Soundsvegan Logo

soundsvegan.com

    Moby – Interview über Veganismus, "Always Centered At Night" und Tourpläne

    "Ich liebe es, mit meiner Akustikgitarre und einer veganen Pizza im Garten zu sitzen!"

    Interview von Anne
    25.06.2024 — Lesezeit: 13 min
    🇬🇧 Read English Version
    Moby – Interview über Veganismus, "Always Centered At Night" und Tourpläne

    Moby war immer einer meiner wichtigsten Einflüsse rund um Veganismus und die Tierrechtsbewegung – und er hat meinen Musikgeschmack seit den 1990er-Jahren entscheidend geprägt. Mit seinem neuen Album "Always Centered At Night" hat er mal wieder ein neues Kapitel aufgeschlagen und es gibt noch viel mehr zu erzählen – von seiner geplanten Tour durch Deutschland, bei der alle Einnahmen an Tierrechtsorganisationen gehen sollen, bis zu seinen Plänen, mit Little Walnut einen Tierrechtsfilm zu drehen. Ich hatte die Chance, mein Idol in einem 30-minütigen Videocall zu interviewen und habe dem Künstler einige Fragen, die sich über die Jahre angesammelt haben, zu stellen – natürlich habe ich ihn auch zu seinen aktuellen Projekten befragt. Hier ist mein Moby Interview – Ich wünsche Euch viel Freude beim Lesen!"

    Anne: Hi Moby! Wow! Es ist eine große Ehre, heute mit Dir zu sprechen! Ich habe so viele Fragen an Dich, ich muss wirklich diszipliniert sein, wenn es mir gelingen soll, sie alle in 30 Minuten zu packen! Als großer Fan seit der ersten Stunde habe ich Deine Arbeiten über die Jahre natürlich mitverfolgt – von den ersten Moby Songs, die hier in Deutschland in den 1990ern auf Raves aufgetaucht sind, über Deine Autobiografie "Porcelain" und Deinen Podcast Moby Pod und nicht zu vergessen Dein enthusiastisches und inspirierendes Engagement in der Tierrechts- und Veganismusbewegung – und Dein neuestes Album "Always Centered At Night" natürlich! Gratulation dazu! Es ist mir eine Freude, Dich als Gast zu haben! Danke, dass Du Dir die Zeit für mich nimmst! Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen. Wie geht es Dir heute? Wie war Dein Tag bis jetzt?

    Moby: Hier in Los Angeles ist es gerade 9:45 Uhr und bis jetzt war mein Tag tatsächlich sehr, sehr langweilig (lacht). Ich hatte ein sehr langes Frühstück, habe gegessen und Tee getrunken, die Nachrichten gelesen und ein Buch. Dann habe ich draußen Yoga gemacht und anschließend angefangen, Interviews zu geben.

    Anne: Du hast Dein neues "Always Centered at Night" am 14. Juni veröffentlicht. Was war für Dich die größte Inspiration, als Du diese Songs geschrieben hast?

    "Es war eine große Inspiration für mich, für 'Always Centered at Night' mit diesen großartigen Stimmen zu arbeiten"

    Moby. Bild/Picture: © Mike Formanski
    Moby. Bild/Picture: © Mike Formanski

    Moby: Es waren tatsächlich nur zwei Inspirationen. Eine waren die großartigen Stimmen. Seit ich sehr jung war, wollte ich ein guter Sänger sein. Allerdings habe ich sehr früh gelernt, dass ich zwar kein besonders schlechter, allerdings auch kein besonders guter Sänger bin. Als ich also in den frühen 1990ern anfing, habe ich realisiert, dass ich mit hervorragenden Sänger*innen zusammenarbeiten musste, wenn ich hervorragende Sänger*innen auf meinen Platten haben wollte.

    Diese Platte ist für mich also vor allem ein Tribut an diese wirklich besonderen Stimmen. Ich habe mich aber auch ein wenig von der Nostalgie inspirieren lassen, die aufkommt, wenn ich daran denke, wie es sich in den 1980ern angefühlt hat, in New York zu sein – als Musik noch nicht wirklich einem Genre anhaftete. Weißt Du, Du bist einfach in einen Plattenladen oder einen Nachtklub gegangen und die Menschen haben auf so viele unterschiedliche Musikarten getanzt. Das war so ein eklektischer Ansatz, sich mit Musik auseinanderzusetzen. Also auch, wenn diese Platte nicht nostalgisch klingen mag, wurde sie dennoch davon inspiriert. Von diesem Gefühl, Musik zu entdecken, bei der kein Song wie der andere klingt, Du Dich aber in jeden Einzelnen davon verliebst.

