeblieben. Heute kann ich es mir gar nicht mehr anders vorstellen.

    "Als Veganer*innen sollten wir viele Gespräche auf Augenhöhe führen"

    Grey Skies Ahead
    Grey Skies Ahead

    Anne: Was können wir Veganer*innen tun, um Menschen dabei zu unterstützen, die Verbindung herzustellen: Alle Tiere empfinden Schmerz und haben Gefühle – ganz gleich, ob es sich um eine Katze, einen Hund, ein Rind oder ein Schwein handelt. Die Haltung von Tieren zum Zwecke der Lebensmittelgewinner verschärft den Welthunger und ist einer der größten Treiber der Klimakatastrophe.

    Martin: Viele Gespräche auf Augenhöhe führen. Ich finde es unglaublich wichtig, bei dem Thema sachlich und vor allem respektvoll zu bleiben, auch wenn das in einigen Situationen sicher nicht so leichtfällt. Ich kann dabei jeder*jedem nur ans Herz legen, sich mit verschiedenen ethischen Positionen vertraut zu machen und nicht jedes vermeintliche pro-vegane Argument unkritisch und unhinterfragt zu übernehmen, weil man sich sonst auch leicht angreifbar macht. Es gibt mittlerweile zum Glück sehr viele Ressourcen, die das Thema verständlich und nachvollziehbar aufbereiten. Auch nach so langer Zeit und teilweise intensiver Beschäftigung lerne ich da selbst noch regelmäßig dazu!

    Anne: Hast du da vielleicht einen Literatur-Tipp für uns?

    Martin: Ich fand das Buch "Tierethik (kurz+verständlich)" von Friederike Schmitz einen ausgezeichneten Einstieg in das Thema.

    Anne: Zurück zu Eurer Musik. Ihr wart bis 2021 noch hauptsächlich als Instrumentalband unterwegs. Seit "Endling" ist nun Euer Sänger Phil festes Mitglied von Grey Skies Ahead. Wie war es, das erste Mal mit einem Sänger zusammenzuarbeiten?

    "Wir schreiben unsere meisten Songs im Proberaum"

    Grey Skies Ahead
    Grey Skies Ahead

    Martin: Es hat sich gleich bei den ersten Proben sehr gut angefühlt und wir wussten sehr schnell, dass Phil genau der richtige Sänger für uns ist. Zu Beginn war es dann aber doch eine ordentliche Umstellung und wir ertappen uns heute auch noch manchmal dabei, beim Schreiben von neuem Material den Gesang nicht gleich "mitzudenken". Aber es klappt immer besser. Nun denken wir auch wieder mehr in "klassischen" Songstrukturen wie Strophen und Refrains, was ich davor zeitweise stark ablehnte, da mir dieses Schema zu schablonenhaft und festgefahren vorkam. Mittlerweile habe ich mich damit arrangiert, weil es sich so mit dem Gesang einfach besser vereinen lässt und wir trotzdem weiterhin nicht nach Schema F vorgehen.

    Anne: Ihr habt einen Großteil der Stücke in Eurem Proberaum in Graz aufgenommen. Du wohnst in Wien und Phil in Salzburg. Das hört sich nach einigen Wochenenden an, die Ihr mit Zugfahrten und wenig Schlaf verbracht habt. Würdet Ihr das bei kommenden gemeinsamen Projekten wieder so machen oder würdet Ihr für die Band einen Ortswechsel in Erwägung ziehen?

    Martin: Ja, also die Kaffee-Maschine im Proberaum war neben unseren Instrumenten definitiv unser wichtigstes Equipment-Teil in dieser Zeit (lacht). Unser Songwriting findet Großteils gemeinsam im Proberaum statt, das ist zwar sehr zeitintensiv, aber funktionierte für uns bisher so einfach am besten.