    Anne: Du hast die Songs auf "Always Centered at Night" mit Künstler*innen wie dem leider vor Kurzem verstorbenen Benjamin Zephaniah sowie serpentwithfeet ("on air"), Jose James ("ache for"), Gaidaa ("transit") Akemi Fox ("fall back"), Aynzli Jones ("medusa") und der Soul-Jazz-Sängerin Lady Blackbird aufgenommen, die auch auf der Vorauskopplung des Albums "Dark Days" zu hören war. Einige von ihnen sind gute Freund*innen von Dir. Teilen sie auch Deine Einstellung zu Tierrechten und Veganismus mit Dir?

    Moby: Vor allem mit Benjamin Zephaniah. Für mich war er eine der prägendsten Personen, mit denen ich bisher zusammengearbeitet habe, weil er der erste Sänger ist, den ich über seinen Aktivismus kennengelernt habe. Normalerweise fokussiere ich mich ausschließlich auf ihre Stimme und ihre Möglichkeit zu singen oder zu sprechen, wenn ich mit Sänger*innen zusammenarbeite. Ich konzentriere mich vor allem auf die Stimme, während ich in seinem Fall vor vielen Jahren durch seinen veganen Aktivismus auf ihn aufmerksam geworden bin. Ich mochte es, dass er so offen und kompromisslos, aber stark in seiner Ausdrucksweise war. Er war nicht aggressiv, aber auch nicht schwach. Es hat sich angefühlt, als hätte er das für ihn perfekte Mittelmaß gefunden. Dadurch konnte er vollständig hinter dem stehen, an das er glaubte, ohne mit irgendjemandem kämpfen zu müssen. Ich habe mich also zuerst an ihn als Aktivisten gewandt und habe mich dann später in seine Stimme verliebt. Zuallererst hatte ich jedoch großen Respekt vor seinem Aktivismus.

    Anne: Ich würde gerne für ein paar Fragen beim Veganismus bleiben, bevor wir mit den News zu Deinen aktuellen Projekten weitermachen. Du inspirierst mich als vegan lebenden Menschen schon eine ganze Weile. Ich denke, das liegt an Deiner starken, Zweck-getriebenen und gleichzeitig sehr natürlich und ruhig wirkenden Art, Deine Stimme für die Tiere zu nutzen. Du hast mich damit zum Beispiel auch darin bestärkt, mit dem, was ich tue, weiterzumachen. Sprich, damit, die für mich wichtigsten Dinge mit Sounds Vegan zu verbinden – Veganismus und Musik.

    Ich habe ein paar Insights über Deine vegane Reise im Moby Pod gehört – vor allem darüber, was Dich dazu inspiriert hat, 1987 vegan zu werden. Du hast auch in "Porcelain" darüber geschrieben. Darüber, Tieren kein Leid zufügen zu wollen, Straight Edge zu werden und Fast Food gegen vollwertiges Essen zu tauschen. Ein Punkt, der mich besonders interessiert ist: Gibt es Menschen, die Dich auf Deinem Weg zum Veganismus und zur Tierrechtsbewegung besonders inspiriert haben?

    "Ich wollte zu 100 Prozent vegan leben"

    Moby
    Moby

    Moby: Ja! Ich meine, ich wurde 1984 Vegetarier, weil ich damals dachte, Vegetarismus wäre radikal genug. Weißt Du, ich dachte, nur Rind, Hühnchen und Fisch aufzugeben würde reichen. Genau wie viele andere Menschen auch, wusste ich nicht, dass die Milch- und Eierproduktion, vor allem auf dem industriellen Level, in Wirklichkeit noch schlimmer ist, weil die Tiere weiterleben und immer weiter ausgebeutet werden.

    Ein Buch, das mich Mitte der 1980er wirklich inspiriert hat – und es gab damals noch nicht viele Informationen – ist "Diet for a New America" von John Robbins. Es war das Buch, das mich realisieren ließ, dass es nicht reichte, Vegetarier zu sein. Ich musste zu 100 Prozent vegan leben. Und natürlich Peter Singers "Animal Liberation". Und dann natürlich auch die wenigen bekannten Leute, die es damals in der Szene gab. Ich glaube, es war Dr. Neil Bernard. Er war einer der Ersten, von denen ich las, die Veganismus mit Gesundheit in Verbindung brachten. Ich würde also sagen, es waren diese drei Menschen – John Robbins, Neil Bernard und Peter Singer – die Ersten, die über den Veganismus geschrieben haben, als er noch so verrückt schien, dass nicht mal jemand das Wort erwähnte.

    Anne: Bernards Text über Käse hat mich ziemlich inspiriert, als ich von vegetarisch zu vegan wechselte. Ich denke, ich habe ihn auch im PETA Magazin gelesen.

    Es ist schon eine Weile her, seit Du vegan wurdest. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass es kein Zurück mehr gibt, wenn man mal die "andere Seite" gesehen hat. Das ganze Leid und die Grausamkeit gegenüber Tieren und die unnötige Ausbeutung. Mir ist aufgefallen, dass es sich immer mal wieder schlimmer anfühlt – unvorhersehbar und plötzlich. Ich würde es als Wellen bezeichnen. Also, nichts tun zu können, was größere Auswirkungen hat. Wenn das passiert, muss ich jedes Mal noch tiefer in Themen wie Massentierhaltung oder Pelzfarmen eintauchen. Ist Dir das auch schon passiert? Weißt Du, wie Phasen, in denen Du den Drang spürst, noch mehr zu tun, aber es gibt diese Grenzen der Gesellschaft, die davon überzeugt ist, dass Menschen Fleisch und Milch zu überleben benötigen und man einfach nicht die gesamte Menschheit auf einmal überzeugen kann. Ich bin mir sehr sicher, dass Dein Engagement bereits einiges bewirkt! Aber ist Dir das auch schon passiert?

    "Tragt einfach nicht mehr zum Leid der Tiere bei!"

    Moby: Als ich 1987 Veganer wurde, war ich überzeugt davon, dass ich den Menschen nur die Wahrheit zu sagen brauchte. Ich habe immer gedacht, dass der Grund, warum nicht alle vegan leben, darin lag, dass sie es nicht besser wussten. Dass sie nicht über den Horror nachgedacht hatten, den Fleisch, Milch, Eier, Pelz, Leder, Wolle und das alles mit sich bringen. Ich habe einfach gedacht, ich müsste ihnen die Wahrheit sagen und sie würden ihr Leben ändern. Das Lustige am Tierrechtsaktivismus ist aber, dass uns bereits alle zustimmen. Du kannst Dich in einen Raum mit 100 Menschen setzen und sie fragen, was sie über Tierleid denken. Sie werden Dir sagen, dass sie Tierleid schrecklich finden. Wenn Du sie nach ihrer Meinung zu Tiermissbrauch fragst, werden sie sagen, dass sie Tiermissbrauch schrecklich finden. In diesem Punkt sind wir uns alle einig. Der einzige Unterschied ist, dass wir das, woran wir glauben, auch in die Tat umsetzen und das ist der Punkt, an dem es zu dem Bruch kommt. Es ist, als würdest Du zu jemandem sagen: "Ok, Du findest Tiermissbrauch schrecklich. Du möchtest nicht zum Tierleid beitragen. Dann werde vegan!" Und das ist der Moment, in dem sie Dir ins Gesicht springen. Oder sie drehen durch oder sie verspotten Dich. Dabei ist alles, was Du sagst "Wenn Du nicht möchtest, dass Tiere leiden und wenn Du nicht dazu beitragen möchtest, dass Tiere leiden, gibt es einen unglaublich einfachen Weg das zu tun" Wie Du weißt und wie ich weiß, muss man nur aufhören, dafür zu bezahlen und aufhören, die Industrien zu unterstützen, die für das Tierleid verantwortlich sind. Und es ist einfach so seltsam, dass das so verwirrend zu sein scheint. Dass Menschen nicht verstehen, dass die einzig logische Schlussfolgerung lautet "Wenn Du nicht möchtest, dass Tiere leiden, solltest Du kein Tierleid verursachen".

    Anne: Ja und dass es keinen Unterschied zwischen einer Katze und einer Kuh oder einem Hund und einem Schwein gibt!