    Die ersten Jahre in der Band waren wir alle gemeinsam in Graz und konnten wirklich sehr regelmäßig proben. Das war auch eine Zeit, die uns sehr zusammengeschweißt hat, weshalb das dann mit diversen Umzügen im Laufe der Jahre trotzdem immer geklappt hat, die Band weiterhin am Leben zu halten. Abgesehen davon, dass Phil 2021 dazugestoßen ist, ist unser Line-up seit meinem Einstieg 2013 konstant. Uns ist allen bewusst, dass diese Konstellation – mit den engsten Freunden die Musik, die man liebt, machen zu können – etwas ganz Besonderes ist, das wir so wohl nie mehr finden würden. Deshalb räumen wir alle der Band eine hohe Priorität ein. Wir haben vor ein paar Jahren sogar mehrere Monate durchgestanden, als unser Bassist Eric in Aachen gelebt hat und dann ca. einmal im Monat per Nachtzug oder Flugzeug zur Probe angereist ist.

    Graz wird denke ich jetzt immer unsere Homebase bleiben – meine Familie wohnt hier und Phil hat beruflich regelmäßig hier zu tun, abgesehen davon haben wir auch einen eigenen Proberaum, den meine Bandkollegen ausgebaut haben.

    Anne: Ihr habt Euch 2011 in Graz gegründet. Außer dem Punkt, dass Ihr jetzt mit einem Sänger unterwegs seid: Was hat sich seitdem für Grey Skies Ahead geändert?

    Martin: Wir sind wesentlich professioneller und unser Songwriting ist einfach reifer geworden. Wenn ich unsere neuen Songs mit jenen aus den Anfangstagen, genauer gesagt unserer ersten Demo "Katharsis", vergleiche, dann liegen da in meinen Augen teils Welten dazwischen.

    Was sich – nicht nur für uns, sondern wohl für fast alle Künstler:innen – in dieser Zeit sehr stark verändert hat, ist die Tatsache, dass man heute sehr viel mehr Zeit und Energie in das Bespielen von Social-Media-Kanälen investieren muss, um eine entsprechende Reichweite zu erlangen. Was sich zum Glück nicht verändert hat, ist, dass wir noch immer unglaublich viel Spaß und Freude am gemeinsamen Musik-Machen und -Schreiben haben.

    Anne: Wir teilen die große Liebe für die schwedische Post-Rock-Band EF (Interview hier). Möchtest Du mir Dein Lieblingsalbum verraten?

    "Ich liebe Bands wie EF, The Ocean und Godspeed You! Black Emperor"

    Grey Skies Ahead
    Grey Skies Ahead

    Martin: "Ceremonies" sticht, finde ich, am meisten heraus, wobei ich wirklich alle ihre Veröffentlichungen großartig finde, vor allem auch das letzte Album "We Salute, You, You and You!".

    Anne: Gibt es weitere Bands/Künstler*innen, die Dich besonders inspirieren und begeistern? Hast Du vielleicht sogar einen veganen Tipp für mich?

    Martin: Neben EF, die mein eigenes Songwriting schon sehr beeinflusst haben, sind wohl The Ocean, Godspeed You! Black Emperor, Daughter, Amalthea, King Woman, White Ward und Russian Circles jene Künstler:innen, die ich die letzten Jahre am meisten gehört habe. Ich habe dann aber immer wieder Phasen, wo ich gänzlich in eine andere Musikrichtung hineinkippe, so ist unter anderem ein ruhiger Gitarren-Part vom Song "Lost Harbour" von der Band American Football inspiriert, weil wir den Song geschrieben haben, als ich gerade viel Midwest Emo gehört habe. Meine Liebe zu Post-Punk und 80s Pop konnte ich da bisher noch nicht einfließen lassen – aber wer weiß, vielleicht ist dafür dann am nächsten Album etwas Platz.