    Moby: Genau! Wenn Du vegan wirst, lernst Du das und ein paar Jahre später stellst Du fest, dass es niemanden interessiert. Mich hat das wütend gemacht. Ich habe mir Fragen gestellt wie "Warum wollen sich die Menschen nicht ändern?" und "Warum wollen die Menschen nicht nach dem leben, an das sie glauben?" Man möchte dann in ein Pelzgeschäft gehen und Menschen mit Kunstblut bewerben. Du möchtest Dich der ALF anschließen und Schlachthöfe niederbrennen. Du fängst an, Earth Crisis zu hören und die Songs fangen an, Sinn zu ergeben. Was mir dann aber passiert ist – und ich glaube, es geht vielen Menschen so – ist, dass die Zeit vergeht und man sich darüber klar wird, dass man so strategisch wie möglich vorgehen muss. Weißt Du, Kunstblut auf Menschen zu werfen, mag sich im ersten Moment befriedigend anfühlen, aber es führt nicht zwangsläufig zum Umdenken. Es macht sie nur wütend. Ich habe also die letzten 20 Jahre versucht, strategisch vorzugehen, damit mein Aktivismus nachhaltig ist. Für mich bedeutet das, dass ich ihn bis ans Ende meines Lebens betreiben kann und er effektiv ist. Schlussendlich ist die Rolle des Aktivismus nicht, dass man sich damit gut fühlt, sondern dass er die Welt verändern soll.

    Anne: Das klingt für mich sehr sinnvoll. Vor allem die Frage "Kann ich das für den Rest meines Lebens tun?" Das ist sehr inspirierend. Danke Dir dafür!

    Moby: So viele Aktivist*innen brennen aus. Ich meine, so viele Menschen innerhalb der Tierrechtsbewegung sind ausgebrannt. Sie haben angefangen zu trinken oder Drogen zu nehmen. Einige haben auch wieder angefangen, Speck zu essen. Meine Herangehensweise ist: "Wie schaffe ich es, dass ich das für immer tun kann?" Ich möchte mich in jeder Sekunde meines Lebens auf meinen Tierrechtsaktivismus konzentrieren. Das ist das Ziel und als Resultat daraus, muss Aktivismus auch immer beinhalten, dass man sich um sich selbst kümmert. Das beinhaltet es, gesund zu essen, zu meditieren, wandern zu gehen, sich in der Natur aufzuhalten und Musik zu hören. Diese Selbstpflege ermöglicht es uns, starke Aktivist*innen zu sein – jeden Tag, für den Rest unseres Lebens.

    Anne: Nach einigen Jahren kehrst Du im September für eine Tour nach Deutschland zurück, um das 25. Jubiläum Deines bahnbrechenden Albums "Play" zu feiern, das bis heute das elektronische Bestseller-Album aller Zeiten ist. Ich glaube, Du hast 12 Millionen Exemplare davon verkauft? Ich kann Dir versichern, dass wir es nicht mehr erwarten können, Dich wieder auf der Bühne zu sehen! Eine Sache, die an Deiner Tour besonders ist, ist, dass Du alle Einnahmen an Tierrechtsorganisationen spenden möchtest – das ist auch Teil Deines Aktivismus. Wann hast Du Dir das überlegt? War das etwas, das Du schon immer tun wolltest?

    Moby: Eigentlich mache ich einfach gerne Musik, gehe aber nicht so gerne auf Tour. Ich bin glücklich, wenn ich in meinem Garten sitzen und Akustikgitarre spielen kann, während ich vegane Pizza esse. Ich brauche nicht auf Tour zu gehen und auf der Bühne zu stehen. Ich liebe es einfach, Musik zu machen. Mein Manager Dave, mit dem ich schon sehr lange zusammenarbeite – ich glaube seit 35 Jahren – hat mich gefragt, ob ich auf Tour gehen würde. Ich habe immer wieder nein gesagt, weil ich nicht in Hotelzimmern übernachten möchte und keine Flugzeuge und Flughäfen mag. Ich mag das Tourleben einfach nicht. Aber während ich nein zu mir selbst sagen kann, kann ich nicht nein zu etwas sagen, dass den Tieren hilft. Der einzige Grund, auf Tour zu gehen ist also die Tatsache, dass ich 100 Prozent der Einnahmen an Tierrechtsorganisationen spenden kann. Das ist für mich der einzige Grund, auf Tour zu gehen.

    Anne: Alles für die Tiere also. Das ist wunderbar!

    Du hast mir schon erzählt, dass in Deinem neuen Album eine Menge Nostalgie steckt und ich habe gehört, dass auch bei Deiner Tour ein kleines bisschen Nostalgie mitspielt. Vor allem die Tatsache, dass Du hier mit anderen Songs Hits gelandet hast, als zum Beispiel in den USA oder dem UK. Neben nachdenklichen und ruhigen Songs wie "Why Does My Heart Feel So Bad?" und "Porcelain", die ich so sehr liebe, haben vor allem Deine "ravigeren" Stücke wie "Feeling So Real" und "Go" die Deutschen zum Ausrasten gebracht. Hast Du dafür eine Erklärung?

    "Ich wollte schon immer Musik machen, weil ich das Musikmachen liebe!"

    Moby. Bild/Picture: © Lindsay Hicks
    Moby. Bild/Picture: © Lindsay Hicks

    Moby: Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich habe meine Karriere als Musiker verbracht, aber ich habe keine wirklich guten Einblicke in meine Karriere als Musiker. Meine Herangehensweise ist immer, Musik zu machen für die Liebe am Musikmachen. Musik, die den Menschen gefällt und wenn sie ihnen nicht gefällt, ist das auch OK. Aber weißt Du, ich kenne eine Menge Musiker*innen, die immer die gleiche Art Musik machen. Um ihre Karriere am Laufen zu halten, konzentrieren sie sich auf eine einzige Art Musik und ich verstehe das auch. Das macht es auf jeden Fall einfacher, wenn man eine Karriere haben möchte. Wenn Du die nächsten 30 Jahre auf Tour gehen möchtest, spiele ein, wird es dadurch leichter für Dich. In meinem Leben liegt der Fokus jedoch nach wie vor darauf, Musik zu machen, die sich interessant anfühlt oder die ich liebe. Das Resultat daraus ist es für mich viel zu experimentieren und mich nicht auf eine Musikrichtung zu beschränken.

    Anne: Wirst Du einige der neuen Songs auf der Tour spielen?

    Moby: Ich glaube nicht, weil sie nicht so bekannt sind. Ich denke, wenn Menschen ein Ticket kaufen und auf ein Konzert gehen möchten, wollen sie ihre Lieblingssongs hören. Also vielleicht spiele ich ein oder zwei der neuen Songs, aber sehr wahrscheinlich wird es einfach meine Version einer Greatest-Hits-Show. Ich habe einfach das Gefühl, dass es die Menschen im Publikum glücklich machen wird.

    Anne: Mit Deiner Partnerin Lindsay, die wir auch aus dem Moby Pod kennen, hast Du die Produktionsfirma Little Walnut gegründet. Im Podcast hast Du gesagt, dass Ihr "Dinge machen und die Kreativen respektieren" wollt – Im Kontrast zu unseren schnelllebigen Zeiten, in denen alle Projekt nach Projekt planen und nie wirklich anfangen, sie auszuarbeiten. Ich finde das inspirierend!

    OK, ich glaube, das werden zwei Fragen: Was denkst Du, warum wir uns heute alle nicht mehr für einen längeren Zeitraum auf etwas konzentrieren können? Und wie schafft Ihr es, das anders zu machen?

    Moby: Ich denke, es ist lustig, weil ich denke, auf der einen Seite ist die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen extrem kurz – ein TikTok Video ist zum Beispiel gerade mal 30 Sekunden lang – während sie sich auf der anderen Seite hinsetzen und sich alle Episoden von "Game of Thrones" in einem Rutsch anschauen. Wenn Du eine Person darum bittest, sich einen neuen Song anzuhören, der drei Minuten lang ist, wird sie das vermutlich nicht tun, weil es zu viel Zeit in Anspruch nimmt, aber sie wird genauso fünf Stunden damit verbringen, "Fortnite" zu spielen. Ich denke also nicht, dass es an der Aufmerksamkeitsspanne liegt. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, was es ist und ich weiß nicht, ob es jemanden gibt, der das tut. Wenn Du in Los Angeles lebst, triffst Du so viele Menschen, die Filme machen, Serien und die unterschiedlichsten Arten von Content, aber die Wahrheit ist, niemand weiß es. Niemand weiß, was passiert und niemand weiß wirklich, was er*sie tut.