    Zu den veganen Künstler:innen, die ich sehr schätze, gehören unter anderem Johnny Marr und King Apathy, die sich ja leider bereits aufgelöst haben. In der Wiener Szene fallen mir jetzt ad-hoc noch Tim Primbs (Gitarrist bei Lehnen sowie BOG, Post-Rock oder -Metal), Julia Schwarzer (Sängerin und Gitarristin unter anderem bei CAYES, Dark Grungy Folk Rock) sowie Clemens Straganz (Bassist bei Minus Green, instrumentaler Stoner Rock) als großartige und hörenswerte vegane Musiker:innen ein.

    Anne: Als Band vereint Ihr Einflüsse aus Prog, Hardcore und Post-Music und gebt Bands wie Gojira, Architecs, Rosetta und The Ocean (Interview hier) als Vorbilder an. Das ist musikalisch insgesamt ziemlich breit gefächert. Für mich klingt das großartig, weil es, wie man ja sehr gut an Eurer Musik hören kann, zu einem facettenreichen Sound führt. Seine Bestandteile verbinden sich überraschend perfekt und alles wird zu einer sehr runden Sache. Gibt es dennoch gelegentlich Diskussionen in die Richtung oder wünschen sich einzelne Bandmitglieder auch mal, ihren persönlichen Stil mehr hervorheben zu können? Wie einigt Ihr Euch dann?

    Martin: Ja, wir kommen da alle ein wenig aus verschiedenen Richtungen; ich selbst bin von allen in der Band sicher am meisten vom Post-Rock & -Metal sowie auch Black Metal geprägt. Das Songwriting läuft da in der Regel sehr organisch und demokratisch ab – jeder bringt seine Ideen ein und wenn es für alle stimmig klingt, wird es genommen. Was natürlich auch dazu führt, dass immer wieder Teile verworfen werden, die einzelnen von uns gut gefallen, aber da gab es bisher zum Glück noch keine nennenswerten Konflikte. Die größte Diskussion, die wir bisher hatten, war sicher die Frage, ob wir instrumental bleiben oder doch eine:n Sänger:in aufnehmen, wobei ich mich da sicher am längsten gesträubt hatte. Irgendwann wurde ich dann doch überzeugt und heute bin ich unglaublich froh, dass wir Phil dabeihaben, weil er durch sein riesiges gesangstechnisches Repertoire unseren Sound in meinen Augen perfekt komplettiert und sich auch im Songwriting sehr gut einbringt.

    Anne: Wann können meinen Leser*innen "Endling" zum ersten Mal komplett hören?

    "Wir freuen uns auf unsere Konzerte!"

    Martin: Das gesamte Album erscheint am 31.10. Die erste Single "Midas" kam am 31.7. heraus, am 28.8. folgt dann "Solitude" und am 25.9. "Ego".

    Anne: Und wann sehen wir Euch live?

    Martin: Am 28.9. sind wir als Headliner beim Post-Rock Fest in Prag zu Gast, am 23.11. spielen wir in Graz. Weitere Termine im Herbst/Winter werden demnächst voraussichtlich noch folgen.

    Anne: Wenn Du Dir etwas aussuchen könntest, das sich auf der Welt verändern sollte. Was wäre es und warum?

    Martin: Puh, gute Frage. Eine einzelne Sache herauszupicken, ist da ziemlich schwierig. Ich denke, ich würde ich mich dafür entscheiden, dass die Bekämpfung des Klimawandels global endlich ernsthaft und konsequent angegangen wird, bevor es endgültig zu spät ist und unser dystopisches Album-Szenario nicht doch Realität werden könnte. Es bricht mir regelmäßig das Herz, wenn ich daran denke, dass meine kleine Tochter später vielleicht einmal keine intakte, lebenswerte Umwelt mehr erleben wird.

    Anne: Vielen Dank für Deine Antworten! Es hat mir großen Spaß gemacht, mich mit Dir zu unterhalten. Viel Erfolg für Euer Album!

    Martin: Danke Dir für das Interview und die spannenden Fragen!

    Grey Skies Ahead – "Midas"

    © 2024 · soundsvegan.com · Anne Reis