    Darum wollen wir permanent Dinge tun – große Dinge, kleine Dinge und Menschen mit ihren Projekten helfen. Unser Fokus liegt vor allem darauf, Menschen zu helfen, also bei der Finanzierung ihrer Projekte zum Beispiel. Keegan von "Cowspiracy" und "What The Health" macht einen neuen Film, also helfen wir ihm. Rebecca Cappelli hat diesen tollen Film namens Slay" gemacht und wir haben ihr geholfen. Liz Marshal hat "Meat the Future" und wir haben ihr geholfen. Wir haben auch angefangen, unser erstes Scripted Feature namens "Tecie" zu machen – gemeinsam mit Mark Webber. Es ist eine tragische Romanze, die in der Tierrechtsszene in Los Angeles spielt, denn Dokumentationen sind zwar sehr wichtig und essenziell, aber Menschen lieben Geschichten. Also haben wir versucht, einen Weg zu finden, Geschichten zu erzählen, die ein größeres Publikum erreichen, aber gleichzeitig auch eine kompromisslose Tierrechts-Message vermitteln.

    Anne: Ihr habt also mit "Tecie" versucht, Menschen zu ermöglichen, einen auf anderem Wege Zugang zur Tierrechtsthematik zu bekommen? Also ich meine anders als mit Dokumentationen wie "Earthlings", "What The Health" und "I Could Never Go Vegan"?

    Moby: Unser Ziel bei Little Walnut ist es tatsächlich, alles zu produzieren. Ganz egal, ob das bedeutet, nach DC zu gehen und uns mit Politiker*innen zu unterhalten oder mit NGOs und Organisationen zusammenzuarbeiten, ob es Social Media ist, Interviews, Venture-Capital und Funding oder Medien-Outlets zu produzieren oder anderen dabei zu helfen. Das Ziel ist es, alles zu tun, weil man niemals vorher wissen kann, ob es funktionieren wird. Man kann nie wissen, womit man jemanden erreichen wird. Manche werden sich von einer Klimaschutznachricht angesprochen fühlen, andere von einer Gesundheitsnachricht und wieder andere von einer Tierrechtsnachricht. Manche schauen sich eine Doku an und manche lesen ein Interview. Darum ist es unser Ziel, so viel wie möglich auszuprobieren.

    Anne: Kannst Du schon sagen, wann wir "Tecie" auf Netflix sehen können?

    "Jedes Lebewesen sollte das Recht haben, sein Leben zu leben"

    Moby – "Always Centered At Night"
    Moby – "Always Centered At Night"

    Moby: Wir haben noch gar nicht mit dem Drehen begonnen. Wir sind im Moment noch mit der Pre-Production beschäftigt. Unsere Veröffentlichungsstrategie ist allerdings nicht, den Film an irgendjemanden zu verkaufen. Weißt Du, ich denke, Netflix interessiert sich nicht besonders für kontroversen Content. Ich denke, wenn wir diesen Film verkaufen werden und es läuft alles super, freuen wir uns, aber ich möchte keine Kompromisse machen. Weil weißt Du, einige der Streaming-Services vergraben einen Film einfach – sogar, wenn sie einen Film lizenzieren oder kaufen. Wir werden ihn also ohne Kompromisse produzieren. Wenn er fertig ist, werden wir einen strategisch sinnvollen Releaseplan machen, der nicht unbedingt einschließen wird, dass wir ihn an irgendjemanden verkaufen.

    Anne: Wenn Du Dir eine Sache auf der Welt aussuchen könntest, die Du verändern könntest. Welche wäre es und warum?

    Moby: Die einzige Sache, die ich ändern würde, ist, dass es jedem fühlenden Wesen auf diesem Planeten erlaubt wird, sein Leben zu leben. Egal, ob es eine Kuh ist, eine Ratte, ein Oktopus oder ein Mensch. Einfach diese Idee. Ich nehme an, dass Du mir damit zustimmst: Jedem Individuum gehört sein eigenes Leben. Und das ist alles! Weißt Du, wir sollten nicht die Kontrolle über andere haben dürfen. Das ist tatsächlich das einfachste ethische Gerüst, auf dem wir alles andere aufbauen sollten. Wir sollten nicht das Leben anderer fühlender Individuen kontrollieren dürfen. Wenn wir die Welt auf diese Weise behandeln, wird sie zu einem viel, viel schöneren Ort. Das ist also mein Ziel. Von Käfern über Fische zu Säugetieren zu allen. Jedem Individuum sollte es erlaubt sein, sein Leben, das ihm gegeben wurde, zu leben.

    Anne: Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Es bedeutet mir sehr viel!

    Moby: Ich danke Dir! Hab ein wundervolles Wochenende! Es war schön, sich mit Dir zu unterhalten!

    Moby feat. Benjamin Zephaniah - "Where is Your Pride?"

    © 2024 · soundsvegan.com · Anne Reis